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Dein Blick so kalt

Dein Blick so kalt

Titel: Dein Blick so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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Dazu gehören nicht nur Lernbereitschaft und Engagement, sondern auch die sogenannten Soft Skills, wie Teamfähigkeit, Höflichkeit und natürlich auch Pünktlichkeit.« Beim letzten Wort sah sie Sylke direkt in die Augen. Die strich mit einer anmutigen Geste die Haare über die Schultern. »Oh. Es tut mir leid. Aber ich hab ewig keinen Parkplatz gefunden und musste jetzt auf dem Gehweg parken«, flötete sie. »Außerdem sind es ja nur fünf Minuten.«
    Ob der Gehweg der richtige Parkplatz war, wagte Lou zu bezweifeln. Doch das konnte ihr egal sein. Im Moment war sie vor allem eines: total gefrustet. Silke sah nicht nur beeindruckend gut aus, sie wirkte so erfahren und selbstbewusst. Als hätte sie Lous Gedanken gelesen, musterte ihre Mitpraktikantin sie eingehend von Kopf bis Fuß. Ein Lächeln umspielte ihre rosé geschminkten Lippen. Schlagartig fühlte Lou sich abgewertet. Klar, sie trug kein Designer-Outfit, nur Bermudashorts und eine Batikbluse anno 68. Make-up benutzte sie so gut wie nie und einen Lippenstift besaß sie zwar, doch der musste längst eingetrocknet sein, und ihre Haare waren von der Fahrt auf dem Rad sicher ganz zerzaust. Verunsichert fuhr sie mit den Fingern hindurch. Zwei gegensätzlichere Bewerberinnen um die Lehrstelle konnte man sich kaum vorstellen. Trotzdem gab sie sich einen Ruck. »Hi Silke.« Lou reichte ihr die Hand.
    »Sylke. Mit Ypsilon. Nicht Silke.« Im Braun von Sylkes Augen glomm ein belustigter Funke.
    Also gut, dann eben Sylke mit Ypsilon, dachte Lou. »Louise. Aber alle nennen mich Lou.«
    Franziska Wenzel schlug vor, erst einmal die Räume zu besichtigen und die Kollegen vorzustellen. Die beiden Mädchen folgten ihr durch den Flur, vorbei an den gerahmten Postern der Snowboard-Kampagne und anderen Arbeiten der Agentur und betraten einen großen, hohen Raum mit Stuckdecke, in dem mehrere Schreibtische standen. »Hier ist unsere Kreativabteilung.« Franziska Wenzel stellte Peter Burger vor. Er war Anfang dreißig und Grafiker. Ein sympathischer Kerl mit grünen Augen und blonden Haaren, die so akkurat saßen wie das Poloshirt und die Ralph-Lauren-Jeans, die er trug. Er reichte erst Lou die Hand, dann Sylke und hielt sie einen Augenblick länger, als nötig. Sylkes Kinn stieg ein wenig in die Höhe. Sie schlug die Augen nieder.
    Klimperwimper, ich bin ein Weibchen, dachte Lou gehässig und schämte sich im selben Moment. Schwups hatte sie Sylke mit Ypsilon in eine Schublade gesteckt, ohne sie zu kennen.
    Neben Peter Burger saß Jeremy Schmidt. »Jem«, stellte er sich vor. Er hatte vor wenigen Wochen sein Grafikstudium beendet und arbeitete zurzeit als bezahlter Praktikant bei Döhrig Communications in der Hoffnung auf Festanstellung. Ein schlaksiger Typ mit Piercings in den Ohren. Trotz der Hitze trug er schwarze Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Dann lernten sie noch Mike Behrens kennen, den Texter und Kontakter der Agentur, dessen Schreibtisch am Fenster stand. Er war in ein Telefonat vertieft und hob grüßend die Hand. Auf Lou wirkte er gemütlich und nett. Das lag vermutlich an etlichen Kilos Übergewicht und der Nerd-Brille, die er trug.
    »Und hier sind eure Plätze.« Franziska Wenzel deutete auf zwei Schreibtische, die sich im hinteren Teil des Raums gegenüberstanden. Einer mit Blick zum Fenster und der andere mit dem Rücken dazu. Auf jedem standen ein Mac und ein Telefon. »Ich nehme den hier.« Sylke wies auf den Tisch mit Sicht zum Fenster. Na super, dachte Lou. Dann blieb für sie nur der Mac, in dem sich ganz sicher das Fenster spiegelte. Wenn die Sonne hereinschien, würde das ein echtes Problem werden. Aber Probleme ließen sich meistens lösen. Ihr würde schon etwas einfallen.
    »So, dann stelle ich euch noch Julian Döhrig vor, den Inhaber unserer kleinen, aber feinen Agentur.«
    Das Büro des Chefs war so, wie Lou es unwillkürlich erwartet hatte. Riesengroß. Voller Designermöbel und mit einem Teppichboden ausgelegt, der jeden Schritt dämpfte. Linker Hand eine Besprechungsecke mit Ledercouch und Sessel. An den Wänden gerahmte Arbeiten der Agentur und eine Auszeichnung vom ADC of Europe für die Snowboard-Kampagne. Lou lief ein ehrfürchtiger Schauer über den Rücken. Eine Auszeichnung des Art Director Clubs. Wow!
    Vor dem Fenster stand ein schlichter Schreibtisch mit Computer. Dahinter saß ein umwerfend gut aussehender Mann. Haare wie erkaltete Lava, blaue Augen, markantes Gesicht, gepflegter Dreitagebart.
    Zuerst begrüßte er Sylke, die er ja

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