Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
reichen.“
„Danke!“
Nun meldete sich endlich auch Finn zu Wort. Er hatte die
ganze Zeit hinter dem Mikrophonständer gestanden und
nichts gesagt.
„Wieso England?”, fragte er perplex.
„Denkst du, die deutschen Plattenfirmen werden von
unserer Musik begeistert sein?“ Neal verzog das Gesicht.
„Mit viel Glück vielleicht.“ Er stand auf und kam näher. „Aber
in England, da wird man unseren Sound mögen. Da bin ich
mir sicher.“
Er nickte zufrieden, und auch Richard stimmte zu.
„Wie stellt ihr euch das denn vor?“ Finn war außer sich.
„Mich hat niemand gefragt, ob ich ins Ausland möchte!“
Neals Augen wurden weit. Er glaubte einfach nicht, was
er hörte. Wie hatte er sich bloß in seinen restlichen
Bandkollegen so irren können? Sofort kam die Wut in ihm
hoch.
„Dann bleibst du eben hier!”, rief er ungehalten. „Wir
werden einen anderen Gitarristen finden. Einen Besseren!“
Das ließ sich Finn nicht zweimal sagen. Er schnappte
sich seine Gitarre, packte sie wortlos ein und wandte sich
dann der Treppe zu. „Den Verstärker hole ich morgen ab“,
sagte er noch, und es hörte sich sogar erleichtert an.
Als er verschwunden war, sahen sich Neal und Richard
schweigend an.
Ein paar Minuten wussten sie überhaupt nicht mehr, was
zu tun sei, doch dann hatte Neal eine Idee.
„Okay, die Tapes für England mischen wir neu.“ Er
setzte sich, sah an die Decke und schien sich alles bildlich
vorzustellen. „Ich übernehme die Gitarrenparts, die Drums
ersetzen wir durch einen Synthesizer. Neue Musiker suchen
wir erst, wenn es ernst wird.“
Richard strahlte über das ganze Gesicht. „Das klingt
perfekt.“
Am Montag saß die Familie wieder zusammen am
Frühstückstisch. Neal wäre eigentlich auch guter Laune
gewesen, hätte ihn das sanfte Lächeln seiner Schwester
nicht wieder daran erinnert, was vorgefallen und noch immer
nicht aus der Welt geschafft war. Zudem wurmte ihn die
Sache mit André. Auch dort stand ein klärendes Gespräch
aus. Neal hätte sich am liebsten wieder hingelegt, um all den
Tatsachen aus dem Weg zu gehen.
Doch er war kein Feigling, und er war sich zu diesem
Zeitpunkt auch noch sicher, dass er all diese Probleme
bewältigen könnte.
Als er den letzten Schluck Kaffee genommen hatte,
stand er auf.
„Ich nehme dich mit zur Schule.“ Es galt seiner
Schwester, die auch sogleich aufsah. Da Stephanie schon in
der Firma war, ertönte diesmal kein Widerspruch. Peter sah
seine Kinder stattdessen freundlich an. Er hatte bis jetzt nie
etwas dagegen gehabt, dass die Geschwister etwas
miteinander unternahmen.
„Wo warst du denn gestern?”, fragte Francis sofort, als
sie auf dem Weg zum Auto waren.
„Ich hatte einiges zu klären mit der Band“, erzählte Neal.
Und als sie im Wagen saßen, startete er einen erneuten
Versuch, die brenzlige Situation zwischen ihnen zu
entschärfen.
„Es fällt auf, wenn wir jeden Tag etwas zusammen
machen“, fing er an. Nur beiläufig dachte er daran, dass es
schon in seinem Bekanntenkreis aufgefallen war. „Außerdem
habe ich doch gesagt, dass das ein Ende nehmen muss.“
Er sah verbissen aus dem Fenster, denn er konnte sich
denken, dass Francis mit seinen Worten unzufrieden war.
Und sie schaltete sich auch sofort dazwischen.
„Du sprichst ständig davon, es zu beenden, aber du tust
es nicht“, warf sie ihm vor. Mürrisch verschränkte sie die
Arme vor ihrem Bauch. Nun sah sie aus wie ein kleines
Mädchen, doch ihr Verhalten war um einiges reifer. „Ich kann
auch nichts dafür, dass ich mich in dich verliebt habe!“ Ihr
Tonfall wurde lauter, doch sie fing sich ganz schnell wieder.
Erneut kam das Thema Liebe auf den Tisch. Konnte das
denn möglich sein? Konnte das wirklich alles wahr sein?
„Ich mache dir ja gar keine Vorwürfe.“ Neal gab klein bei.
Er sagte nichts mehr. Unmöglich konnte er seiner Schwester
die alleinige Schuld an der Sache geben und zudem merkte
er deutlich, dass er gegen seine Gefühle nicht mehr
ankämpfen konnte – so sehr er es auch gewollt hätte.
Und die Situation eskalierte fast, als sie das Gelände
verließen und Thilo ihren Weg kreuzte.
Da rief Francis erfreut auf. „Halt an, Neal! Lass uns Thilo
mitnehmen!“
Neal trat auf die Bremse, doch nicht aus Höflichkeit,
sondern vor Wut.
„Wer ist das denn jetzt?”, rief er verstört, dabei fixierte er
den hellblonden Jungen, der auch schon auf dem Weg zu
ihnen war.
„Thilo geht auf meine Schule. Er ist neu hierher
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