Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
Allen.«
Nichts.
»Curt Armstrong.«
Keine Antwort.
»Javier Beitran.«
Keine Reaktion von Martin.
»Die Zeit ist um.«
»Menschenskinder, er muss doch nur nicken. Was ist mit Francisco Cortez?«
Martin schwieg.
»Sie stressen nicht nur ihn, sondern auch mich. Auf Wiedersehen, Detective.«
»Wann kann ich wiederkommen?«
»Falls es ihm besser geht, morgen.«
Es hatte keinen Sinn, sich mit Befehlsinhabern anzulegen. Auf diese Art und Weise hatte er sich schon heute Morgen fast in die Schusslinie gebracht. Als Decker gerade seine Liste wegpacken wollte, fiel sein Blick auf den nächsten Namen. Sein Verstand lief plötzlich auf Hochtouren.
Decker sprach einen letzten Namen laut aus.
Martins Blick weitete sich. Sein Puls raste in die Höhe, und lauter Maschinen fingen wild an zu piepen. Die Ärztin starrte ihn wütend an: »Raus!«
»Bin schon weg«, sagte Decker. Aber er musste grinsen. Er hatte das fehlende Bindeglied gefunden.
33
Der Los Angeles Unified School District war ein Dinosaurier: mit zwei Gehirnen, in Kopf und Schwanz. Der Kopf herrschte über die wohlhabenderen Schuleinzugsgebiete – Bel Air, Holmby Hills, Westwood, Encino und Pacific Palisades –, wohingegen die weniger gut ausgestatteten Schulen im East Valley, in South L. A. und den armen Gegenden des San Fernando Valley den Schwanz-Regionen zugeschrieben wurden. Pacoima war definitiv die Schwanzspitze.
»Die Abbruchrate liegt wahrscheinlich höher als die Abschlussrate«, klärte die psychologische Betreuerin sie auf. Ihr Name lautete Carmen Montenegro, sie war Mitte dreißig, hatte einen mokkafarbenen Teint, mandelförmige braune Augen und einen breiten Mund mit tiefrot angemalten Lippen. Sie trug ein rotes T-Shirt unter einem schwarzen Hosenanzug, ohne Strümpfe. »Wir tun, was wir können, mit dem, was wir haben, und das ist nicht viel.«
Marge und Oliver trotteten ihr auf einem Flur mit lauter Schließfächern hinterher. Carmens Absätze klapperten laut über den für öffentliche Gebäude typischen vergilbten Fliesenboden. Der Unterricht war seit einer halben Stunde beendet, aber es schwirrten immer noch Schüler herum, deren Schultern von schweren Rucksäcken regelrecht nach unten gedrückt wurden. Die Kleidung der Teenager bestand aus Baggy Jeans und Sweatshirts bei den Jungs und bei den Mädchen aus Jeans und Sweatshirts oder kurzen Röcken.
Carmen bog scharf rechts in das Verwaltungsbüro ein und gab dabei einer Schwingtür einen so starken Schubs, dass sie damit Marge fast einen Schlag in den Bauch verpasste. Ihr Büro war winzig und ging auf den Schulparkplatz hinaus. Um einen Computer herum stapelten sich auf ihrem Schreibtisch Unterlagen, genauso wie auf dem Boden. Überladene Bücherregale standen an zwei Wänden.
»Entschuldigen Sie bitte die Unordnung.« Die Betreuerin schaute rasch einen Packen von Jahrbüchern durch. Sie zog eins hervor. »Das war vor zwei Jahren. Damals wäre er im ersten Jahr gewesen, oder?«
»Stimmt«, sagte Oliver.
»Esteban Cruz … Esteban Cruz … Esteban … Das ist er.« Sie zeigte Marge das Bild. »Er sieht aus wie der auf dem Foto, das Sie mir gezeigt haben.«
»Er sieht nicht viel älter aus.«
»Ja, er wirkt irgendwie zierlich. Wollen Sie eine Kopie?«
»Ja, das wäre hilfreich.«
»Warten Sie kurz.« Sie flitzte an ihnen vorbei und kam gleich darauf mit zehn Kopien zurück. »Bitte sehr … Brauchen Sie noch etwas?«
»Könnte ich mal das Jahrbuch durchblättern, ob er sich an irgendwelchen Aktivitäten beteiligt hat?«
»Kein Problem.« Carmen reichte Marge das Album. »Setzen Sie sich an meinen Schreibtisch, das erleichtert das Blättern.« Die Angestellte musterte Olivers Gesicht und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. »Wahrscheinlich hat er sich nicht sonderlich engagiert. Die, die die Schule abbrechen, sitzen hier einfach nur ihre Zeit ab.«
Olivers Blick wanderte zu ihren Händen. Kein Ehering. »Können Sie sich an ihn erinnern?«
Sie betrachtete noch einmal das Foto. »Wir schleusen hier so viele Kinder durch die Schule. Er war jedenfalls kein Unruhestifter.«
»Uns hat er gesagt, er liest viel«, sagte Marge. »Haben Sie Daten über seine Noten und seine Lehrer?«
»Ich kann Ihnen beides ausdrucken, aber dafür muss ich an meinen Computer.«
Marge stand mit dem Jahrbuch in der Hand auf. Sie zeigte es Oliver, und die beiden gingen die Seiten gemeinsam durch, während Carmen den ehemaligen Schüler auf ihrem PC aufrief. »Esteban Cruz … da ist er. Er ist
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