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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ihrem inneren Auge vorbeiziehen, während sie versuchte, das Abendessen für ihre Kinder zu bereiten Ihre Hände zitterten so heftig, daß sie Tomatensauce über den Tisch goß. Sie spritzte über die Fläche wie Blut, in der Farbe von Gewalt und Zorn. Einen langen Augenblick stand sie einfach da und starrte auf die Lache. Sie dachte an Megan O'Malley, zusammengeschlagen, und das Lebensblut ihrer Karriere strömte aus ihr. Sie dachte an die Nacht, in der Mitch gekommen war, die Nacht, in der sie Paul gesagt hatte, es sei aus zwischen ihnen. Die letzten Tropfen Lebensblut waren aus ihrer Ehe gesogen worden. Sie dachte an Josh und an das Blut, das man aus seinem Arm entnommen hatte.
    Hannah wußte nicht, ob irgendeiner von ihnen je zurückbekommen könnte, was er verloren hatte. Garrett Wright aber konnte mit einer Anzahlung seine Freiheit zurückkaufen. Er würde an seinen Wohnsitz in Lakeside zurückkehren, ohne Rücksicht auf die Leben am Ende der Straße, die er ruiniert hatte. Offenbar konnte er sein Gewissen so einfach reinwaschen, wie sie die verschüttete Sauce auf dem Küchentisch wegwischte. Keine Konsequenzen. Wegwischen und vergessen.
    Er wird nicht ungeschoren davonkommen.
    Ellen hatte ihr versichert, daß das Büro des Bezirksstaatsanwalts sorgfältig daran arbeitete, den Fall vor Gericht zu bringen und Garrett Wright zu verurteilen. Mitch hatte ihr gesagt, daß alle Justizbehörden, die an der Aufklärung von Dustin Hollomans Entführung arbeiteten, sich darauf konzentrierten, Wrights Komplizen zu fangen. Sie mußte auf das Rechtssystem vertrauen. Sie glaubte daran, glaubte, daß es besser funktionierte, als die meisten Leute meinten. Sie mußte an die Gerechtigkeit glauben.
    Er wird nicht ungeschoren davonkommen.
    Sie schob die Lasagne in den Ofen, wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und ging hinunter ins Wohnzimmer.
    Der Film lief noch, aber keiner schien zuzusehen. Lily sang eine selbstkomponierte Melodie in ihrer eigenen Sprache und wälzte sich auf der Kirschholztruhe, die als Couchtisch diente. Sie hatte eine riesige rosa Sonnenbrille aus ihrer Spielzeugschachtel geholt und sie ganz keß aufgesetzt. Hannah nahm eine herumliegende Baseballmütze, setzte sie schief auf den Kopf ihrer Tochter und fand ein Lächeln, das in den letzten Wochen ganz rar geworden war.
    »He, Lily-Käfer, gehst du auf einen Windelball?« fragte sie, ging in die Hocke und wackelte mit dem Po, was bei Lily einen Kicheranfall auslöste.
    Hannah lachte, erstaunt darüber, was für ein gutes Gefühl das war. Dann wanderte ihr Blick zu Josh, und das Lachen erstarb. Er hatte sich nicht vom Fenster wegbewegt, sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht geändert. Er schien gar nicht bei ihnen zu sein. Seine emotionelle Isolation nahm magische körperliche Eigenschaften an – ein unsichtbares Kraftfeld umgab ihn, das ihm nicht gestattete, zu sehen oder zu hören oder den Leuten, die ihn liebten, die Hand entgegenzustrecken. Der Gedanke durchfuhr sie wie ein nadelspitzer Schmerz. Ein Kraftfeld war etwas, um das Josh eine Geschichte erfunden hätte . . . vorher. Science-fiction faszinierte ihn, er liebte es, eigene Geschichten zu erfinden, seit er Star Trek: Die n ä chste Generation gesehen hatte. Seit dem Herbst trug er ständig ein Notizbuch bei sich – sein › Think Pad ‹ , wie er es nannte – , um Bilder von Raumschiffen und Rennwagen zu zeichnen. Er hatte die Seiten mit seinen Gedanken und Ideen gefüllt. Das Notizbuch war jetzt weg, dem staatlichen forensischen Labor übergeben. Der Kidnapper hatte es benutzt, um sie zu verhöhnen, hatte es auf die Motorhaube von Mitch Holts Pickup gelegt. Ein weiteres Stück von Joshs Kindheit, das für immer verloren war.
    Noch während sie das dachte, fiel Hannahs Blick auf den Skizzenblock, den der Kinderanwalt des Bezirks Josh gegeben hatte. Er lag auf dem Boden, beiseite geschoben, unbenutzt, leer. Sie erschauderte bei dem Gedanken, daß Joshs Verstand so leer sein könnte. Es gab keine Möglichkeit, das herauszufinden, solange er es vorzog, seine Gefühle für sich zu behalten. Er hatte heute nachmittag weitere fünfzig Minuten beim Psychiater verbracht, wo er das Aquarium angestarrt und beobachtet hatte, wie die Fische hin und her schwammen. Seinen einzigen Kommentar hatte er am Ende der Sitzung abgegeben. Er hatte sich zu Dr. Freeman gewandt und gesagt: »Sie sind in der Falle, nicht wahr? Sie können rausschauen, aber sie können nie rauskommen.«
    Wenn sie ihn so aus

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