Dein Auftritt Prinzessin
gelaufen. Der Tourismusminister versucht, eine parlamentarische Entscheidung zu verschleppen, indem er eine Endlosrede hält und den Argumenten des Finanzministers widerspricht. Bevor er nicht zu quatschen aufhört und sich endlich wieder hinsetzt, kann über das Thema nicht abgestimmt werden. Er redet jetzt schon seit geschlagenen zwölf Stunden und achtundvierzig Minuten. Ich kapier nicht, warum Dad ihn nicht festnehmen und in den Kerker werfen lässt.
Allmählich schwant mir, dass ich aus dieser Ballsache nicht mehr rauskomme.
Eben hat Mom den Kopf zur Tür reingesteckt. »Vielleicht solltest du langsam mal mit Michael reden«, hat sie gesagt, »und ihn vorwarnen, dass du Freitag nicht mit ihm wegkannst. Hey, schreibst du etwa wieder Tagebuch? Hast du keine Hausaufgaben auf?«
Um sie vom Thema Hausaufgaben abzulenken (die ich natürlich mache, ich hab nur gerade eine kleine Pause eingelegt), sagte ich: »Ich rede erst mit ihm, wenn ich mit Dad geredet hab. Wieso soll ich riskieren, dass er mit mir Schluss macht, wenn Dad hinterher vielleicht sagt, dass ich gar nicht zu dem blöden Ball muss.«
»Mia!« Mom verdrehte die Augen. »Michael macht nicht mit dir Schluss, bloß weil du eine familiäre Verpflichtung wahrnehmen musst.«
»Da wär ich mir aber nicht so sicher«, sagte ich düster. »Dave Farouq El-Abar hat heute mit Tina Schluss gemacht, nur weil sie ihn nicht zurückgerufen hat.«
»Das ist was anderes«, meinte Mom. »Es ist einfach unhöflich, nicht zurückzurufen.«
»Aber Mom!« Allmählich bin ich es echt leid, Mom immer alles doppelt und dreifach erklären zu müssen. Mir ist es ein Rätsel, wie sie in ihrem Leben auch nur einen einzigen Freund an sich binden konnte (genau genommen sogar zwei), obwohl sie offensichtlich keine Ahnung von der Kunst des Umgangs mit Männern hat. »Wenn du immer verfügbar bist, verliert der Junge doch das Interesse. Männer sind Jäger. Sie wollen die Frauen erobern.«
Mom sah mich misstrauisch an. »Sag nichts, lass mich raten. Das hast du auch von deiner Großmutter, oder?«
»Öh.. ja.«
»Dann geb ich dir jetzt mal einen kleinen Tipp, den ich von meiner Mutter bekommen hab«, sagte Mom, was mich überraschte. Mom hat ja kein so gutes Verhältnis zu ihren Eltern, weshalb sie eher selten irgendwelche Ratschläge von ihnen erwähnt, die es wert wären, an ihre Tochter weitergegeben zu werden.
»Wenn du schon jetzt davon ausgehen kannst, dass du Michael am Freitag vielleicht noch absagen musst, wäre es vielleicht besser, ihn mit der Die-Katze-ist-auf-dem-Dach-Methode schonend darauf vorzubereiten.«
Natürlich begriff ich kein Wort. »Die-Katze-ist-wo?«
»Auf dem Dach«, wiederholte Mom. »Du solltest ihn schon mal seelisch auf die Enttäuschung vorbereiten. Nehmen wir mal an, Fat Louie würde was Schlimmes zustoßen,
während du in Genovia bist …« Mir muss wohl die Kinnlade runtergeklappt sein, Mom sagte nämlich hastig: »Keine Sorge, ihm ist ja nichts passiert. Ich sage nur, wenn … Das würde ich dir ja auch nicht einfach so am Telefon hinknallen. Ich würde dich sanft darauf vorbereiten. Ich würde sagen: ›Mia, Fat Louie ist durch dein Fenster entwischt. Jetzt hockt er oben auf dem Dach und kommt nicht mehr runter. ‹«
»Aber das wäre doch kein Problem«, wandte ich ein. »Ihr müsst bloß über die Feuerleiter aufs Dach klettern und einen Kissenbezug mitnehmen. Dann schleicht ihr euch an ihn ran und werft den Bezug über ihn, hebt ihn hoch und tragt ihn wieder runter.«
»Schon klar«, sagte Mom. »Aber mal angenommen, ich würde sagen, dass ich es versuche, dich aber am nächsten Tag anrufen und behaupten, Fat Louie sei abgehauen und säße jetzt auf dem Dach vom Nachbarhaus …«
»Dann würde ich dir sagen, du sollst nebenan klingeln und dort aufs Dach gehen.« Mir war echt nicht klar, worauf sie hinauswollte. »Wie kann so was überhaupt passieren! Hab ich dir nicht schon tausendmal gesagt, dass du das Fenster in meinem Zimmer nie aufmachen darfst? Du weißt doch genau, wie gern er den Tauben zuschaut. Louie hat da draußen keine Chance.«
»Und genau deshalb«, sagte Mom, »würdest du wahrscheinlich auch nicht erwarten, dass er zwei Nächte im Freien übersteht, oder?«
»Niemals!« Ich war den Tränen nahe. »Das würde er auf keinen Fall überleben.«
»Siehst du. Du wärst also seelisch vorbereitet, wenn ich dich am dritten Tag anrufen und dir sagen würde, dass Fat Louie trotz all unserer Bemühungen leider tot
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