Deebs, Tracy - Tempest - 01 - Tochter des Meer
darauf, so viel Energie wie möglich in mir aufzustauen. Das Meer begann uns zu umkreisen und wurde zu einem Wasserzyklon des Zorns, den ich nicht länger zügeln konnte.
Tiamats Wachen schrien auf vor Angst, doch keine von uns beiden achtete auf sie, als wir in Stellung gingen. Gib es auf, kleines Mädchen. Ich habe das alles lange geplant. Du kannst nicht gewinnen.
Sie würde sich zuerst Kona vornehmen, das spürte ich. Meine Mutter wollte sie foltern, Cecilys Leiden sollte andauern, genau wir ihr eigenes - ein halbes Jahrtausend lang. Kona dagegen konnte gleich sterben, sie würde es nicht mehr bedauern als einen Tritt auf eine Küchenschabe.
Wir griffen gleichzeitig an. Ich schickte jeden Funken Energie, den ich in mir hatte, auf die Wasserhexe los, während ich mich gleichzeitig zur Seite rollte, um mich zwischen sie und Kona zu bringen.
Doch ich hatte mich verrechnet und zwar gewaltig.
Denn noch während Tiamat, aus Nase, Mund und Ohren blutend, zurückgeschleudert wurde, packte sie meine Mutter und wirbelte sie mithilfe ihrer Zauberkräfte in die Luft und direkt in die Arme der unersättlichen Lusca.
Nein!, schrie ich auf und ließ mit aller Kraft, die ich noch aufbringen konnte, gewaltige Brecher auf das Untier niedergehen. Ich begann zu schwimmen und wusste doch, dass ich sie niemals rechtzeitig erreichen würde.
Ein Blitz knisterte in meinem Innern und ich erschrak, als er mir an den Fingerspitzen entlang und über die Haut tänzelte. Mit einem Schrei, der nichts ähnelte, was ich jemals von mir gegeben hatte, ließ ich ihn los und schleuderte ihn über das Wasser direkt in die Brust der Lusca - eine Sekunde zu spät.
Mit Grausen sah ich, wie der Blitz einschlug und die Lusca fallen ließ, was von meiner Mutter übrig war. Das Letzte, was ich wahrnahm, bevor es schwarz um mich wurde, war ihr zerrissener, zerschmetterter Körper, der lautlos davontrieb.
24
Als ich erwachte, war ich wieder bei Kona. Wir saßen an seinem Strand, halb im Wasser, halb draußen, und er wiegte mich in den Armen. Seine Augen waren geschlossen und stumme Tränen rollten ihm langsam über die Wangen. Verstört von seinem Weinen hob ich die Hand und wischte die Tränen mit den Fingerspitzen fort.
Schlagartig öffnete er die Augen. »Tempest! O Gott, du bist wach!«
»Wie lange war ich weg?« Ich wollte mich aufsetzen und enger an ihn schmiegen, doch etwas hielt mich am Boden und machte es mir unmöglich, mich richtig zu bewegen.
»Zwei Tage.«
»Zwei Tage?« Nun richtete ich mich doch auf und versuchte nicht auf das bleierne Gefühl in meinen Beinen zu achten. »Was ist passiert?«
Seine Augen suchten meine. »Erinnerst du dich nicht?«
»Nein, ich ...« Doch dann fiel es mir wieder ein. Die Erinnerung kam zurück, wusch über mich hinweg wie die Albträume meiner Kindheit und versuchte mich in den Abgrund zu ziehen. Ich wehrte die Dunkelheit ab. »Oliwa. Meine Mutter ...«
Kona schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Tempest«, stieß er hervor. »Es tut mir so leid.«
Zusammen mit seiner Beileidsbekundung kam die Erkenntnis, dass Cecily endgültig fort und ich nicht stark genug gewesen war, sie zu retten. »Und Tiamat?«, fragte ich.
»Ich weiß nicht genau, was du ihr angetan hast, aber was es auch war, du hast sie schwer verletzt. Sie und ihre Helfershelfer haben sich, kurz nachdem deine Mutter starb, aus dem Staub gemacht - und zwar auf die altmodische Art. Sie hat es nicht mehr geschafft, mit Zauberkraft von dort zu verschwinden.«
Was erklärte, wie es Kona gelungen war, sich zu befreien. Wenn Tiamats Zauberkräfte versagt hatten, galt das Gleiche auch für die Fesseln, die Kona festgehalten hatten.
Ich versuchte ein wenig Trost aus der Tatsache zu ziehen, dass ich sie wenigstens verletzt hatte, doch es war nicht genug, um die Realität dessen auszublenden, was geschehen war. Meine Mutter war tot und das ging ebenso sicher auf mein Konto wie der Tod von Malu. Natürlich würden alle die Lusca verantwortlich machen - und Tiamat, aber es war mein Hochmut gewesen, der meine Mutter dem Monster in die Hände getrieben hatte.
Ich hatte geglaubt, die Dinge unter Kontrolle zu haben, hatte geglaubt, ich sei stark genug, um sie und Kona zu retten. Das war ein großer und schrecklicher Irrtum gewesen und meine Mutter hatte den Preis dafür bezahlt.
Ich dachte an ihren zerschmetterten Körper und an das, was sie mir kurz vor dem Showdown zugeflüstert hatte. Ich solle Tiamat nicht vertrauen, hatte sie gesagt, und
Weitere Kostenlose Bücher