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Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Decker & Lazarus 09 - Totengebet

Titel: Decker & Lazarus 09 - Totengebet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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Maße.«
    »Beide mögen Sie. Das ist offensichtlich.«
    Bram musterte Decker. »Alle lieben Priester. Rina hat ein Taxi nach Hause genommen. Möchten Sie Grease Pit kennen lernen?«
    »Ja, gern.« Decker hielt inne. »Ich habe mir von diesen Leuten wohl ganz falsche Vorstellungen gemacht.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Als Sie mir sagten, Ihr Vater sei an Wochenenden zum Asphalt-Cowboy geworden, dachte ich eher an einen Club von Akademikern, die am Samstag in Leder-Verkleidung ihrer bürgerlichen Existenz zu entfliehen versuchen.«
    »O nein, diese Jungs sind waschecht.« Bram strich sich das Haar aus der Stirn. »Ich weiß auch nicht, was mein Vater an diesem bunten Haufen gefunden hat. Es sei denn, er hat versucht, sie zu bekehren.«
    »Hat Ihr Vater öfter versucht, Menschen zu bekehren?«
    »Meine Familie besteht aus fundamentalistischen Protestanten, Lieutenant. Seelen zu retten gehört mit zu den Grundaufgaben. Wir Kinder haben als Teenager alle Missionsarbeit geleistet. Meine Mutter hat ihre Lebensmission über die Kirche erfüllt, und mein Vater hat mit seiner Arbeit Seelen gerettet. Aber trotz all der medizinischen Wunder, die er vollbracht hat, blieb er auch im Privatleben ein Missionar. Er hat mit seinen Patienten vor den Operationen gebetet.«
    »Und es hat nie Konflikte mit andersgläubigen Patienten gegeben?«, fragte Decker.
    »Oh, mein Vater war sehr sensibel. Wenn er merkte, dass der Patient kein Christ war, sprach er nur von Gott, nie von Jesus. Gelegentlich spielte er auch nur auf ein Höheres Wesen an.«
    »Und wenn der Patient Atheist war?«
    Der Priester zuckte die Achseln. »Ich nehme an, jeder denkt über die eigene Sterblichkeit vor einer schwierigen Organtransplantation nach. Ich glaube nicht, dass Dads Religiosität ein Problem war. Wenn doch, dann habe ich nie davon erfahren.«
    Decker sah sich um. »Jedenfalls hat er sich bei der Auswahl seiner Mitarbeiter offenbar nicht von seinen fundamentalistischen Ansichten leiten lassen«, bemerkte er gedämpft.
    »Sie spielen auf Decameron an? Reggie ist ein brillanter Mediziner. Mein Vater hätte ihn sonst nie beschäftigt.«
    »Hat er denn dessen offen zur Schau getragene Homosexualität nicht als Ohrfeige für seine religiöse Überzeugung empfunden?«
    Der Blick des Priesters glitt unstet über die Menge. »Man wendet Sündern nicht den Rücken zu.«
    »Aber man muss sie auch nicht unbedingt bei sich beschäftigen. Schon gar nicht mit einer Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts.«
    »Machen wir einen Spaziergang«, schlug Bram vor.
    Decker folgte dem Priester zurück in die Küche. Zu seiner Überraschung war diese leer. Er fragte sich automatisch, wo Bram wohl seinen Zwillingsbruder Luke verstaut haben mochte. Der Priester lehnte sich gegen die Küchentheke, den Blick auf Decker gerichtet. »Hat Decameron Ihnen von seiner Verhaftung erzählt oder haben Sie das ausgegraben?«
    »Decameron hat es von sich aus erzählt.«
    »War eine ziemlich groß aufgemachte Geschichte hier in den Skandalblättern. Sie können sich die Schlagzeilen vorstellen: BEKANNTER HERZARZT AUF DEM STRICH IN SAN-TA MONICA AUFGEGRIFFEN. War ein kleiner Skandal nicht nur in der Klinik, sondern auch in Vaters Kirchengemeinde. Dad hat von allen Seiten unter Beschuss gestanden. Natürlich nur indirekt. Niemand hat es ihm offen ins Gesicht gesagt. Aber es wurde viel hinter vorgehaltener Hand geredet. Und das hat meine Mutter besonders getroffen. Aber Dad war ein absolut integrer Mann. Er hat sich hinter Decameron gestellt, und irgendwann ist Gras über die Geschichte gewachsen. Ich habe Sie hier hereingebeten, weil ich Sie bitten möchte, diesen Vorfall in Gegenwart meiner Mutter nicht zu erwähnen.«
    »Sie mag Dr. Decameron nicht.«
    »Sie kann ihn nicht ausstehen.«
    »Wegen des Skandals oder weil er schwul ist?«
    »Wegen des Skandals und weil er so offensichtlich schwul ist.« Der Priester tastete nach seinem Kruzifix. »Sie ist altmodisch. Sie ist der Meinung, wenn sich Homosexuelle wirklich ändern wollten, dann könnten sie das. Für sie ist diese Veranlagung keine angeborene, unüberwindliche sexuelle Neigung. Für sie ist es einfach Sturheit.«
    »Und Sünde.«
    »Richtig. Auch das.« Bram wartete einen Moment, bis er fortfuhr: »Tatsächlich ist es der homosexuelle Akt, der Sünde ist, nicht die homosexuelle Neigung. Obwohl der Unterschied für eine Frau wie meine Mutter oder einen Mann wie Reginald nicht nachvollziehbar ist. Für einen Mann wie meinen Vater, der die

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