Decker & Lazarus - 18 - Missgunst
Strahler an, die kaltes weißes Licht über die Ausgrabung warfen. Die Crew arbeitete die nächste Stunde ohne Unterbrechung, und bald stieg aus dem Loch ein leichter Geruch auf.
Die Krähen waren ins Bett gegangen, aber die Bussarde kreisten weiterhin.
Der Gestank wurde stetig stärker, bis jeder ihn ganz eindeutig als Verwesungsgeruch identifizieren konnte. Eine Müllhalde? In ländlichen Gegenden wie diesen wurde der Müll nicht wöchentlich abgeholt.
Sie gruben noch weitere zwanzig Minuten, bis einer von ihnen die Schaufel hochhielt und bekanntgab, er sei auf etwas Hartes gestoßen. Als sich lauter aufgeregte Menschen um die Stelle versammelten, verkündete ein anderer Gräber, er sei auch auf etwas gestoßen. Ab diesem Moment wurde die Arbeit vorsichtiger ausgeführt, und man wechselte von Schaufeln zu kleinen Spaten über, um das, was unter der Erde lag, nicht durcheinanderzubringen oder zu zerstören. Die Körperhaltung wandelte sich vom rückenbelastenden Schaufeln zum in den Knien schmerzenden Hocken, als die Gruppe die Erde systematisch zu entfernen begann.
Der Himmel war übersät mit funkelnden Lichtern. Grillen zirpten, Frösche quakten, und in der Ferne heulte eine Eule. Knorrige Bäume wurden zu erstarrten tiefschwarzen Gespenstern.
Und immer noch kreisten über ihnen die Aasfresser, getaucht ins künstliche Licht.
Es dauerte eine weitere Stunde, bis die Erde ihre Beute freigab. Decker erkannte mehrere längliche Schädel, riesige Rippenbögen und zahlreiche Oberschenkelknochen.
Ein Reliquiar aus Knochen.
So wie es aussah, hatten sie ein Pferdegrab ausgehoben.
Die Tiere hatten lang genug unter der Erde gelegen, dass das Fleisch verrottet war, wenn auch nicht vollständig. Decker konnte noch Muskulatur, Haare, Fell und ein paar schmelzende Hufe ausmachen. Trotzdem war der Gestank unverhältnismäßig stark, verglichen mit der Menge an weichem Gewebe, das noch übrig war. Und der Gestank steigerte sich sogar, je mehr Substanz sie freilegten.
Decker erlaubte ihnen weiterzumachen, bis der Geruch geradezu toxisch wurde. Er befahl allen aufzuhören, herauszutreten und ein paar Atemzüge Frischluft zu tanken. Dann rief er seine Detectives zusammen. »Offensichtlich haben wir ein Pferdegrab aufgetan. Es ist nicht ungewöhnlich, hier draußen ein totes Tier zu vergraben, wenn man so viel Grund und Boden besitzt, aber irgendwas passt nicht zusammen. Der Gestank ist zu stark für das restliche Gewebe. Hat jemand eine Idee?«
»Da liegt nicht nur ein Pferd«, sagte Oliver.
»Ungefähr drei, gemessen an der Anzahl der Knochen«, fügte Wynona hinzu.
»Ist doch merkwürdig«, sinnierte Oliver, »drei Pferde auf einmal zu begraben. Wie haben sie das hingekriegt? Ein paar davon auf Eis gelagert, bis sie genug beisammen hatten, um das Loch zu füllen?«
»Wisst ihr, was wirklich seltsam ist?«, fragte Marge. »Wenn man ein Pferd begräbt – einfach so ins Grab schmeißt –, dann sollte es doch, wenn man es wieder ausgräbt, aussehen wie ein Pferd, das man einfach in ein Grab geschmissen hat. Es sollte ungefähr in derselben Position liegen wie beim Begräbnis. Aber hier sind alle Knochen wild durcheinander verteilt.«
»Was, wenn das Pferdeskelett durch menschliches Einwirken zerstört wurde«, überlegte Decker, »genauer gesagt, durch jemanden, der irgendetwas unter den Pferdeknochen vergraben wollte?«
»So was wie die Leichen unserer vermissten Wachmänner?«, schlug Marge vor.
»Angenommen, einer der Mörder wusste von dem Grab, weil er gesehen hatte, wie es mal angelegt wurde. Welcher Ort ist besser geeignet, um die Leichen der vermissten Wachmänner loszuwerden?«, dachte Decker laut weiter.
»Es riecht hundertprozentig nach frischer Verwesung da unten«, sagte Oliver.
»Jeder soll sich Handschuhe anziehen und eine Gesichtsmaske umbinden. Wer hat eine Kamera?«
»Ich«, sagte Marge.
»Ich auch«, meldete sich Wynona.
»Gut. Bevor wir irgendeinen Pferdeknochen wegräumen, möchte ich Aufnahmen von vorher und nachher. Dann werden wir das biologische Material entfernen, Knochen für Knochen. Jedes Mal, wenn wir etwas wegnehmen, machen wir ein Foto. Wenn der Gestank schlimmer wird, was ich stark befürchte, müssen wir aufhören und die Gerichtsmedizin herholen. Ab dann überlassen wir die Exhumierung den Fachleuten.«
»Wer auch immer ihn unter die Erde gebracht hat, hat Ihnen einen Gefallen getan.« Der für diesen Bezirk zuständige Rechtsmediziner hieß Lance Yakamoto. Er war um die
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