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Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List

Titel: Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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werd dir schon nicht als Gespenst erscheinen.«
    Gespenst wäre ja okay, dachte er. Hauptsache keine Leiche. Doch das behielt er lieber für sich. Seine Hände waren eiskalt. Er machte sich nur fertig. Zu blöd. Dieser Joachim sah wirklich absolut harmlos aus. Sam gab sich einen Ruck, beschloß, nach Hause zu fahren. Nach Hause zu fahren und zu beten. Wenigstens mit Einem zu reden, der etwas Gutes tun konnte.
    »Dann hatte ich diese Phase, wo ich all die amerikanischen Autoren gelesen habe. Du weißt schon. Fitzgerald, Hemingway, Faulkner, Eudora Welty, Steinbeck …« Joachim tunkte seinen Schokokeks in den Espresso. »Das lief alles prima, bis ich mir Licht im August vornahm. Ich wußte zwar, das ist so was wie ’ne Allegorie auf die Vertreibung aus dem Paradies und den Sündenfall. Aber Mann, diese Prosa war mir echt zu fett …«
    »Das ist eben sein Stil«, sagte Cindy.
    »Klar. Aber warum kann er nicht ein bißchen leserfreundlicher schreiben? Ich hab mich durch den Magus durchgeackert, durch Clockwork Orange und sogar den Beowulf. Gegen experimentelle Literatur, die mit Wörtern und Sätzen spielt, hab ich wirklich nichts. Mich stört einfach die Ausdrucksweise. Ich nehme an, Faulkner sagte sich, warum nur ein Adjektiv nehmen, wenn’s auch zwanzig sein können.«
    »Er ist ein Südstaatenautor, Joachim. Deren Bücher strotzen vor Atmosphäre. Das hat irgendwas mit der hohen Luftfeuchtigkeit an der Golfküste zu tun.«
    »Schon möglich.« Joachim biß von seinem Keks ab. »Hast du ihn gelesen?«
    »Vor Ewigkeiten.«
    »Wie alt bist du denn?«
    »Einundzwanzig«, log sie.
    »Da bist du schon ein höheres Semester?«
    »Bin gerade fertig.«
    »Ah ja. Und was jetzt?«
    »Ich häng in der Luft.«
    »Willst du nicht promovieren?«
    »Keine Lust.«
    Joachim sagte nichts.
    »Ich hab die Uni satt bis hier«, fuhr Cindy fort. »Das wirst du noch kapieren, wenn du erst mal dahin kommst, wo ich jetzt bin.«
    »Tu nicht so herablassend, dafür bist du zu jung«, sagte Joachim.
    »Nach vier Jahren an der Uni – da liegen Welten zwischen uns. Nicht, was die Intelligenz betrifft, Joachim. Ich sage nur, daß ich diesen kleinkarierten Akademikerscheiß satt habe. Das Gequatsche und Getue und dann die müden Sprüche, mit denen sie dich ins Bett kriegen wollen.«
    »Haben sie’s denn geschafft?«
    »Nicht bei mir!«
    Joachim wurde rot. »Entschuldige, das war taktlos.«
    »Schon gut.« Cindy musterte ihn. »Du wirst schnell rot. Weißt du das?«
    Wieder wurde er rot. »Ich hab nicht viel mit Mädchen zu tun. Oder wie ist überhaupt die korrekte Bezeichnung?«
    »Im Zweifelsfall kannst du ›Frauen‹ sagen.« Cindy nippte an ihrem Milchkaffee. »Ja, du erscheinst mir ein bißchen …«
    »Sprich’s nur aus!«
    »… ein bißchen naiv.«
    »Oh, vielen Dank.« Er lächelte. »Ich dachte, du wolltest sagen, ich bin ein Eierkopf. Weil es stimmt. Ich bin einer. Aber das macht mir nichts aus.« Seine Miene wurde finster. »Lieber das als hochnäsig, mit Drogen vollgepumpt, schlaff, arschlos und hirnlos wie meine reichen Mitschüler.«
    »Und was denkst du wirklich von der Schule?«
    Joachim blieb ernst. »Die Schule ist schon okay. Was mich stört, sind die Schüler.«
    »Machen sie dich fertig?«
    »Jetzt geht’s. Mit etwas Grips kann man einiges kompensieren. Aber es gab Zeiten …« Er schlang den restlichen Keks hinunter und knirschte mit den Zähnen. »Lag nicht nur an den anderen. Ich paß da einfach nicht rein. Hab ich nie … Wenn du mich komisch findest, solltest du erst mal meine Eltern sehen.«
    »Ich finde dich nicht komisch«, versicherte Cindy. »Du paßt nur nicht an die High-School, weil du zu intelligent bist.«
    Joachim senkte den Blick. Sein Gesicht war hochrot. Wie leicht ist es doch, diese Boys um den Finger zu wickeln, dachte Cindy. Dabei war sie nicht einmal ein Vamp wie Jeanine Garrison. Die mußte ja die Kerle reihenweise um den Verstand bringen.
    Joachim sah auf die Uhr. »Wird langsam spät.«
    Cindy warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Viertel nach elf. »Geh nur. Ich bleibe noch ein Weilchen.«
    Joachim fuhr sich über die Lippen. »Mußt du nicht nach Hause oder so?«
    »Ich bin einundzwanzig, Joachim«, sagte sie. »Ich muß überhaupt nichts.«
    »Wohnst du allein?« fragte er schüchtern.
    »Bei meiner Mutter. Ich such mir was Eigenes, sobald ich genügend Kohle verdiene.«
    Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. »Möchtest du … vielleicht mit zu mir nach Hause kommen? Einen

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