Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
gezogen“, erklärte Francis. Sie winkte ihrem Mitschüler zu
und deutete auf den Rücksitz. Thilo öffnete die Tür und stieg
ein.
„Danke, dass ihr mich mitnehmt“, sagte er freundlich.
„Bilde dir bloß nichts darauf ein“, bekam er zur Antwort,
dabei erhaschte er den finsteren Blick von Neal im
Rückspiegel.
Inzwischen fühlte sich Neal von seiner schlechten Laune
verfolgt. Als er den Vormittag an der Uni verbrachte, hielt er
vergeblich Ausschau nach André, doch der schien nicht
anwesend zu sein. Und als Neal am frühen Nachmittag zur
Schule fuhr, erblickte er neben den anderen Schülern nur
Ruth und Lissy, doch keine Spur von seiner Schwester.
Mit seiner schwarzen Corvette fuhr er dicht an die
Mädchen heran und rief:
„Wo ist Francis?“
Lissy traute sich gar nicht zu Wort, so einen Respekt
hatte sie vor dem älteren Bruder ihrer Freundin, doch Ruth
kam sofort näher und lächelte vergnügt.
„Francis ist schon weg. Sie wollte noch zum Arzt.“
Neals Stirn legte sich in Falten. „Was? Wieso das
denn?“
Ruth zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, auf mich
wirkte sie kerngesund.“
Neal bedankte sich und fuhr fort. Die Kleine zieht das
wirklich durch!, durchdrang es sein Gehirn, und dann schlich
sich sogar ein Grinsen auf sein Gesicht. Er konnte sich
denken, bei welchem Arzt Francis war und vor allem –
warum. Und der Gedanke daran gefiel ihm plötzlich. Er
beschloss, ihr nicht mehr ins Gewissen zu reden.
Danach versuchte er sein Glück noch einmal bei André,
doch der öffnete selbst nach mehrmaligen Klingeln nicht die
Tür.
Neal entschied sich, erst gar nicht wieder nach Hause zu
fahren. Er besuchte Carsten, und gemeinsam warteten sie
auf den Abend, wo es sie erneut in den Club lockte.
Sie hatten schon einige Biere getrunken, als Neal
wachsam wurde. Die anderen Jungs interessierten ihn an
diesem Abend nicht sonderlich, doch als er wenige Meter von
sich plötzlich André erblickte, staunte er nicht schlecht.
„Da ist er ja“, kam es aus ihm heraus. „Den ganzen Tag
habe ich versucht, ihn zu erreichen.“
Neal schüttelte den Kopf. Zudem sah er, wie sich André,
bekleidet mit einem dunkelblauen Pailletten-Oberteil und
knallenger, schwarzer Jeans, ziemlich offensichtlich an einen
Typen heranmachte. Neal reckte seinen Hals. Er konnte
sehen, wie sie zusammen lachten und sich tief in die Augen
sahen.
„Mir macht er eine Szene, und sich selbst tröstet er mit
so einem Macker!“ Neal fluchte, was sofort allgemeine
Erheiterung bei Carsten auslöste.
„Ihr seid mir ein Pärchen – zusammen geht es nicht und
auseinander erst recht nicht.“
Neal winkte ab. Ob Carsten mit seiner Andeutung recht
hatte, darüber wollte er eigentlich gar nicht wirklich
nachdenken. Doch als er mitbekam, dass André mit dem
anderen Mann den Club verließ, wurde er sichtlich unruhig.
„Was soll das denn jetzt?“ Er sah den beiden
unzufrieden hinterher und drehte sich vorwurfsvoll in
Carstens Richtung. Der hob resignierend die Hände.
„Dein kleiner Freund scheint sich wirklich schnell zu
trösten – ich kann nichts dafür!“
Neal war richtig aus der Puste geraten, als er die
dunklen Gassen entlang geeilt und schließlich an dem Haus,
wo André wohnte, angekommen war, dort aber kein Licht
brannte.
André und der Fremde hatten ein Taxi genommen; das
war keine halbe Stunde her.
Neal klingelte Sturm, und schließlich surrte der
Türöffner, sodass er eintreten konnte.
André wohnte im dritten Stock. Vorsichtig öffnete er die
Tür und spähte hinaus, war deutlich erstaunt, als er Neal
erblickte.
„Du?“
„Ja!“ Neal drängelte sich an ihm vorbei und betrat die
Wohnung. Dort sah er sich gründlich um. „Wo ist der Typ?”,
fragte er ungehalten, als er von dem fremden Jungen nichts
sah.
André gähnte gequält. Er war schon ungeschminkt, trug
einen Bademantel. Das alles wies darauf hin, dass er nach
seiner Heimkehr gleich zu Bett gehen wollte.
„Er ist mit dem Taxi weiter – zu irgendeiner Party.“
„Ach so.“ Neal entspannte sich. Diese Nachricht kam
unverhofft und doch erleichterte sie ihn in einer
merkwürdigen Art und Weise.
„Dachtest du, ich ziehe mit dem hier eine Nummer ab?“
Neal zuckte mit den Schultern. Unmöglich mochte er
zugeben, dass ihn ein derartiger Gedanke gequält hatte. War
das etwa anfängliche Eifersucht? Was war nur plötzlich mit
ihm los? Schnell verdrängte er diese Eingebung. Er war froh,
dass André ihn überhaupt reingelassen
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