Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
Neal richtete sich fragend auf.
„Ich hole mir die Pille, dann brauchen wir keine
Kondome mehr.“
Francis sagte das mit so einer Selbstverständlichkeit,
dass es Neal fast schockierte. Er erhob sich rasant, und es
war, als würde er von seinem Liebesrausch geheilt und
wieder absolut nüchtern sein. Das Kondom schmiss er mit
einem verbissenen Ausdruck in die Büsche, dann schloss er
seine Hose.
„Das machst du nicht“, sagte er bestimmend. „Du bist zu
jung für Hormone.“
Er strich sich durch sein Haar. Als er seine Schwester
auf der Decke liegen sah, überkam ihn erneut ein ungutes
Gefühl.
„Außerdem – soll das ja nicht zur Gewohnheit werden.“
Er drehte sich weg, stieg ins Auto und nahm hinter dem
Steuer Platz. Er gab Francis zu erkennen, dass er den Ort
des Geschehens so schnell wie möglich verlassen wollte.
Als Neal nach einiger Zeit in den Club zurückkam, war
es dort leerer geworden. Die letzten Gäste hatten schon
einiges getrunken, und hier und da trauten sie sich, Neal auf
die hervorragende Leistung der Band hin anzusprechen.
Doch er hatte in diesem Moment wenig Lust auf Small Talks,
und wenig später kam auch André auf ihn zu.
„Wo ist denn Francis?”, fragte er ganz aufgebracht.
„Ich habe sie nach Hause gefahren“, erklärte Neal. Er
nickte Richard zu, der ebenfalls zwischen den Leuten
auftauchte und Neal ein Bier reichte.
„Was geht denn da ab zwischen euch?”, wollte André
weiter wissen. Seine Stimme klang weniger neugierig als
tadelnd.
Neals tat ahnungslos. Nur so, dachte er, konnte er sich
aus dieser verfänglichen Lage befreien. Doch er kannte auch
André, und dem konnte man so schnell nichts vormachen.
„Du bist doch verknallt!”, schrie André ihm plötzlich
mitten in das Gesicht. „Du bist in deine eigene Schwester
verknallt!“
„Spinnst du!?“ Neal schrie gegenan. Einige der
Clubbesucher drehten sich um. Die Situation hätte nicht
peinlicher sein können.
„Mich lehnst du ab, aus Angst vor Gefühlen“, fuhr André
entrüstet fort – seine Lippen bebten – „und mit ihr machst du
rum, ohne schlechtes Gewissen?“
Er schüttelte den Kopf. Sein Gesicht zeigte Zorn. Vor
Wut drangen ihm Tränen in die Augen.
„Das stimmt doch nicht!“ Neal versuchte, die Lage zu
klären, doch dafür war es längst zu spät.
„Du bist das Allerletzte!“
André nahm sein Sektglas, schüttete den Rest des
Inhaltes filmreif über Neals Hemd, dann ließ er das Glas
fallen und flüchtete.
Richard brach augenblicklich in starkes Gelächter aus.
„Was hat der denn?“ Er sah André grinsend hinterher,
dann sah er amüsiert auf Neals nasses Hemd.
Neal war das Lachen allerdings vergangen. Eilig bahnte
er sich einen Weg durch die Gäste, doch als er vor dem Club
trat, sah er André nur noch in ein Taxi steigen und
davonfahren.
III.
Am Sonntag verließ Neal dann erst spät mittags das
Haus. Er war immer noch am Grübeln. Über Francis, über die
Sache mit André, und als er im Übungsraum der Band
ankam, schien ihn dort auch nur Chaos zu erwarten.
Richard und Nils hatten eine laute Auseinandersetzung.
Die Drums waren komplett auseinander gebaut. Nils Bruder
kam Neal die Treppen entgegen. Er trug einige Teile des
Schlagzeugs nach draußen.
„Ich such mir was anderes!”, beschloss Nils. „Ihr seid mir
einfach zu arrogant. Außerdem beginnt mein Studium nach
den Ferien, da habe ich sowieso keine Zeit mehr für euch.“
Er schnappte sich ebenfalls ein paar Teile des
Schlagzeugs und war dann verschwunden.
„Was ist denn hier los?“ Neal sah sich sprachlos um.
„Nils hat die Band verlassen. Ich habe von dem Tape
erzählt – ihm war das wohl alles zu professionell.“
Richard schüttelte den Kopf. Doch er blieb auch in dieser
Situation recht ruhig. Das schätzte Neal an ihm.
„Na ja, besser jetzt, als wenn wir nach England müssen,
und er kurzfristig abspringt.“
Neal setzte sich auf einen der Stühle und blickte auf die
leere Ecke, in der noch eben die Drums standen.
„Hast du die Demos für England schon weggeschickt?”,
fragte er beiläufig.
Richard wandte sich ein bisschen, was mit seiner
pummeligen Figur ziemlich komisch aussah. „Äh, nicht ganz
... Mir fehlen noch die Briefmarken.“
Neal lächelte. Sein Freund war stets knapp bei Kasse,
gab ständig Geld für Computerteile aus und hasste es, seine
Eltern um eine Unterstützung zu beten. Neal reichte ihm ein
paar Geldscheine. „Das müsste wohl
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