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Defekt

Defekt

Titel: Defekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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erfrieren. Trotz ihres Wissens über die kälteisolierende Wirkung von
Daunen will es ihr nicht in den Kopf, wie sich ein warmblütiges Lebewesen
mitten in einem Schneesturm gemütlich im eiskalten Wasser treiben lassen kann.
Sie selbst friert sogar unter dem Federbett, ist ausgekühlt und miserabler
Stimmung und fühlt sich in Büstenhalter, Höschen und durchgeknöpftem Hemd
unwohl.
    „Stevie, wach auf. Ich muss los!“, ruft sie.
    Stevie rührt sich nicht, und ihr Rücken hebt und
senkt sich sanft mit jedem langsamen Atemzug. Lucy wird ganz flau im Magen, so
sehr bereut sie alles, und sie könnte sich ohrfeigen, weil sie es doch immer
wieder tun muss, obwohl sie sich anschließend stets abgestoßen fühlt. Seit
fast einem Jahr schon hat sie sich fest an ihren Vorsatz gehalten, dass sich so
etwas nicht wiederholen darf. Und dann kommen doch wieder Nächte wie die vergangene,
in denen Lucy sich weder sonderlich klug noch vernünftig verhält. Danach
bedauert sie es immer, weil es erniedrigend ist, sich aus der Situation
loseisen zu müssen, indem man weiter Lügen erzählt. Aber es bleibt ihr nichts
anderes übrig. Sie hat ihr Leben nicht mehr in der Hand. Zu tief ist sie
verstrickt, um noch frei wählen zu können. Und so sind viele Entscheidungen von
anderen für sie getroffen worden. Sie berührt ihre empfindlichen Brüste und den
gewölbten Bauch, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumt, und sie kann
es noch immer nicht glauben. Warum musste es ausgerechnet sie treffen?
    Wie kann Johnny tot sein?
    Sie hat nie genau nachgefragt, was ihm zugestoßen
ist. Stattdessen hat sie sich einfach aus dem Staub gemacht und ihr Geheimnis
mitgenommen.
    Es tut mir Leid, denkt sie und hofft, dass er, ganz gleich, wo er auch sein
mag, versteht, was in ihr vorgeht. So wie früher, nur anders. Vielleicht kann
er jetzt ja sogar ihre Gedanken lesen. Vielleicht begreift er, warum sie sich
zurückgezogen und sich einfach damit abgefunden hat, dass es Selbstmord war.
Möglicherweise hatte er ja wirklich Depressionen. Oder Angst, nicht mehr
gesund zu werden. Auch nicht für eine Minute hat Lucy angenommen, dass sein
Bruder ihn auf dem Gewissen hat. Und sie hat ebenso wenig in Erwägung gezogen,
dass es einen anderen Täter geben könnte. Doch dann hat Marino den geheimnisvollen
Anruf von Hog erhalten.
    „Du musst aufstehen“, sagt sie zu Stevie.
    Lucy greift nach der .380er Colt Mustang, die auf
dem Nachttisch liegt.
    „Los, wach auf.“
     
    Basil Jenrette liegt auf dem stählernen Bett in
seiner Zelle unter einer dünnen Decke, deren Material im Brandfall keine
giftigen Gase wie zum Beispiel Zyanid ausdünsten würde. Die Matratze ist auch
dünn und hart und würde ebenfalls keine Gase produzieren, wenn es einmal
brennt. Die Giftspritze wäre sicher unangenehm geworden, der elektrische Stuhl
vermutlich noch schlimmer - aber die Gaskammer, nein! Nach Atem ringen, keine
Luft mehr kriegen, ersticken! Mein Gott, nein!
    Wenn er sich beim Bettenmachen die Matratze ansieht,
muss er stets an Feuer und an Luftnot denken. So etwas hat nicht einmal er
verdient! Zumindest ist er niemals mit einem anderen Menschen so umgegangen wie
sein Klavierlehrer mit ihm, bis Basil den Klavierunterricht schließlich
abgebrochen hat, da konnte seine Mutter mit dem Gürtel auf ihn einprügeln, wie
sie wollte. Er hat sich standhaft geweigert, sich noch einmal in eine Situation
zu begeben, in der ihm die Luft abgeschnürt wird, bis er zu würgen anfängt und
beinahe erstickt. Jahrelang hat er kaum noch daran gedacht, bis die Gaskammer
zum Thema wurde. Obwohl Basil genau weiß, dass Gefangene in Gainesville mit der
Giftspritze hingerichtet werden, haben ihm die Wachen immer wieder mit der
Gaskammer gedroht und gelacht, wenn er sich zitternd vor Angst auf dem Bett zusammenkrümmte.
    Nun braucht er sich nicht mehr mit der Gaskammer
oder anderen Hinrichtungsmethoden zu beschäftigen. Er ist nämlich ein
wissenschaftliches Forschungsobjekt.
    Lauschend wartet er darauf, dass sich die Schublade
unten an der Stahltür bewegt, dass sie sich öffnet und er sein Frühstückstablett
bekommt.
    Dass es draußen hell ist, kann er nicht sehen, weil
seine Zelle kein Fenster hat. Aber die Geräusche des Wachpersonals, das seine
Runden macht, sagen ihm, dass es früher Morgen sein muss. Schubladen gleiten
auf und knallen zu, als man den anderen Häftlingen ihre Eier mit Speck und ihre
Brötchen hineinschiebt. Manchmal sind es Spiegeleier, manchmal Rühreier. Basil
kann

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