Defcon One 01 - Angriff auf Amerika
einen schlechten Scherz, als der auf Seriosität bedachte Anchorman in seinem dunkelblauen Anzug auf ein Handelsabkommen zwischen Kanada und Frankreich zu sprechen kam. Dem etwa drei Minuten langen Bericht folgte die Nachricht über ein neues Steuergesetz. Anschließend folgten Meldungen über einen Ärzteskandal, einen Protest kanadischer Fischer zu neuen Fangquoten und einer Massenkarambolage auf einer Autobahn in der Nähe von Toronto. Zum Schluss brachte der Sender Sportberichte und die aktuelle Wettervorhersage.
Als die Sendung mit einem Gongschlag beendet wurde, drückte Miller auf die Fernbedienung und zappte durch die Kanäle. Nirgendwo wurde etwas von einer Explosion am Mount Rushmore in den USA gezeigt. Da die Satellitenanlage so eingestellt war, dass US-amerikanische Sender in der Hotelanlage nicht empfangen werden konnten, überlegte Miller kurz, ob eventuell die Nachricht aus den Staaten noch nicht bei den übrigen Nachrichtensendern in aller Welt angekommen sein könnte.
Plötzlich fiel ihm ein, dass ihm vielleicht ein Fehler bei der Berechnung der Zeitzonen unterlaufen war. Er verfluchte sich augenblicklich dafür, einen solchen Gedanken überhaupt in Betracht gezogen zu haben. Natürlich war es in South Dakota jetzt 21 Uhr, und selbst wenn man den amerikanischen Medien eine großzügige Reaktionszeit zugestand, müsste die Nachricht spätestens jetzt überall über den Äther gehen. Hektisch schaltete er seinen Laptop ein und wählte sich über eine Satellitenverbindung in das Internet ein. Er sichtete die Seite von CNN und fand zunächst keinen Hinweis auf irgendeinen dramatischen Vorfall in den Black Hills. Mehrmals aktualisierte er die Seite, ohne das sich irgendetwas änderte.
Plötzlich wechselte die Seite in eine andere Optik und die Nachricht, die dort mit einem Archivbild der vier berühmten Präsidenten in der Felswand erschien, ließ sein Herz einen Takt schneller schlagen.
DRAMA AM MOUNT RUSHMORE !
FBI VEREITELT BOMBENATTENTAT
AUS UNSERER NACHRICHTENREDAKTION.
DEM FBI IST ES IN EINER DRAMATISCHEN AKTION GELUNGEN, IN LETZTER MINUTE EINEN BOMBENANSCHLAG AUF DAS BERÜHMTE PRÄSIDENTEN-DENKMAL AM MOUNT RUSHMORE IN SOUTH DAKOTA ZU VERHINDERN. WIE EIN PRESSESPRECHER VOR ORT BEKANNT GAB, HAT EIN SPEZIALKOMMANDO DES HRT (HOSTAGE RESCUE TEAM, ANMERKUNG DER REDAKTION) VIER SPRENGSÄTZE ENTSCHÄRFEN KÖNNEN, DIE JEWEILS UNTERHALB DER PRÄSIDENTENKÖPFE ANGEBRACHT WAREN. LAUT EINEM SPECIAL AGENT VOM FBI HÄTTEN DIE SPRENGSÄTZE GENÜGEND DETONATIONSKRAFT BESESSEN, UM DAS DENKMAL VOLLSTÄNDIG ZU ZERSTÖREN. DER SPECIAL AGENT WIRD MIT DEN WORTEN ES FEHLTEN GENAU DREI MINUTEN BIS ZUR KATASTROPHE ZITIERT. VORAUSGEGANGEN WAR EIN HINWEIS, DER DIREKT AUS DEM WEISSEN HAUS GEKOMMEN SEIN SOLL, HEISST ES NACH NOCH UNBESTÄTIGTEN INFORMATIONEN. ERSTE VERMUTUNGEN WERDEN DAHINGEHEND GEÄUSSERT, DASS ES SICH BEI DEN HINTERMÄNNERN DIESES ANSCHLAGS UM AL KAIDA TERRORISTEN HANDELN SOLL. EINE SONDERSENDUNG FOLGT IN KÜRZE.
Gerade lief die Sondersendung auf CNN an, die Luftaufnahmen vom Ort des Geschehens zeigte. Mount Rushmore erstrahlte in einem gleißenden Licht, dessen Farben in den unterschiedlichsten Tönen wechselten. Menschen, die nur knapp der Katastrophe entgangen waren, lagen sich überglücklich in den Armen und viele vergossen Freudentränen. Ein übergroßes Polizei- und Militäraufgebot war damit beschäftigt, den Tatort abzuriegeln und auf Spurensuche zu gehen. Ein Polizeibeamter gab ein Interview und sprach von einer Last-Minute-Aktion in einem abgelegenen Gebiet. Die Lage war insgesamt unübersichtlich, aber dennoch entspannt. Die wenigen vorhandenen Bilder und Interviews wurden immer wieder wiederholt und der Nachrichtensprecher, der dieses Ereignis zu kommentieren hatte, gab sein Bestes, um keine Langeweile aufkommen zu lassen.
Miller schaltete völlig apathisch auf den kanadischen TV-Sender. Aber auch dort bot sich genau das gleiche Bild, da die Nachrichtenmacher sich der Bilder aus dem CNN-Network bedienten. Frustriert klappte er den Laptop zu und drückte den Ausschalter der Fernbedienung. Langsam schritt er zum Balkon und warf einen Blick über die Anlage. Einige wenige Urlauber schwammen noch im Pool, die meisten Gäste saßen in den Restaurants und Bars der Hotelanlage. Von irgendwo war rhythmisches Trommeln und die Musik einer kubanischen Band zu vernehmen. Ein Animateur entlockte den Zuhörern höflichen Applaus. Über dem gesamten Komplex lag wie ein unsichtbarer Klangteppich das
Weitere Kostenlose Bücher