Deichgrab
Einkaufskorb und schlenderte zwischen den Regalen herum.
Eine Packung Salzstangen und eine große Flasche Coca-Cola legte er in den Korb. Vielleicht würde der alte Geheimtipp gegen Haies Übelkeit helfen. An der Kasse packte er die beiden Sachen auf das kurze Laufband. Die alte Frau tippte die Preise in die Kasse ein und hielt ihm wortlos ihre Hand entgegen.
In der Tür stieß er mit einer alten Frau zusammen.
»Entschuldigung«, sagte er freundlich und hielt der Frau die Tür auf.
Die blickte ihn ängstlich an, zwängte sich ohne ein Wort an ihm vorbei in den Laden.
»Moin Frieda«, hörte er die alte Kassiererin die Frau begrüßen, noch ehe die Tür wieder zugefallen war.
Er blickte sich um und betrachtete die Frau durch die Glastür hindurch. Sie wirkte alt und gebrechlich. Ihr Gang war gebückt, so als trage sie eine schwere Last auf ihrem Rücken.
Kurz überlegte er, ob er noch einmal zurück in den Laden gehen sollte. Er könnte so tun, als habe er etwas vergessen. Vielleicht konnte er diese Frieda in ein Gespräch verwickeln.
Er sah, wie sie hastig nach einem Einkaufskorb griff und eilig hinter einem der Regale verschwand. Diese verschreckte, kleine Frau würde nicht mit ihm sprechen. Er drehte sich um und begab sich auf den Heimweg.
Als er das Wohnzimmer betrat, lag Haie mit weit geöffneten Augen auf dem Sofa.
»Ich bin wieder da.«
Haie sprang wie vom Blitz getroffen plötzlich auf.
»Dieses verdammte Kribbeln in meinen Beinen! Es will einfach nicht aufhören! Ich habe gedacht, wenn ich nur ganz ruhig daliege, geht es weg. Aber es wird immer schlimmer!«
Wie ein Tiger im Käfig wanderte er im Wohnzimmer hin und her.
»Und weißt du, was das Schlimmste ist?«
Er blieb für einen kurzen Moment am Fenster stehen und starrte mit ausdruckslosem Blick hinaus.
»Es hat doch alles keinen Sinn! Mein ganzes Leben ist ein einziger Scherbenhaufen!«
Er ging zurück zum Sofa, ließ sich auf das Polster fallen und schlug die Hände vor’s Gesicht. Tom hörte ein leises Schluchzen. Er setzte sich neben ihn.
»Das wird schon wieder. Das ist alles nur ...«
Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da sprang Haie vom Sofa auf und rannte ins Bad. Durch die offene Tür hörte er, wie Haie sich schon wieder übergab.
Als er mit geröteten Augen und blassem Gesicht nach einer Viertelstunde endlich wieder aus dem Bad erschien, sagte Tom mit fester Stimme:
»Komm, ich fahre dich ins Krankenhaus!«
In der Notaufnahme herrschte Hochbetrieb. Die Dame an der Anmeldung reichte Haie eine Metallschale.
»Falls Ihnen wieder schlecht wird.«
Sie bat die beiden, im Warteraum Platz zu nehmen.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich aufgerufen wurde. Tom begleitete ihn bis zur Tür des Untersuchungsraumes und ging anschließend in die Eingangshalle. Er holte sein Handy aus der Tasche und rief Marlene an.
»Hallo Tom!«
Er schloss seine Augen. Es tat gut, ihre Stimme zu hören. Kurz erzählte er ihr, was passiert war.
»Scheinbar ist es doch etwas Ernsteres!«
»Oh, das tut mir leid!«
»Kannst du kommen?«
Ohne darüber nachgedacht zu haben, hatte er spontan seinen Wunsch nach ihrer Nähe geäußert. Und als sei es das Selbstverständlichste von der Welt antwortete sie:
»Natürlich, ich komme gleich!«
Nur eine halbe Stunde später sah er sie über den kleinen Vorplatz auf die Eingangstür zueilen. Er hatte in der Eingangshalle gewartet, nun stand er auf und winkte ihr aufgeregt zu. Sie umarmte ihn kurz.
»Was ist mit Haie?«
»Ich weiß es nicht. Lass uns in die Notaufnahme gehen und nachfragen. Vielleicht ist er schon fertig.«
Die Dame an der Aufnahme sagte, man habe Haie in den zweiten Stock gebracht.
»Zimmer Nummer 245«, las sie von einer Liste ab.
Sie nahmen den Aufzug. Die Sorge über den Freund ließ seine Abneigung gegen Krankenhausfahrstühle in den Hintergrund treten. Nur wenig später standen sie vor der Tür mit der Nummer 245. Er klopfte vorsichtig.
Haie lag in einem Bett neben dem Fenster. Das Nachbarbett war nicht belegt und mit einer Plastikfolie abgedeckt.
Als er die beiden sah, versuchte er zu lächeln. Tom trat ans Bett und legte seine Hand auf seinen Arm.
»Mensch, was machst du denn für Sachen? Was ist los? Was hat der Arzt gesagt?«
Haie zog verlegen die Bettdecke etwas höher. Die Schwestern hatten ihn in ein Krankenhaushemdchen gesteckt. Seine Sachen lagen gefaltet auf einem Stuhl neben dem Fenster.
»Der Arzt weiß noch nichts Genaues. Man hat mir
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