Dein Blick so kalt
ihr zu suchen. Lou stellte tausend Fragen. Irgendwann kam auch Meo herein. Er sah ernst aus. »So wie es aussieht, werden wir den Fall restlos klären können. Bär liegt zwar noch im Koma, doch in seiner Wohnung haben wir allerlei gefunden.« Er erzählte, was Bär in die Cola gemischt hatte. Thaliumsulfat. Ein schnell wirkendes Gift, mit dem man Ratten und Mäuse beseitigte. In einem Altbau, für den Bär als Hausverwalter zuständig war, hatte es im Frühjahr ein Rattenproblem gegeben. Er hatte das Mittel ganz legal bezogen. Es war dasselbe Mittel, mit dem er auch Daniela Schneider getötet hatte. Lou wurde es ganz flau. Sie hatte Glück gehabt… und Lysander, wenn er nicht so hartnäckig gewesen wäre… Lou verbot sich, diesen Gedanken zu Ende zu spinnen.
Meo erzählte, dass seine Kollegen von der Spurensicherung einen Schlüssel bei Bär gefunden hatten, der zu Onkel Achims Wohnung passte. »Woher er ihn hat, ist im Moment noch unklar. Aber es war für ihn kein Problem, deinem Onkel die Beweise unterzuschieben.«
Irgendwann schwirrte Lou der Kopf. Sie musste jetzt dringend mal eine Runde schlafen.
80
Knapp eine Woche musste Lou im Krankenhaus bleiben, bis ihre Nieren wieder einigermaßen gut funktionierten. Die waren nämlich kurz davor gewesen zu streiken und auch jetzt war ihre Funktion noch eingeschränkt. Der Arzt hatte ihr erklärt, dass sich das vermutlich auch nicht mehr wesentlich verbessern würde und sie daher in Zukunft ihre Nieren hegen und pflegen und immer ausreichend trinken musste. Das sollte ja kein Problem sein.
In dieser Woche bekam Lou mehrmals Besuch von Meo und seinem Kollegen Moritz Russo. Sie machte ihre Aussage und versuchte, alle Fragen zu beantworten. Auch wenn es schwerfiel. Aber sie wollte, dass Bär sein Leben lang ins Gefängnis musste, dass er nie wieder rauskam und deswegen musste sie sich erinnern.
Die Highlights dieser Tage waren ohne Frage Lysanders Besuche. Allerdings verschwand er jeden Nachmittag gegen vier und gab sich geheimnisvoll, wenn Lou fragte, was er denn vorhatte. Auch ihre Eltern erschienen täglich und Jem, Bea, Mark, Dave, einfach alle besuchten sie. Sogar Caro kam mit Ferdi angedüst. Nicht aus Straubing, sondern aus München-Giesing. Dort hatte er Knall auf Fall ein WG-Zimmer übernehmen können und war gestern eingezogen. Caro hatte ihm natürlich beim Umzug geholfen.
Am zweiten Tag tauchten auch Onkel Achim und Tante Ute auf. Er sah ein wenig angeschlagen aus. »Louischen, Louischen«, begrüßte er sie. »Du machst Sachen. Und mit dir macht man Erfahrungen.« Sein Haar war ein wenig grauer geworden. Jedenfalls sah es so aus.
»Kann ich doch nichts dafür. Oder?« Sie zuckte mit den Schultern und lächelte verlegen. Armer Onkel Achim.
»Stimmt auch wieder. Wie geht es dir?«
»Könnte nicht besser sein. Einem Irren grad noch entkommen, das Praktikum sausen lassen, Lehrstelle so fern wie der Mars, dafür verliebt wie nie.« Sie grinste ihn an. »Also so insgesamt betrachtet, eigentlich eine positive Bilanz.«
Onkel Achim lachte. »Lysander ist wirklich ein toller Junge. Und wegen des Praktikums… ich habe doch mal meinen Patienten erwähnt, der Kreativchef in einem Verlag ist. Sie suchen ab Herbst zwei Praktikanten für ein halbes Jahr. Ich habe ihm von dir erzählt und dich über den grünen Klee gelobt. Also, wenn du wieder fit bist, sollst du ihn anrufen.«
»Nee. Oder? Onkel Achim, du bist echt klasse.« Doch dann überlegte sie, was ihre Eltern wohl dazu sagen würden, und ein Schatten legte sich über ihre Freude. »Pa und Mam werden das nicht erlauben.«
Tante Ute mischte sich ein. »Kommt Zeit, kommt Rat. So, wie ich dich kenne, wirst du sie schon weichkochen«, sagte sie schmunzelnd.
Die Tage vergingen elend langsam. Lou wollte hier raus und war froh, als der Arzt am Samstag bei der Morgenvisite verkündete, dass die Nierenwerte nun einigermaßen stimmten und Lou mittags entlassen würde.
Natürlich rief sie mit dem neuen Handy, das Pa ihr mitgebracht hatte, sofort Lysander an und bat ihn, sie abzuholen. Doch mittags kamen ihre Eltern. Lysander hatte noch etwas zu erledigen. Ein wenig war Lou enttäuscht. Doch was blieb ihr schon übrig? Sie ging brav mit Pa und Mam chic essen und anschließend fuhren sie in Tante Utes Wohnung.
Dort war alles wie immer. Doch von ihrer Mam erfuhr Lou, dass ihre Sachen erst gestern von der Polizei freigegeben worden waren. Bär hatte alles aus der Wohnung geschleppt, damit es aussah, als ob Lou
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