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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Sie mal her“, wendet er sich an die Frau und
straft Reba weiterhin mit Nichtachtung.
    Inzwischen stehen sie so nah beieinander, dass kein
Blatt Papier mehr dazwischenpassen würde.
    „Bingo“, meint Marino. „Hier an dem Metallteil, das
man in die Schließe des Sicherheitsgurts schiebt.“
    „Ein unvollständiger Abdruck.“ Die hübsche Spurensicherungsexpertin
schaut genauer hin. „Ich kann ein paar Wellen erkennen.“
    Allerdings entdecken sie keine weiteren Abdrücke,
weder vollständige noch bruchstückhafte, nicht einmal Schmierer, und Marino
stellt die Frage in den Raum, ob das Wageninnere vielleicht abgewischt worden
ist.
    Als Reba sich die Sache aus der Nähe ansehen will,
macht er nicht Platz. Doch sie hat ein Recht darauf, zu wissen, wovon sie
reden. Schließlich ist es ihr Fall und nicht seiner. Ganz gleich, was er auch
von ihr halten oder zu ihr sagen mag - sie leitet die Ermittlungen, und es ist
und bleibt ihr gottverdammter Fall.
    „Entschuldigung“, ruft sie in einem befehlsgewohnten
Ton, der ihren wahren Gefühlen ganz und gar nicht entspricht. „Was halten Sie
davon, mal ein Stück zur Seite zu gehen?“ Dann wendet sie sich an die hübsche
Spurensicherungsexpertin. „Was haben Sie auf den Teppichen gefunden?“
    „Sie waren verhältnismäßig sauber, nur ein paar
Schmutzspuren. So als hätte man sie ausgeschüttelt oder mit einem nicht sehr
saugkräftigen Staubsauger gereinigt. Vielleicht Blut. Aber das wird sich noch
zeigen.“
    „Möglicherweise wurde dieser Kombi ja benutzt und
wieder zum Haus zurückgebracht“, fährt Reba selbstbewusst fort, und Marinos
Miene verfinstert sich wieder. Auf seinem Gesicht malt sich derselbe harte und
abweisende Ausdruck wie damals bei Hooters. „Außerdem hat der Wagen nach dem
Verschwinden der Besitzerinnen keine Mautstellen mehr passiert.“
    „Wovon reden Sie?“ Endlich sieht Marino sie an.
    „Wir haben den Maut-Chip überprüft, aber das muss
nicht viel heißen.“ Doch sie weiß noch mehr. „Schließlich gibt es jede Menge
Straßen ohne Mautstationen. Kann sein, dass der Wagen dort gefahren wurde.“
    „Das sind doch nur Vermutungen“, antwortet er,
allerdings ohne sie noch einmal anzublicken.
    „Was haben Sie denn gegen Vermutungen?“, entgegnet
sie.
    „Das sieht man vor Gericht aber anders“, erwidert er
mit weiterhin beharrlich abgewandtem Blick. „Sie brauchen das Wort nur
auszusprechen, damit der Verteidiger Sie roh zum Frühstück verspeist.“
    „Trotzdem ist ein >Was wäre, wenn?< manchmal
gar nicht so verkehrt“, spricht Reba weiter. „Was wäre zum Beispiel, wenn
jemand - oder sogar mehrere Täter - die Opfer in diesem Kombi entführt und das
Auto später, nicht abgeschlossen und halb auf dem Rasen stehend, in der
Auffahrt zurückgelassen hätte? Falls ein Nachbar beobachtet hat, wie sich der
Kombi vom Haus entfernte, hätte er doch keinen Verdacht geschöpft - und auch
nicht, als der Wagen wieder zurückgekehrt ist. Außerdem wette ich, dass wegen
der Dunkelheit ohnehin niemand etwas gesehen hat.“
    „Ich möchte, dass die Spuren sofort analysiert und
der Fingerabdruck mit AFIS abgeglichen wird.“ Marino versucht, seine Position
zu verteidigen, indem er sich aufführt, als hätte er hier das Sagen.
    „Aber klar doch“, spöttelt die hübsche
Spurensicherungsexpertin. „Ich komme gleich wieder und bringe meine Zauberschachtel
mit.“
    „Nur mal eine Frage“, sagt Reba zu ihr. „Stimmt es,
dass Lucy in dem Hangar da drüben kugelsichere Humvees, Schnellboote und einen
Fesselballon hat?“
    Unter lautem Lachen streift sich die hübsche
Spurensicherungsexpertin die Handschuhe ab und wirft sie in den Müll. „Wo zum
Teufel haben Sie das denn her?“
    „Von so einem Blödmann“, erwidert Reba.
     
    Um halb acht Uhr abends sind im Inneren von Daggie
Simisters Haus alle Lichter ausgeschaltet, und auch die Verandabeleuchtung
brennt nicht.
    Lucy hat den Auslöser in der Hand.
    „Los“, sagt sie, und Lex beginnt, die vordere
Veranda mit Luminol zu besprühen.
    Früher war es nicht möglich, weil sie warten
mussten, bis es dunkel wurde. Fußabdrücke, diesmal kräftiger, leuchten auf und
verblassen wieder. Lucy fängt an zu fotografieren, hält dann aber inne.
    „Was ist los?“, fragt Lex.
    „Ich habe so ein komisches Gefühl“, antwortet Lucy.
„Kann ich mal die Sprühflasche haben?“ Lex gibt sie ihr.
    „Welche Substanz löst am
häufigsten irreführende Reaktionen auf Luminol aus?“, fragt Lucy.

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