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Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Titel: Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marias
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etwas in den falschen Hals bekommen, nichts Besonderes, Kinderkram. Ich will das aus der Welt schaffen, es hat da ein Mißverständnis gegeben. Aber er darf nicht erfahren, daß ich hier bin. Du erklärst mir einfach, wo sein Büro ist, zu ihm gehen kann ich dann selbst.«
    »Wäre es nicht besser, wenn ich dich ankündige? Er ist ranghöher als ich.«
    Es war, als hätte er mich nicht gehört. Gewieft, was seine Kontakte betraf, aber im Grunde ein Trampel. Das ärgerte mich, fast hätte ich mich auf sein dichtes Haar gestürzt, es war unwahrscheinlich, welche Ähnlichkeit es mit der legendären Mütze Davy Crocketts aufwies, des Königs der Trapper (allerdings fand ich seine Frisur zotteliger als bei anderen Gelegenheiten, vielleicht näherte sie sich allmählich einer russischen Wintermütze an). Ich riß mich ein weiteres Mal zusammen, schließlich war er dabei, mir einen kleinen Gefallen zu tun, den er baldmöglichst zurückfordern würde, er war keiner von denen, die warten.
    »Was habe ich dir gerade gesagt, Garralde. Wenn du mich ankündigst, wird er mich nicht empfangen wollen, und außerdem könntest du dir Scherereien einhandeln, verstehst du das denn nicht?«
    Weil er so ein Kriecher war, brachte dieses letzte Argument seinen Geist ein wenig auf Touren. Um nichts in der Welt wollte er sich einen diensthöheren Kollegen zum Feind machen oder ihm unangenehm auffallen, selbst wenn es sich um keinen direkten Vorgesetzten handelte. Einen Augenblick lang hatte ich Mitleid mit ihm: Wie konnte man nur Rafita de la Garza unterstehen. Unsere Welt ist schlecht geordnet, und es geht ungerecht und korrupt zu, wenn es vorkommt, daß Leute unter dem Befehl eines derartigen Volltrottels stehen. Es war das Jämmerlichste, was man sich vorstellen konnte. Es war freilich eine ebenso schreckliche Vorstellung, daß jemand Garralde über sich haben könnte und ihm gehorchen müßte.
    »Na gut, wie du meinst«, antwortete er. »Aber laß mich wenigstens nachsehen, ob er allein ist. Wenn er in einer Besprechung steckt, würde es dir wenig nützen, unangekündigt hereinzuplatzen. Da könntest du das Mißverständnis nicht klären, das kannst du dir ja denken, vor Zeugen.«
    »Ich komme mit. Da kannst du mir den Weg und die Tür gleich zeigen. Keine Sorge, ich warte draußen, und bevor ich eintrete, lasse ich dir Zeit, dich zu entfernen. Er wird nicht erfahren, daß du etwas mit meinem Besuch zu tun hattest.«
    »Und wann treffen wir beide uns zum Mittagessen?« fragte er mich, bevor wir uns in Bewegung setzten. Er mußte seine Entlohnung sicherstellen, wenigstens den kleineren Teil, den unmittelbaren. Gewiß würde er später versuchen, mir noch etwas mehr abzunötigen, mit Zins und Zinseszins. Aber ich würde darauf pfeifen und auf das Mittagessen womöglich auch. Das würde ihn kurzzeitig verstimmen, aber dann würden sein Respekt und seine Neugier mir gegenüber weiter zunehmen, wenn er merkte, wie wenig ich auf meine Verpflichtungen gab. »Ich möchte das Lokal, das du da erwähnt hast, wirklich gern kennenlernen.«
    »Am Samstag, wenn dir das paßt. Danach muß ich für einige Tage nach Madrid. Ich rufe dich morgen an und wir machen was aus. Ich reserviere.«
    »Gülden!«
    Ich konnte es nicht ertragen, wenn er das sagte. Tatsächlich konnte ich gar nichts an ihm ertragen. Sollte er sich einen anderen Deppen suchen, der reservierte und ihn anrief, irgendeine Ausrede würde ich mir schon einfallen lassen.
    Er führte mich über mit Teppich ausgelegte und einigermaßen labyrinthische Korridore, wir bogen mindestens sechsmal um die Ecke. Am Ende blieb er in vorsichtigem Abstand zu einer halb oder fast ganz offenen Tür stehen, wir hörten Stimmen im Vortragston, oder war es nur eine, es klang, als deklamierte jemand einige Verse in einem sonderbaren, stampfenden Rhythmus, man konnte es nicht sehr gut verstehen, oder vielleicht eine Litanei.
    »Ist er allein?« fragte ich im Flüsterton.
    »Ich bin nicht sicher. Könnte schon sein, auch wenn er redet. Warte, nein, jetzt fällt es mir wieder ein: Heute ist Professor Rico angekommen. Er hält heute abend einen Gastvortrag im Cervantes. Vielleicht proben sie gerade.« Und nun hielt er es für nötig, mich aufzuklären: »Kein Geringerer als Professor Francisco Rico. Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber er ist eine echte Koryphäe, eine hochkarätige Persönlichkeit, und sehr streng. Anscheinend behandelt er Leute, die er für dumm hält oder die ihm lästig werden, wie den

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