Decker & Lazarus 10 - Der Schlange List
aus.«
»Was bildest du dir ein, so mit mir zu reden?«
»Ich gehe«, sagte Rina.
»Eine gute Idee«, erwiderte Decker.
Rina ging ins Schlafzimmer, ohne mit der Tür zu knallen. Cindy staunte. Sie hätte an Rinas Stelle einen ganz anderen Abgang hingelegt. Ihr Vater redete, eigentlich war es eher ein Räsonieren … das Übliche.
» … und du hältst es nicht mal für nötig, mit mir darüber zu sprechen.«
»Ich wußte doch, was du sagen würdest.«
»Dann kannst du Gedanken lesen.«
»Nein, nur meinen Vater. Und ich hatte recht. Du bist nicht objektiv.«
»Das ist keine Frage der Objektivität«, gab ihr Vater zurück. »Ich hätte nicht nur dir davon abgeraten, zur Polizei zu gehen. Ich hätte jedem abgeraten.«
»Na, ein Glück, daß du nicht die Werbetexte für das LAPD schreibst.«
Decker hakte sofort ein. »Cindy, es gibt solche und solche Polizisten. Und die meisten sind nicht mal gute Beamte. Aber wenn man aus dem richtigen Holz geschnitzt ist, wenn man ein klein wenig Grips hat, wenn man grenzenlose Geduld aufbringt, und wenn man die Klappe halten kann, und wenn man einen Riecher hat, und wenn man erst denkt und dann handelt, dann kann man vielleicht ein guter Polizist werden. Ach ja, und egal, wie politisch unkorrekt das sein mag, es ist gut, wenn man groß und stark ist. Und das bist du nicht!
»Ich bin kein Schwächling!«
»Jeder Mann von deiner Größe, der bei Kräften ist, haut dich im Nu um.«
»Das ist der Punkt, wo meine geistige Überlegenheit einsetzt.«
»Du bist also geistig überlegen. Davon merke ich aber nichts. Cynthia, du hast keine Geduld, du magst keine Befehle, du hast keinen Blick fürs Detail, du bist viel zu emotional und außerdem noch unüberlegt … was man daran sieht, daß du einfach dein Studium schmeißt … «
»Ich habe sehr lange darüber nachgedacht.«
»Dann hast du trotzdem nicht zu Ende gedacht. Und ganz egal, wie hart du trainierst, für die meisten Männer bist du einfach kein Gegner. Jemand von meiner Statur zerquetscht dich wie eine Tomate.«
»Daddy, wir drehen uns im Kreis.«
»Du hast weder das Temperament noch die Entschlossenheit. Du würdest ein lausiger Polizist sein. Und ein schlechter Polizist ist ein toter Polizist.«
»Vielen Dank schon mal für deine Ermutigung, Dad!«
»Besser, dich jetzt wütend zu sehen als später mit einer Fahne auf dem Sarg.« Sein Blick flammte vor Zorn. »Tu dir einen Gefallen. Denk dir was Besseres aus, wenn du’s mir heimzahlen willst.«
»Du glaubst also, ich mache das aus einer Art freudschem Rachemotiv?«
»Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, warum du das machst. Es ist nicht das erste Mal, daß du den Bogen überspannst. Aber das ist wirklich das schärfste Ding, das du je gedreht hast.«
Cindys Augen füllten sich mit Tränen. »Du bist weder sachlich noch gerecht.«
»Und du, Cynthia Rachel, du heulst. Wenn du denkst, ich bin zu hart zu dir, dann wart’s nur ab. Meinst du, deine Ausbilder lassen sich von Tränen beeindrucken? Oder gar die Täter: ›Hören Sie mit diesen Rührstorys auf, sonst brumme ich Ihnen zehn bis fünfzehn Jahre wegen gemeingefährlichen Tränentreibens auf.«‹
Wütend wischte sich Cindy die Tränen aus den Augen. »Volltreffer!« sagte sie.
Decker blieb stehen. Er schloß die Augen und versuchte, seine Wut ein wenig zu dämpfen. Schließlich war sie seine Tochter. Er legte ihr versöhnlich die Hand auf die Schulter. Gekränkt riß sie sich los. Was erwartete er denn?
»Cindy, ich will dich nicht kleinkriegen. Aber ich bin einfach brutal offen zu dir. Auf diesem Gebiet kenne ich mich schließlich aus.«
Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. »Und ich weiß das zu würdigen. Aber bei allem Respekt vor deiner Erfahrung: Ich bin vierundzwanzig, ich muß für mich selbst entscheiden und auch die Konsequenzen tragen. Dad, ich glaube, wir haben beide genug gesagt.«
»Nein, wir haben noch nicht annähernd genug ge … «
»Peter, Telefon!« Rina schaute zur Tür herein.
Decker warf den Kopf herum und fragte gereizt: »Wer ist es?«
»Marge.«
»Ist es dringend?« bellte er.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Rina ruhig. »Möchtest du, daß ich sie frage?«
Decker ballte die Fäuste, dann ließ er die Hände sinken. »Du bleibst hier, meine Liebe. Wir sind noch nicht fertig.«
Decker stürmte ins Schlafzimmer und warf die Tür hinter sich zu, daß Cindy zusammenzuckte.
Kaum war er draußen, sprang sie auf. »So ein Hornochse! Kein Wunder, daß Mom
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