Defekt
gefälscht haben, damit Dr. Scarpetta Sie einstellt?“
Im ersten Moment verschlägt es ihm die Sprache, aber
er hat sich rasch wieder gefasst, und ein selbstzufriedener Ausdruck macht sich
auf seinem Gesicht breit.
„Beweisen Sie es“, sagt er.
„Jeder Brief wurde auf Papier mit demselben
Wasserzeichen geschrieben.“
„Das ist kein Beweis.“
Joe steht auf und fasst sich an den schmerzenden
Hintern.
„Ich werde Sie verklagen“, verkündet er.
„Gut, dann lohnt es sich wenigstens, Sie richtig zu
vermöbeln“, gibt Marino zurück und reibt sich die riesigen Hände. „Vielleicht
breche ich Ihnen ja das Genick. Sie haben doch nicht gesehen, dass ich ihn
angerührt hätte, Detective Wagner?“
„Aber nein“, erwidert Reba. „Wenn Sie die Waffe
nicht genommen haben, wer dann?“, fügt sie hinzu. „War an diesem Nachmittag
sonst noch jemand im Waffenlabor?“
Er überlegt kurz, und ein seltsamer Ausdruck legt
sich auf sein Gesicht. „Nein“, sagt er.
61
Insassen, bei denen Selbstmordgefahr besteht, werden
rund um die Uhr von einem Wachmann beobachtet, der im Kontrollraum sitzt.
Basil Jenrette gehört auch dazu. Sie sehen ihm beim
Schlafen, Duschen und Essen und beim Benutzen der Toilette aus Edelstahl zu.
Und auch, wenn er der Kamera den Rücken zudreht und unter den Laken seines
schmalen Eisenbettes sexuell Dampf ablässt.
Er stellt sich vor, dass sie ihn auslachen, und malt
sich ihre Gespräche im Kontrollraum aus, während sie ihn auf dem Monitor
betrachten. Das erkennt er an ihrem frechen Grinsen, wenn sie ihm die
Mahlzeiten bringen oder ihn aus seiner Zelle lassen, damit er sich die Beine
vertreten oder telefonieren kann. Hin und wieder fällt auch eine gehässige
Bemerkung, und manchmal stehen sie vor seiner Zelle, während er sich
Erleichterung verschafft, ahmen die Geräusche nach und klopfen lachend an die
Tür.
Basil sitzt auf seinem Bett und schaut in die
Kamera, die hoch oben an der gegenüberliegenden Wand hängt. Während er die
aktuelle Ausgabe von Field & Stream durchblättert,
erinnert er sich an seine erste Begegnung mit Benton Wesley, bei der er den
Fehler begangen hat, eine der Fragen ehrlich zu beantworten.
Denken Sie je daran, sich selbst
oder anderen Schaden zuzufügen?
Ich habe anderen bereits Schaden
zugefügt, und das heißt vermutlich, dass ich daran denke, erwiderte Basil.
Wie sehen diese Gedanken genau
aus, Basil? Können Sie beschreiben, was Sie sich vorstellen, wenn Sie daran
denken, anderen Menschen oder sich selbst Schaden zuzufügen?
Ich denke an die Dinge, die ich
getan habe. Ich begegne einer Frau, und dann überkommt es mich. Erst zwinge
ich sie, in meinen Streifenwagen zu steigen, und zücke dann die Pistole und
vielleicht auch die Dienstmarke. Ich sage ihr, sie sei festgenommen und wenn
sie Widerstand gegen die Verhaftung leistet oder auch nur die Tür berührt,
müsste ich sie leider erschießen. Sie alle gehorchten.
Es hat sich keine gewehrt?
Nur die letzten beiden. Weil ich
eine Autopanne hatte. So was Blödes.
Haben die anderen vor diesen
beiden wirklich geglaubt, Sie wären Polizist und wollten sie festnehmen?
Sie haben mir zumindest
abgenommen, dass ich Polizist bin. Aber sie wussten genau, was passieren würde.
Das wollte ich auch. Ich habe einen Ständer gekriegt, ihn ihnen gezeigt und von
ihnen verlangt, dass sie ihn in die Hand nehmen. Da war es klar, dass sie
sterben würden. Sie waren ja so dämlich.
Was war dämlich daran, Basil?
Wirklich dämlich. Wie oft soll
ich es noch wiederholen? Sie wissen doch genau, was ich meine. Möchtest du
lieber gleich im Auto erschossen werden, oder soll ich dich in ein Versteck
bringen, wo ich mich in Ruhe mit dir befassen kann? Wer lässt sich schon
freiwillig verschleppen und fesseln?
Erzählen Sie mir, wie Sie sie
gefesselt haben, Basil? Immer nach derselben Methode?
ja, da hatte ich einen echt guten
Trick drauf. Absolut einmalig. Den habe ich bei meinen ersten Verhaftungen
erfunden.
Mit Verhaftung meinen Sie, dass
Sie Frauen entführt und misshandelt haben.
ja, ganz am Anfang.
Schmunzelnd sitzt Basil auf seinem Bett und erinnert
sich daran, wie aufregend es war, Kleiderbügel aus Draht um die Knöchel und
Handgelenke der Frauen zu biegen und ein Seil hindurchzufädeln, damit er sie
aufhängen konnte.
Sie waren meine Marionetten, hat er Dr. Wesley in diesem ersten Gespräch erklärt und
sich gefragt, was er denn noch sagen musste, um seinem Gegenüber endlich eine
Reaktion zu
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