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Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renegald Gruwe
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eines Werner Peiner, den Großen der deutschen Malerei.« Auf den skeptischen Blick Garoches eingehend, fuhr Niewarth fort: »Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Und ich handle mit Kunst, ich mache sie nicht. Ich kaufe und verkaufe. Und Moral ist mir in dieser Angelegenheit gänzlich fremd. Das will ich Ihnen gleich sagen.«
    Garoche betrachtete den jugendlich aussehenden Mann. Er hatte wenig Skrupel, wenn es um den Verkauf seiner Werke ging, wie sollte er dem Kunsthändler einen Vorwurf machen?
    »Nun zu Ihrer Arbeit! Oder wie Sie belieben zu sagen: zu Ihrer Rolle. Sie sollen mir Gemälde malen, die ich unter einem Namen verkaufen kann, der den Wert des entsprechenden Gemäldes um ein Vielfaches erhöht. Beckmann, Dix, Kirchner, Heckel, Hofer, Nay, Marc und Mueller. Suchen Sie sich einen aus und malen Sie drauf los. Das Einzige, was stimmen muss, ist die Unterschrift und das Jahr des Schaffens.«
    »Ich soll Bilder fälschen?«
    »Aber nein, nicht doch. Nur die Unterschrift, junger Freund, nur die Unterschrift. Sie können Ihrer Kreativität absolut freien Lauf lassen. Malen Sie im Stil Ihrer Kollegen Ihre eigenen Werke. Dass nicht Ihr Name darunter steht, wird der einzige Makel dabei bleiben. Wer weiß denn heute schon, ob jedes der großen Gemälde tatsächlich von Rembrandt, Tizian oder Rubens ist oder nicht doch eher von einem ihrer Schüler und der Meister einfach nur seine Unterschrift gegeben hat?«
    »Und warum sollte ich das für Sie machen?« Garoche hob behutsam das Pechstein-Bild mit der Dame mit Hut auf, das auf dem Boden gegen ein anderes Bild gelehnt stand, und hielt es schräg gegen die spärliche Beleuchtung der Deckenlampe, damit er es genauer betrachten konnte. Dabei stützte er den Ellenbogen auf einen Zeichentisch.
    »Nicht nur für mich«, stellte Niewarth richtig. »Zu Ihrem Schaden soll es gewiss auch nicht sein.« Damit erhob er sich und zog aus seiner Jackentasche ein dickes Bündel Geldscheine. Das legte er auf den Schrank neben Garoches aufgestützten Arm und breitete die Scheine fächerartig aus. Dann trat er diskret zurück, während der Künstler die Summe mit den Augen überflog und mit einem anerkennenden Pfeifen sagte: »Alle Achtung, ein ganz schönes Sümmchen.«
    »Dies ist wohlgemerkt nur eine Anzahlung für ein Gemälde. Farben, Leinwand und alles Weitere, was Sie benötigen, wird selbstverständlich gestellt.«
    In Gedanken rechnete Garoche den Betrag in italienische Lira um und stellte fest, dass er niemals zuvor solch einen Preis für eines seiner eigenen Bilder erzielt hatte und dies wahrscheinlich auch nicht in den nächsten Jahren erreichen würde.
    Niewarth war der Gesichtsausdruck des Künstlers nicht entgangen. »Ich wusste doch, dass Sie die Angelegenheit interessiert.«
    Garoche überhörte die Bemerkung, ohne seinen Blick vom Bild mit der Frau zu lassen, deren breite Hutkrempe aus rotem Stoff mit den Sonnenblumen im Hintergrund um die Wette leuchtete. Er versuchte weiter gegen das Vorhaben des Galeristen zu argumentieren: »Ich bin kein Fälscher, ich bin Künstler, und nur weil ich im Augenblick etwas …«, der Maler versuchte, sich und seine finanzielle Situation zu rechtfertigen, musste aber eingestehen, dass sie katastrophal war.
    »Sie sollen nicht fälschen, junger Freund, Sie sollen malen, das ist alles. Wenn die Gemälde zufällig denen eines bekannten Künstlers, sagen wir hier, Pechstein, ähneln und die Signatur des Meisters darunter steht: umso besser.«
    Garoche stellte das Bild vorsichtig wieder auf den Boden und schlug den Zipfel eines Tuches über das Gesicht der Frau, so als solle sie den weiteren Verlauf des Gesprächs nicht mit anhören und eventuell dem Meister selbst von dieser schändlichen Absicht berichten, zu der ihn der Kunsthändler nun beinahe überredet hatte.
    »An wen möchten Sie die Bilder verkaufen und wie wollen Sie verhindern, dass der Schwindel auffliegt? Man wird sich doch über das Werk der Künstler informieren?«
    »Bei wem sollte man sich informieren? Die Künstler in Deutschland, von denen wir reden, haben in den meisten Fällen Malverbot oder sind bereits verstorben. Es existieren so gut wie keine Werkverzeichnisse, und die Künstler selbst …«, Niewarth zog die Augenbrauen hoch, »werden nicht aus ihrem Exil auftauchen und Fälschung rufen, habe ich recht?«
    Gustave Garoche hielt sich selbst für einen Zeitgenossen, dem das Gewissen nicht jeden Abend die Taten des Tages aufzählte. Aber der hier,

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