Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
Patronenhülsen, einzelnen Fasern und Haaren, und dabei waren die Blutspritzer und Blutspuren sowie die massiv verteilten Hautfetzen noch nicht mitgezählt. Die Identifizierung, was zu wem gehörte, musste später stattfinden. Marge war froh, dem Schlachthaus für einen Moment zu entkommen, Pratts Anruf lieferte eine gute Entschuldigung für eine Verschnaufpause.
Oliver dagegen war wahrscheinlich viel glücklicher darüber, drinnen zu arbeiten, weil die Räume klimatisiert waren. »Und der Sommer steht uns erst noch bevor«, sagte er.
»Du kannst wieder reingehen, ich kümmere mich darum.«
»Nee, ich bleib dabei.« Er wischte sich die Stirn trocken. »Wir können die ganze Nacht im Haus arbeiten, solange uns das E-Werk nicht den Strom abdreht.«
Sie starrten beide auf die eingesunkene Stelle. »Hier wurde gegraben, das versteht sich von selbst«, sagte Marge.
»Bisschen zu groß für eine einzelne Person«, meinte Oliver.
»Also liegt da vielleicht mehr als nur einer«, entgegnete Marge. »Ich glaube, das Grab war schon vorbereitet. Wäre es spontan ausgehoben worden, hätte das viel zu lange gedauert.«
»Außer es ist flach.«
»Wir vermissen zwei Wachleute. Wenn sie hier drin liegen, kann es nicht so flach sein. Außerdem hat sich wer auch immer noch die Zeit genommen, die Pflanzen wieder in die Erde zu setzen. Die Sache war geplant, Scottie.«
»Aber nicht allzu lange im Voraus. Denn dann hätte jemand möglicherweise ein großes Loch mitten auf dem Grundstück entdeckt.«
»Es liegt ganz schön weit vom Haupthaus entfernt«, hielt Marge dagegen.
»Ich weiß nicht … vielleicht«, lenkte Oliver ein.
»Wir werden es früh genug erfahren.« Marge schirmte mit den Händen ihre Augen ab und blickte über das weite Land. Wynonas Suchtrupp hatte sich verteilt, war aber immer noch in Reichweite eines Pfiffs geblieben. Die meisten saßen an den wenigen winzigen schattigen Stellen und grillten ihre Hinterteile, während sie lauwarmes Wasser tranken und sich mit den Händen oder ihren Sonnenhüten Luft zufächelten. Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet Marge, dass es schon fast fünf war. Die Sonne ging gegen halb acht unter.
»Meinst du, wir schaffen es, das hier in zweieinhalb Stunden aufzugraben?«, fragte Oliver.
»Kommt darauf an, was drinliegt. Wenn wir was finden, ist es ein Tatort. Und dann, was weiß ich?« Marge kramte ihr Handy hervor. »Ich glaube, ich fordere mal besser für alle Fälle Beleuchtung an.«
Wynona gesellte sich zu ihnen. Sie hatte ihren Sonnenhut abgenommen, und ihre Haare darunter waren nass und platt gedrückt. Sie rieb sich das Gesicht mit Sonnencreme ein. »Wie viele Leute braucht ihr für die Grabung?«
»Ungefähr acht. Warum? Wie viele brauchst du?«
»Ich muss noch eineinhalb Sektoren durchkämmen. Mit dem letzten werden wir wahrscheinlich nicht fertig werden, aber wenn ich jetzt wieder loslege, kann ich Sektor 4 abschließen, bevor die Dämmerung einsetzt.«
»Wenn ich sechs aus deinem Trupp nehme, wie viele bleiben dir dann?«
»Mit mir zwölf. Es reicht mir, wenn ein paar davon Polizisten sind.«
»Wie viele Polizisten hast du dabei?«
»Acht.«
»Jeder nimmt vier«, schlug Marge vor.
»Klingt gut.« Wynona verstaute die Sonnencreme wieder in ihrer Cargo-Hose. Nachdem sie die Leute verteilt hatte, sagte sie: »Ich mach dann weiter. Ruft mich an, wenn ihr etwas findet.« Sie blies in ihre Trillerpfeife, und ihre Truppe stand auf und wischte sich Staub und Dreck von ihren Hosenböden.
Gerade als die Schaufeln und Behälter eintrafen, klingelte Marges Handy. Ihr Boss fragte, wie es voranging. Nachdem sie Decker alles berichtet hatte, beschloss er vorbeizukommen.
»Macht jede Menge Fotos, bevor ihr die Spaten einsetzt.«
»Schon passiert«, antwortete Marge. »Sollen wir mit dem Graben abwarten, bis du hier bist?«
»Nein, fangt an, solange ihr Tageslicht habt. Ich muss im Revier noch was erledigen, und das kann dauern. Aber ich komme auf alle Fälle.« Er klang angespannt.
»Setzt dir Strapazier-Strapp ordentlich zu?«, fragte Marge.
»Ich wünschte, es wäre so.«
»Hoppla, Pete! Dann muss es schlimm sein. Was ist los?«
»Ich klär euch später auf. Es ist nicht so schlimm, aber kompliziert.«
Marge blickte auf die Uhr. »Der Schabbes beginnt bald, Pete. Falls wir nichts finden, lohnt es sich nicht, das Essen am Freitagabend zu verpassen. Ich ruf dich an, wenn ich dich brauche.«
»Danke für das Angebot, aber der Fall ist einfach zu groß, als dass
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