Defekt
und richtet die
Fernbedienung auf das Tor der frei stehenden Garage, die früher einmal ein
Kutschenhaus gewesen ist. Weder er noch Scarpetta sagen ein Wort, während er den
Geländewagen neben seinem anderen Porsche parkt und die Tür schließt. Sie gehen
zur Seitentür des alten Hauses, einem viktorianischen Backsteingebäude unweit
des Harvard Square.
„Wer ist Lucys behandelnder Arzt?“, fragt Scarpetta,
als sie in die Küche treten.
„Momentan niemand.“
Entgeistert starrt sie ihn an, als er den Mantel
auszieht und ihn ordentlich über eine Stuhllehne drapiert.
„Sie hat keinen Arzt? Ist das dein Ernst? Was zum
Teufel habt ihr dann hier mit ihr gemacht?“, empört sie sich, kämpft sich aus
ihrem Mantel und schleudert ihn wütend hin.
Benton holt eine Flasche Single Malt und zwei Gläser
aus einem Eichenschrank und füllt sie mit Eis.
„Die Erklärung wird dich auch nicht beruhigen“,
erwidert er. „Ihr Arzt ist tot.“
Der Hangar der Forensischen Abteilung der Akademie
verfügt über drei Garagentore, die auf eine Seitenstraße hinausgehen. Diese
führt zu einem weiteren Hangar, wo Lucys Helikopter, Motorräder, gepanzerte
Humvees, Schnellboote und sogar ein Fesselballon untergebracht sind.
Reba weiß, dass Lucy Helikopter und Motorräder
besitzt. Das ist schließlich allgemein bekannt. Allerdings glaubt sie Marino
nicht ganz, was die weiteren Transportmittel im Hangar angeht, und ist
überzeugt, dass er nur einen Scherz auf ihre Kosten macht, damit sie seine
Worte für bare Münze nimmt und sie in Gegenwart Dritter wiederholt. Schließlich
hat er sie schon oft genug angelogen. Zum Beispiel hat er behauptet, sie zu
mögen. Er hat ihr gesagt, mit ihr zu schlafen sei so schön gewesen wie nie
zuvor. Ganz gleich, was auch geschehen würde, sie würden immer Freunde bleiben.
Nichts von alldem hat gestimmt.
Reba hat ihn vor einigen Monaten kennen gelernt, als
sie noch der Motorradstaffel angehörte. Eines Tages erschien er einfach auf
seiner Softail, die er damals fuhr, bevor er sich die Deuce zugelegt hat. Sie
parkte gerade ihre Road King am Hintereingang des Polizeireviers, als sie das
Donnern seines Auspuffs hörte. Und im nächsten Moment stand er schon vor ihr.
Wollen wir tauschen?, sagte er und schwang das Bein über den Sitz, als stiege er
vom Pferd.
Er zog seine Jeans hoch und kam näher, um ihr
Motorrad zu begutachten, während sie es abschloss und einige Dinge aus den
Satteltaschen nahm.
Das kann ich mir denken, erwiderte
sie.
Wie oft haben Sie das Ding schon
umkippen lassen?
Noch nie.
Aha. Es gibt nämlich zwei Sorten
von Motorradfahrern: die, denen der Hobel schon mal umgekippt ist, und die,
denen das noch bevorsteht.
Da wäre noch eine dritte Sorte, gab sie zurück und kam sich in ihrer Uniform und den hohen
schwarzen Lederstiefeln sehr schneidig vor. Die, denen es umkippt und die es dann
verschweigen.
Tja, so was mache ich nicht.
Da habe ich aber was anderes
gehört, neckte sie ihn und versuchte, ein
bisschen mit ihm zu flirten. Mir ist nämlich zu Ohren gekommen, Sie hätten beim Tanken den
Klappständer vergessen.
Blödsinn.
Außerdem munkelt man, Sie hätten
eine Kneipentour gemacht und nicht daran gedacht, den Lenker zu entriegeln, bevor
Sie zur nächsten Bar gestartet sind.
So ein bodenloser Schwachsinn.
Und was ist mit dem Gerücht, Sie
hätten den Motor abgestellt, obwohl Sie nur rechts blinken wollten?
Er fing an zu lachen und fragte sie, ob sie nicht
Lust hätte, nach Miami zu fahren und im Monty Trainer's am Wasser zu Mittag zu
essen. Danach haben sie noch einige Ausfahrten unternommen, einmal sogar nach
Key West. Sie sind die U.S.1 entlang und auf dem Damm über das Wasser
gebraust, als könnten sie darauf gehen. Im Westen ragte die alte
Flagler-Eisenbahnbrücke auf, ein verwittertes Denkmal, das von der romantischen
Vergangenheit Südfloridas zeugt. Damals war es noch ein tropisches Paradies,
geprägt von Art-deco-Hotels, Jackie Gleason und Hemingway - natürlich nicht
gleichzeitig.
Alles klappte prima, bis vor einem knappen Monat,
kurz nachdem Reha zum Detective befördert worden war. Marino hatte keine Lust
mehr auf Sex und wich ihr mit den merkwürdigsten Begründungen aus. Reba hat
befürchtet, es könnte mit ihrer Beförderung zusammenhängen. Ihre Sorge war,
dass er sie deshalb nicht mehr attraktiv finden würde. Schließlich war sie
bereits öfter von Männern verlassen worden, warum also nicht wieder? Zum
endgültigen Bruch kam es, als sie bei
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