Deckfarbe: Ein Künstlerroman (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
bei mir, wie Sie ja sicherlich auch wissen, kein Geld vorhanden. Ein Maler verkauft Bilder, und wenn er keines verkauft, dann …« Garoche brach ab, verschränkte die Arme und wartete auf den nächsten Zug von Herrn Niewarth.
Der Kunsthändler lächelte süffisant: »Genau das ist der springende Punkt. Sie haben noch nicht ein einziges Bild verkauft, und so wie es aussieht, werden Sie auch keines verkaufen. Jedenfalls nicht in dieser Stadt oder generell in Deutschland. Wenn ich Ihnen nicht helfe.«
Nun wusste Garoche nicht mehr, was er von diesem Mann halten sollte.
Da der Künstler schwieg, setzte Otto Niewarth neu an. »Enttäuschen Sie mich nicht, Herr Garoche, es geht natürlich nicht darum, Sie zu erpressen, ich möchte Ihnen helfen, Geld zu verdienen, und das mit von Ihnen gemalten Bildern.«
Garoche, verblüfft von der Wendung des Gesprächs, richtete sich auf und wartete gespannt auf den Fortgang der Unterhaltung. Das Läuten der Schelle an der Tür des Geschäfts verhinderte vorerst eine Aufklärung über die Absichten, die Herr Niewarth mit dem Maler hatte.
»Entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Kundschaft. Nehmen Sie sich doch bitte ein Glas Wein. Die Flasche steht dort drüben auf der Anrichte. Gläser finden Sie ebenfalls dort. Bedienen Sie sich, ich stehe Ihnen gleich wieder zur Verfügung.«
Der Händler eilte durch den Vorhang hinaus ins Geschäft und begrüßte dort eine Dame und einen Herren herzlich mit Namen. Offensichtlich bekannte Kunden.
Garoche tat in der Zwischenzeit wie geheißen und schenkte sich Rotwein ein. Das Glas in der Hand lief er im Raum umher und betrachtete die an den Wänden dicht an dicht hängenden Gemälde. Auf dem Boden hintereinander aufgereiht und nur durch das zwischen den Bilder gespannte schwere Tuch, das vor grober Berührung und Beschädigung schützen sollte, warteten die Werke auf ihre unbestimmte Zukunft. Was wollte Niewarth von ihm? Wie konnten sie beide zusammenarbeiten, wo doch derzeit nicht einmal diese Meisterwerke verkauft werden durften? Und war das, was der Kunsthändler über die Papiere Garoches gesagt hatte, nicht doch einer Erpressung ähnlich?
Nach gut zwanzig Minuten schob der Galerist den Vorhang wieder beiseite, entschuldigte sich für sein langes Fortbleiben, tat es Garoche gleich und schenkte sich Wein ein.
»Ein nettes Paar, er ist Obergerichtsrat am Kammergericht. Wahre Kunstbesessene. Sammeln alles, was ihnen in die Finger kommt. Haben aber keinen großen Sachverstand. Na ja, dafür bin ich ja da.« Er seufzte, nahm auf dem Stuhl Platz, auf dem der Maler zuvor gesessen hatte, und rief laut in den Raum: »Prost, auf die Kunst und auf hoffentlich gute Zusammenarbeit!« Dann leerte er sein Glas in einem Zug bis fast zur Hälfte.
»Wie würde eine Zusammenarbeit zwischen uns denn aussehen?«, erwiderte Garoche, indem er die guten Wünsche des Galeriebesitzers kommentarlos aufnahm.
»Na, Sie malen Bilder, und ich verkaufe sie. Sie sind der Maler, ich bin der Händler. Ganz einfach.« Das Schmunzeln Niewarths und die nichtssagenden Andeutungen brachten Garoche auf. Mit erhobener Stimme empörte er sich: »Was zum Teufel haben Sie vor? Wie wollen Sie meine Bilder verkaufen, wenn all diese Schätze hier komplett unverkäuflich sind? Reden Sie gefälligst klar.«
Der Kunsthändler bedeutete Garoche, sich zu beruhigen. »Es kann keineswegs davon die Rede sein, dass diese Werke unverkäuflich sind«, klärte Niewarth auf, »ich kann sie jederzeit anbieten, auch öffentlich. Das einzige Problem ist, wie ich Ihnen bereits andeutete, die Öffentlichkeit selbst. Es macht keinen guten Eindruck. Also verkaufe ich die Kunst inoffiziell. Unter dem Ladentisch, sozusagen.« Bei seinem Vergleich mit dem Ladentisch musste Otto Niewarth lächeln.
»Mir ist immer noch nicht klar, wie genau Sie sich meine Rolle bei Ihren inoffiziellen Geschäften vorstellen?«
»Schauen Sie, junger Freund, all diese Gemälde und Zeichnungen werden irgendwann verkauft sein. Die Nachfrage steigt unaufhörlich. Im Ausland und im Inland. Je mehr die Kunst und die Künstler von oberster Stelle, also von der Regierung selbst, abgelehnt und verfemt werden, umso mehr steigt das allgemeine Interesse. Und nur, wenn ich für Nachschub sorgen kann, werden auch die Geschäfte laufen. Ich will Ihnen gegenüber ehrlich sein, junger Freund: Für das Zeug da draußen bekomme ich nicht viel. Die Künstler, die bei mir ihre Werke anbieten, haben nicht den Wert eines Adolf Ziegler oder
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