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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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dem Boden stand eine volle Colaflasche. Sonst nichts. Kein Geschirr. Keine Essensreste. Die Synapsen in Lysanders Gehirn stellten die Verbindung rasend schnell her. Plötzlich wusste er es: Bär hatte Daniela vergiftet und plante dasselbe mit Lou. Das Gift war in der Cola. So musste es sein. Auf der Matratze, von der er nur ein Stück sehen konnte, da sie sich im toten Winkel der Kamera befand, bewegte sich etwas. Ein Fuß erschien im Bild. Lous Fuß. Er hätte heulen können. Gleichermaßen vor Angst und Panik, wie vor Erleichterung. Sie lebte. Doch sie durfte nicht von der Cola trinken. Tu es nicht, Lou! Bitte!

69
    Wo war dieser Keller? Wer konnte ihm das sagen? Ben. Ben konnte das wissen. Jedenfalls, wenn der Keller in einem der Häuser der Anlage war. Er musste Ben holen. Doch das Gefühl, keine Zeit verlieren zu dürfen, hinderte ihn daran. Lysander zog das Handy hervor, wählte die Fotofunktion aus, fotografierte den Monitor und spurtete aus der Wohnung.
    Vorm Lift standen die Sanitäter mit der Bahre, auf der Bär lag. Lysander lief die vier Etagen hinunter, hechtete aus dem Haus, hinüber zur Wohnung der Hausmeisterin. Die kam grad mit dem Handwerker aus der Waschküche. »Was ist denn das für ein Auftrieb? Notarzt. Polizei.« Ihr Mund blieb für einen Augenblick offen stehen, als weitere Polizeifahrzeuge auf das Areal einbogen. Mehrere Streifenwagen, ein Einsatzbus, ein metallicgrauer Van mit getönten Scheiben und einer großen Antenne auf dem Dach.
    Der Konvoi stoppte. Russo und Meo stiegen aus dem ersten Wagen, Mertens aus dem dahinter. Als Meo Lysander entdeckte, kam er zu ihm herüber. »Hi Lysander. Was ist mit Bär?«
    »Zuckerkoma. Sie bringen ihn grad ins Klinikum Großhadern. Er kann uns nicht sagen, wo er Lou gefangen hält.« Ein Klumpen setzte sich in seinen Hals. »Sie muss in einem der Keller hier sein. Auf Bärs PC sind Bilder der Überwachungskamera zu sehen.«
    »Warst du etwa in der Wohnung?«
    »Logisch.«
    »Okay. Wir werden Lou finden. Deswegen sind wir hier. Das ist die Operation, die ich dir nicht verraten konnte.« Meo wies auf die zahlreichen Kollegen, die mittlerweile hier rumwuselten. »Wir haben das Typenschild rekonstruiert. Die Überwachungskamera, die Bär verwendet, ist funkgesteuert. Ihre Reichweite beträgt nur zweihundert Meter. Bei all dem Beton, der hier verbaut wurde, sogar deutlich weniger. Lou muss irgendwo hier sein.«
    »Meo, kommst du?« Einer der Kollegen stand vor dem Van und winkte herüber.
    »Klar ist sie hier. In einem Keller…«
    »Wir werden die Kamera orten und Lou so finden. Dafür haben wir in diesem Wagen jede Menge Technik.« Meo wies auf den Van mit der Antenne.
    »Lou ist…«
    »Ich komme schon«, rief Meo dem Kollegen zu. »Ich muss jetzt… Und du verkrümelst dich.« Mit diesen Worten eilte Meo zum Van.
    Er hatte einfach nicht zugehört. Einen Moment sah Lysander seinem Bruder nach, der in dem mit Technik beladenen Van verschwand. Okay, sicher gab es unzählige Keller in diesen fünf Häusern. Sollte Meo es mit Technik versuchen. Er würde Ben und seine Mutter fragen. Zwei Wege. Ein Ziel.

70
    Lou wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit sie aufgewacht war und die Colaflasche entdeckt hatte. Ungläubig hatte sie ins helle Neonlicht geblinzelt und zuerst an eine Fatamorgana geglaubt. Eine weitere Sinnestäuschung. Als ihr die Idee kam, sie könnte echt sein, stöhnte sie auf, spürte beinahe schon, wie kühle Cola über ihre Lippen lief, die Mundhöhle flutete, gurgelnd die Kehle hinabrann, den Magen überschwemmte und jede Zelle ihres Körpers sich gierig mit Flüssigkeit vollsog wie ein Schwamm.
    Vorsichtig streckte sie die Hand aus, in der Erwartung, ins Leere zu greifen, und zuckte dann regelrecht zusammen, als ihre Finger kühles Plastik berührten. Die Flasche war echt. Literweise Cola. Und dann die Erkenntnis: Er hatte ihre Bitte erhört. Er war hier gewesen! Und sie hatte es verpennt! Wie viel Zeit war vergangen, seit sie sich vor ihm in den Staub geworfen hatte? Stunden? Tage? Sie wusste es nicht. Vielleicht hatte sie gar nicht geschlafen, sondern war ohnmächtig gewesen. Der klopfende Schmerz tobte noch immer in ihrem Kopf. Cola! Gierig griff sie nach der Flasche, löste hastig den Schraubverschluss. Sie registrierte, dass er knackte. Die Flasche war also vorher nicht geöffnet gewesen. Nichts war darin. Sie konnte die Cola trinken. Sie musste keine Angst haben.
    Doch Mister Arschloch hatte Daniela vergiftet.
    Langsam stellte

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