Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Decker & Lazarus - 18 - Missgunst

Titel: Decker & Lazarus - 18 - Missgunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
sie dann ruckartig zum Mund zu führen und einen langen schrillen Ton aus der Pfeife abzugeben. Die Menschenlinie bewegte sich geschlossen vorwärts, den Blick auf den Boden geheftet. Die Liste der Dinge, nach denen sie Ausschau halten sollten, war lang und bunt gemischt – Fußabdrücke, Reifenspuren, Schleppspuren, Kleiderfetzen, Flaschendeckel, Blutspritzer, Essensreste und Lebensmittelverpackungen –, also nach jedwedem Beweis, dass hier Menschen mit der Natur Kontakt gehabt hatten.
    Der Morgen war frisch, aber die Temperatur stieg rasch an. Die Sonne stand unverhüllt am klaren Himmel und spiegelte sich in der roten Erde. Die Luft sirrte vor Frühlingsinsekten, die mit der Hitze ausgeschlüpft waren – Stechmücken, Fliegen, Bienen und Wespen. Krähen krächzten gelangweilt, als ein Falke auf der Suche nach seinem Frühstück hoch über ihnen seine Kreise zog.
    Das Abschreiten des ersten Sektors dauerte zwei Stunden und erbrachte nur eine magere Ausbeute: ein Mischmasch aus verschiedenen Fasern und Metallteilen, darunter Dosennippel und Flaschenverschlüsse. Öfters fanden sich Hufspuren und vertrocknete Pferdeäpfel. Ein Freiwilliger hatte einen deutlichen Schuhabdruck entdeckt, der einen Alginat-Abdruck wert war.
    Sie begannen mit Sektor 2, und als sie diesen Teil auch hinter sich gebracht hatten, waren alle Beteiligten verschwitzt und müde und reif für eine Essenspause. Während der zwanzig gewährten Minuten für eine Lunchpause rief Wynona Marge im Haupthaus an.
    »Wie läuft’s drinnen?«
    »Zu viele Spuren«, sagte Marge. »Egal wo wir hingucken, finden wir Blut oder Hautfetzen oder Fußabdrücke oder Haare oder eine Patronenhülse.«
    »Wenn ihr zu viele habt, dann leiden wir unter zu wenig Infos.«
    »Wie weit seid ihr?«
    »Wir beginnen gleich mit Sektor 3. Ich ruf dich noch mal in ein paar Stunden an.«
    Die Gruppe nahm ihre Suche um zwei Uhr nachmittags wieder auf. Um 14:14 Uhr setzte jemand zwei kurze Pfiffe ab, und die Reihe kam sachte taumelnd zum Stehen. Gepfiffen hatte ein junger Polizist Mitte zwanzig namens Kyle Groger. Er rief Wynona zu sich.
    »Bitte sehen Sie sich das Areal da an, Detective, ungefähr sechs Meter weiter vorne.« Er deutete auf die Stelle. »Das sieht seltsam aus.«
    Wynona nahm ihre Sonnenbrille ab und starrte suchend in die Richtung, bis sie das erkannte, was Grogers Aufmerksamkeit erregt hatte. Aus der Entfernung war der Flecken Land nicht von seiner Umgebung zu unterscheiden, dieselbe Bodenfarbe, dieselben Pflanzen, dieselbe mit Kieselsteinen durchmischte Erde. Und doch sah er deutlich anders aus.
    Erstens war die zweieinhalb mal zweieinhalb Meter große Stelle eingesunken, sie lag circa drei Zentimeter tiefer als der Rest des Bodens. Außerdem bemerkte Wynona zwei Geröllhaufen. In der Umgebung gab es viele Felsbrocken, aber zwei, die in so unmittelbarer Nähe zueinander lagen, das war ein bisschen ungewöhnlich. Dazu kam, dass es den Pflanzen an dieser Stelle nicht besonders gut ging: ungefähr ein Dutzend schlaffer Salbeibüsche, strohiger Hafer und versprengte Gänseblümchen mit welken Blüten. Es konnte auch sein, dass diese Pflanzen in der Hitze verdorrt waren, nur stand um sie herum die Flora in voller Blüte aufrecht da.
    Wynona ging zu der Stelle hinüber und riss einen Salbeistrauch heraus, es ging leicht, seine Wurzeln waren weich und ausgetrocknet. Sie bückte sich und steckte einen Finger in die Erde. Der Boden war fest und ließ sich nicht leicht durchbohren. Dabei bemerkte sie, dass die Fläche mit Hunderten von kleinen Linien überzogen war, die in alle Richtungen verliefen. Sie betrachtete sie genauer. Es sah so aus, als hätte jemand den Boden bearbeitet und mit einer Schaufel immer und immer wieder platt gedrückt.
    Ein selbst gebasteltes Grab?
    Sie richtete sich wieder auf und suchte nach Fuß- oder Reifenspuren, konnte aber nichts entdecken. Von ihrem Handy aus rief sie Marge an und fragte, wie es im Haus vorangehe.
    »Wir wühlen uns immer noch durch den Dreck. Und bei euch?«
    »Ich glaube, hier gibt’s etwas, das du dir ansehen solltest.«
     
    Während sie auf zusätzliche Schaufeln und Kübel warteten, ernannte Marge einen der Kriminaltechniker zum offiziellen Polizeifotografen.
    »Kriegen Sie all die kleinen Kerben aufs Bild«, wies sie ihn an.
    Der Tag war lang und ertragreich gewesen … allzu ertragreich sogar. Die Indizien im Haus bestanden aus mehreren Fußspuren, einigen blutigen Finger- und Handabdrücken, etlichen

Weitere Kostenlose Bücher