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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Grimasse. »Ich werde ganz rührselig davon.«
    Ein winziges beschämtes Lächeln hakte sich in seinem Mundwinkel fest, und er rollte die Augen. Wie der alte Josh. Wie der Junge, der so gern mit ihr gescherzt und gelacht hatte. »Ist schon okay, Mom«, sagte er leise.
    »Das hoffe ich doch«, scherzte Hannah. »Denn eins mußt du wissen: Auch wenn du erwachsen und der Star-Quarterback im Superbowl bist, bin ich immer noch deine Mom und werde immer noch rührselig werden.«
    Josh rümpfte die Nase und wandte sich wieder dem Notizbuch zu. Er ließ seine Finger der Reihe nach über alle Sticker gleiten, sagte sich im Geist die Namen vor. Er kannte sie alle aus seinem früheren Leben, als er noch ein normaler Junge gewesen war, als das Leben einfach und sein größtes Geheimnis gewesen war, daß er Molly Higgins auf die Wange geküßt hatte. Er wünschte, er könnte zurück ins Vorher. Er mochte keine Geheimnisse, mochte das Gefühl nicht, das sie in ihm auslösten. Aber jetzt mußte er sie bewahren. Er durfte nichts erzählen. Man hatte ihn gewarnt.
    Also entschied er sich, gar nicht mehr an die Geheimnisse zu denken. Er würde an andere Dinge denken, an seinen neuen Stift und daran, daß er aussah wie etwas, das Astronauten benutzten, und an sein neues Think Pad. Leere Seiten ganz allein für ihn, keine, die er mit Fremden oder sonst jemandem teilen mußte. Leere Seiten, die wie ein Teil seiner Phantasie waren – Platz zum Denken und zum Aufbewahren neuer Ideen. Die Vorstellung gefiel ihm – Gedanken aus seinem Kopf zu nehmen und sie da abzuladen, wo er nicht einmal mehr an sie denken mußte.
    Er steckte das Notizbuch in seinen Rucksack und trug ihn in sein Zimmer.

17
    Ellen nahm ihre Brille ab und rieb sich das Gesicht, ohne an ihr Make-up zu denken. Sie hatte es längst weggewischt. Und außerdem war niemand im Büro, der sie sehen würde. Selbst die Putzleute waren inzwischen gekommen und wieder gegangen. Ellen hatte es umgekehrt gemacht – sie war nach Campion gefahren und zurückgekommen.
    In Campion hatte sie ihren Spießrutenlauf durch die Reporterversammlung absolviert und dann auf dem zugigen Parkplatz eines Getreidelieferanten am Rande der Stadt gestanden, wo man Dustin Hollomans Stiefel im Führerhaus eines Lieferwa
    gens gefunden hatte.
    »Bestätigt das nicht Dr. Wrights Unschuld?«
    »Werden Sie versuchen, die für nächste Woche angesetzte Anhörung hinauszuzögern?«
    »Ist es wahr, daß Garrett Wright vor seiner Verhaftung nie zu den Verdächtigen gehört hat?«
    »Ist es wahr, daß Garrett Wright wegen böswilliger Verfolgung Anzeige erstatten will?«
    »Wird der Besitzer des Lieferwagens vernommen? Ist er ein Verdächtiger?«
    Die Fragen prasselten wie Lanzen auf sie ein. Die Reporter schwärmten mit blitzenden raubtierhaften Augen um sie herum.
    Der Parkplatz war ein rauhes Meer von Eis, zerfurcht und poliert von Lasterreifen. Im Schein der Halogenlampen glänzte er wie Perlmutt. Die Gebäude und die riesigen Metallkisten des Getreideaufzugs bildeten einen schmucklosen Hintergrund, schlicht und funktionell, unbeleuchtet, abweisend. Wolken hatten schon früh das Tageslicht geschluckt, und es begann zu schneien. Kleine, scharfkantige Flocken wurden von einem unnachgiebigen eisigen Wind vom Himmel gechleudert.
    Das mobile Labor des BCA parkte schräg in sechs Meter Entfernung von dem einsamen Lieferwagen. Forensiker schwirrten um den Laster, arbeiteten im strahlenden Licht tragbarer Halogenlampen.
    »Sie lassen sich Zeit«, sagte Mitch. »Sie wollen, daß ihnen kein einziges Haar entgeht – was gut und schön ist, aber der Typ, dem der Wagen gehört, züchtet Vieh, und sein Hund fährt auf dem Beifahrersitz mit. Sie werden die ganze Nacht hiersein und Haare von diesem verdammten Sitz sammeln.«
    Ellen spähte mit zusammengekniffenen Augen in das Schneegestöber und in die grellen Lichter. »Wem gehört der Laster?«
    »Kent Hofschulte. Er arbeitet hier im Büro.«
    »Irgendwelche Verbindungen zu den Hollomans?«
    »Flüchtige Bekanntschaft, wie ich höre. Wenn Sie Einzelheiten wissen wollen, müssen Sie mit Steiger reden.«
    Sie trat ein bißchen näher an den Laster, als gerade der Forensiker von der offenen Fahrertür zurücktrat. Dustin Hollomans Stiefel stand im Strahl des Scheinwerfers allein auf der Sitzbank des Lasters wie in der Mitte einer Bühne. Ein einsamer Winterstiefel; das violett-gelbe Nylon des Schafts war zu bunt für diese kahle Kulisse.
    Sie war ins Büro zurückgekehrt, weil

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