Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
definitiv geistesgestört, aber zielen konnte er.«
Decker setzte sich mit einem Kaffeebecher an seinen Schreibtisch und widmete sich Lees Zusammenfassungen. In seiner unleserlichen Schrift kritzelte er Bemerkungen an den Rand.
Guy Aliens Geburtsdatum ließ ihn vierundsechzig Jahre alt sein. Er wurde in St. Louis, Missouri, geboren; seine Eltern waren Immigranten und längst verstorben. Als schlechter Schüler brach Guy mit sechzehn die Highschool ab, ohne irgendwelche vermarktbaren Fähigkeiten. Aber er hatte, wie er später der Zeitschrift Business Acumen erzählte, »jede Menge Sprüche drauf, womit ich entweder Disc Jockey oder Verkäufer werden konnte.«
Er wählte Immobilien. Völlig mittellos, zog er gleich nach der Highschool als Haustürverkäufer durchs Land und hatte innerhalb eines Jahres genug Bargeld beisammen, um seine eigene Immobilienfirma zu gründen. »Mein erster Angestellter«, erzählte er dem Reporter, »war mein sechzehn Jahre alter Bruder Mace. Genau wie ich schmiss er die Schule, aber er hatte danach wenigstens sofort eine Anstellung. Dennoch haben meine Eltern nie ergründet, was sie falsch gemacht hatten. Dabei war die Frage eher, was sie richtig gemacht hatten.«
Fünf Jahre später raffte Guy Kaffey im Mittleren Westen alles zusammen und zog nach Kalifornien, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, wobei er von Wohnungs- auf Gewerbeimmobilien umsattelte. Mit zweiundzwanzig hatte Guy seine erste Million verdient. Drei Jahre später qualifizierte er sich als Multimillionär. Forbes nahm Kaffey im fortgeschrittenen Alter von dreißig in seine Liste der neuen Milliardäre auf.
Mit einunddreißig lernte er seine Frau, Jill Sultie, beim Würfelspiel in Las Vegas kennen, als er diese schöne Frau an seiner Seite fragte, ob sie seine Würfel anpusten würde, damit sie ihm Glück bringen. An dem Abend ging er mit hunderttausend Dollar nach Hause und bat sogleich die schöne Dame, mit ihm zu dinieren. In der Nacht funkte es, die Affäre war heftig, und vier Monate später heirateten sie.
»Es war Schicksal«, berichtete Kaffey später der elektronischen Zeitung CorporationsUSA.com . »Sie war frisch geschieden, und ich tauchte genau zur rechten Zeit auf.«
Auf Guys Bitte hin änderte Jill ihren Namen zu Gilliam, damit sie G&G sein konnten, oder, wie Guy bei Vorstellungen zu sagen pflegte: »Wir sind zwei Große.«
Es folgten zwei Kinder: Gil sieben Monate nach der Hochzeit und Grant zwei Jahre später. Die Familienbande wurden als eng beschrieben, obwohl Gil und Grant ihren Vater einen »Zuchtmeister« nannten.
Der finanzielle Weg zu den Milliarden war nicht immer gleichbleibend stabil gewesen. Es gab kalte Duschen, tiefe Gräben, manchmal sogar Schützengräben und Schützenlöcher. Der Vorstandsvorsitzende Guy Kaffey war vor fünfzehn Jahren fast ganz raus aus dem Geschäft, bedingt durch den Niedergang des Immobilienmarktes, Missmanagement und den Prozess wegen Veruntreuung gegen den Präsidenten der Firma und zweitwichtigsten Entscheidungsträger in der Hierarchie, Mace Kaffey.
Decker setzte sich aufrecht hin. Als er den Satz unterstrich, musste er sofort an Milfred Connors denken, den angeklagten Kundenkontobetreuer, den Neptune Brady bei der Veruntreuung von Geldern erwischt hatte. Gab es zwischen Connors und Mace Kaffey eine Verbindung?
Es schien, als wären die Brüder in einen jahrelangen Rechtsstreit miteinander verwickelt gewesen, und weder Mace noch Grant hielten das offensichtlich für besonders erwähnenswert. Vielleicht lag es daran, dass die Angelegenheit längst geklärt war. Mace blieb in der Firma, allerdings nicht im Vorstand. Er erhielt einen neuen Titel, ›Kaufmännischer Vizepräsident der Ostküstengeschäfte‹ – des Sektors, der schließlich von Guys jüngerem Sohn Grant geleitet wurde. Der Rest der Zusammenfassung drehte sich um das Greenridge-Projekt, wobei einige Analysten anklingen ließen, dies sei Maces letzte Gelegenheit, sich im Unternehmen zu rehabilitieren.
Sollte das der Fall sein, bewegte Mace sich auf unsicherem Terrain. Von Anfang an wurde Greenridge von Problemen verfolgt. Der Standort benötigte mehrere Dutzend Berichte zu Umweltfolgen, die viele Planungsänderungen nach sich zogen. Schließlich nahm das Projekt eine Form an, die genehmigt wurde, aber die Verzögerungen und zusätzlichen Kosten paarten sich mit dem Niedergang der Wirtschaft. Die Deckungslücken in der Finanzierung hatten das ursprüngliche Budget auf das Fünffache
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