Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
angemeldet?«
»Nein.«
»Komm, ich zeig dir, wo es ist.«
»Hör mal, Sam. Wenn wir was erreichen wollen, dürfen wir hier nicht zusammen rumstehen.«
Sam rührte sich nicht von der Stelle. »Das seh ich nicht so. Stell dir vor, du sprichst nachher mit ihm, er erwischt dich allein und legt dich um …«
»Ich gehe nicht weg von hier«, sagte Cindy. »Und überhaupt:
Wozu jetzt kalte Füße kriegen? Ich melde mich an, und du verdrückst dich. Wir sehen uns später.«
Sam zögerte, dann nickte er. »Paß auf dich auf.«
»Bis dann.« Cindy schlenderte davon und blickte sich weiter um.
Überall standen Spieltische und Klappstühle zwischen Regalen, in denen sie Bücher über Spielstrategie sah, über Schach, Bridge, Whist, Backgammon und Poker, aber auch Werke über Logik, Spieltheorie und Wahrscheinlichkeitsrechnung – Fächer, die sie an der Columbia-Universität tunlichst gemieden hatte.
Im ganzen waren es sechzehn Tische. Auf den meisten standen schon die Uhren und die Spielbretter bereit. Ein Tisch war für Snacks reserviert – Salzstangen, Popcorn, Kartoffelchips, mehrere Krüge Wasser, Stapel von Servietten, Papierbecher. Auf einem anderen Tisch lagen die Teilnehmerlisten aus – sortiert nach Zweier-, Dreier- und Vierergruppen. Die Preise gingen an die Spitzenreiter jeder Gruppe. Ehrgeizige Spieler hatten sich auf allen drei Listen eingetragen. Joachim gehörte zu den Ehrgeizigen.
Cindy tat es ihm nach. Auf diese Weise würde sie ihm wenigstens einmal bei einem Zweiermatch gegenübersitzen. Und wenn sie Glück hatte, würde sie auch in einer Dreier- oder Vierergruppe gegen ihn antreten.
Sie goß sich Wasser ein, jemand tippte ihr auf die Schulter. Sie drehte sich um und versuchte, sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen.
Joachim musterte sie mit einem forschenden Blick. Sie biß sich auf die Lippe, nahm einen Schluck Wasser, schob die Hüfte vor. »Ja, was ist?«
»Bist du die Cindy von der Teilnehmerliste?«
»Ist das ein Problem?«
»Nein, überhaupt nicht.« Er hatte eine weiche Stimme. »Ich muß nur wissen, ob du eine ISN hast.«
»Eine was?«
»Eine internationale Scrabble-Nummer.«
»Wie wär’s mit meiner Sozialversicherungsnummer?«
Er lächelte. »Leider …«
»Führerschein?«
»Das hier ist ein ISN-Turnier. Ohne Nummer kannst du nicht teilnehmen.«
»Und wo kriege ich die her?«
»Ich kann dir eine geben. Kostet allerdings fünf Dollar.«
»Wie bitte!?«
»Tut mir leid, ich hab die Regeln nicht gemacht.«
»Da bleibt mir ja keine Wahl.« Cindy schaute ihm in die Augen und hielt seinen Blick fest. Er wurde rot. Sie lächelte, zog das Portemonnaie und sah nach. »Ich hab aber nur zwei … nein, drei Dollar.«
»Dann lege ich die restlichen zwei dazu«, sagte Joachim.
Sie legte ihm die drei Scheine in die aufgehaltene Hand. »Wenn du mir deine Adresse gibst, zahle ich’s dir zurück.«
»Schon gut.« Joachim schob das Geld in die Tasche. »Warte hier. Ich hol dir die Nummer.«
Cindy schaute ihm nach. Nichts Auffälliges. Der typische schlaksige Teenager.
Er kam mit einem Mitgliedsausweis wieder. Vorsichtshalber hatte sie sich mit dem Mädchennamen ihrer Mutter eingetragen: Cohen. »Nummer 4782!« rief sie. »Meine Glückszahl!«
Wieder lächelte er. »Viel Spaß!«
Er ging, Cindy drehte sich weg und atmete tief durch. Das war cool, sagte sie sich.
Nach drei belanglosen Spielen wurde Joachim ihr Gegner. Ein Zweiermatch. Er lächelte, als er sie sah, setzte sich und prüfte die Schachuhren.
»Wie läuft’s?« fragte er.
»Nicht besonders.«
»Spielst du viel?«
»Früher, an der Uni«, sagte Cindy. »Aber hiermit ist das nicht zu vergleichen. Ziemlich witzlos, gegen die Typen dort anzutreten. Die sind total benebelt von William Burroughs und dem Kraut, das sie auf dem Fensterbrett züchten.«
»Ich steh auf Burroughs«, sagte Joachim.
»Du bist eben jung und leicht zu beeindrucken.«
»Im Gegensatz zu dir, Omi?«
»Gib mir ’nen Schaukelstuhl, und ich bin zufrieden.«
Er lachte. »Du kannst anfangen.«
Cindy sah ihn an. »Das ist aber gegen die offiziellen Regeln.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber ich schlag dich auch so. Wahrscheinlich mit der doppelten Punktzahl. Zu Ehren von William Burroughs.«
»Bist ja ganz schön eingebildet, Kleiner.«
»Ich kenn bloß meine Stärken. Fang an.«
Cindy legte ihre Buchstaben aus. Und plötzlich wurde sie vom Kampfgeist gepackt. Auf faire Art würde sie ihn nie besiegen. Ich muß unter die Gürtellinie
Weitere Kostenlose Bücher