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Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Titel: Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marias
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Füße – Breite und Länge, Höhe, Spann und tätowierbare Ferse –, im Vertrauen, sagte er bescheiden, taktvoll und in einem bemerkenswerten Englisch, daß das Resultat zu meiner Zufriedenheit ausfallen und ich mich ermutigt sehen würde, dem Beispiel meines Chefs zu folgen und in Zukunft weitere Paare bei ihm in Auftrag zu geben, aus England oder aus Spanien, jedenfalls kaufte auch ich zwei Paar, obwohl sie sehr teuer waren, freilich mit ausgezeichneten Ergebnissen und allgemeiner Verbesserung meiner Erscheinung auf Bodenhöhe. (Und dabei hatte ich einst befürchtet, Tupra könnte hohe Stiefel oder Holzpantinen oder etwas Schlimmeres tragen, wenn es das gibt.) Das Seltsame war, daß sowohl meine Paare als auch die von Reresby gekauften jeweils englische Marken waren, von denen ich nie gehört hatte – vielleicht weil sie so exquisit waren –, Edward Green, Northampton, tätig seit 1890 , und Grenson, ich weiß nicht wo, seit 1866 . Mir kam es extravagant vor, nach Berlin zu reisen, um sie dort zu erwerben – er wählte ein Modell namens Hythe und ein weiteres namens Elmsley, ersteres in › Chestnut Antique ‹ und letzeres in ›Burnt Pine Antique‹, ich ein Paar Windermere in ›Black‹ und ein Paar Berkeley in ›Tobacco Suede‹ –, statt sie in unserem Land zu kaufen, ich meine, in dem Tupras und dem, wo ich lebte. Nach der Zeremonie des Maßnehmens, die mit extremer Sorgfalt und mit Feingefühl vom Besitzer und einzigen Angestellten durchgeführt wurde, ging Tupra mit von Truschinsky ins Hinterzimmer, wo sie sich hinter dem Vorhang etwa fünfzehn Minuten lang unterhielten, während ich mir die Zeit vertrieb, indem ich mir Kataloge für elegante Schuhe anschaute, weshalb ich jetzt so viel über die wahren Bezeichnungen ihrer Farben weiß und daß einige von denen, die ich trage, der außergewöhnliche John Hlustik kreiert hat, was mir damals nicht viel sagte, mir aber bedeutsam und tschechisch vorkam. Das Gemurmel, das zu mir drang, war kein Englisch, ich hatte auch nicht den Eindruck, daß es sich um Deutsch handelte.
    Wie in York ließ er mich in Berlin niemanden übersetzen und auch mit niemandem Bekanntschaft schließen. Er gab mir frei, er lud mich nicht zu einem Abendessen ein, zu dem er sich mit Leuten aus der Stadt traf. Auf dem Rückflug dachte ich, daß er mich wenigstens nach dem Schuhmacher fragen würde, nach meiner zwangsläufig oberflächlichen Meinung, und womöglich mit Verspätung nach Mr. Wildgust, obwohl ich bei keinem der beiden Gespräche zugegen gewesen war. Da Tupra mir jedoch nach einer etwas unbehaglichen Stunde von noch immer nichts anderem als Pferderennen und Fußball erzählte (ihn empörten der unnatürliche russische Reichtum und die portugiesische Anmaßung seiner Lieblingsmannschaft Chelsea, konnte ich nicht widerstehen, ihn zu fragen:
    »Nur so aus Neugier: In welcher Sprache habt ihr eigentlich gesprochen, als ihr allein wart, Mr. von Truschinsky und du?«
    Er schaute mich mit so gut gespielter Überraschung an, daß mir sogar Zweifel kamen, ob sie nicht vielleicht doch echt war.
    »In welcher Sprache sollten wir schon sprechen, auf Englisch. So wie mit dir, warum hätten wir wechseln sollen. Außerdem kann ich kaum Deutsch.«
    Es stimmte nicht, das mit dem Englischen, aber ich wollte mich nicht streiten. Also wechselte ich das Thema, oder vielleicht nicht ganz:
    »Hör zu, Bertram. Ich verstehe, daß du mich nach Bath und Edinburgh mitgenommen hast, ich hoffe, daß ich dir dort von Nutzen gewesen bin. Aber ich kann mir nicht erklären, warum du wolltest, daß ich dich nach York begleite oder warum ich nach Berlin mitgekommen bin. Du hast mir keine Aufgabe zugeteilt, es gab nichts, wobei ich hätte nützlich sein können. Erzähl mir nicht, damit du Gesellschaft hast, weil du ungern alleine reist. In York hattest du die von Jane, obwohl wir davon dann kaum Gebrauch gemacht haben.« Jane Treves hatte an dem Ausflug nach Coxwold nicht teilgenommen und war auch nicht ausgiebig auf dem mittelalterlichen Wehrgang spazieren gegangen. Wir hatten nur mit ihr zu Abend gegessen. Vielleicht hatte Tupra sie ja ohne mich gesehen. Vielleicht, warum nicht, hatte er sehr wohl von ihr Gebrauch gemacht und sie in seinem Zimmer geschlafen.
    »Sie war vollauf mit ihren Verwandten beschäftigt. Ich habe sie vor allem deshalb mit auf die Reise genommen, damit sie Gelegenheit hatte, sie zu sehen. Sie hat sie seit langem nicht mehr besucht. Ich bin mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Sie hat

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