Dein Glück hat mein Gesicht (Junge Liebe) (German Edition)
raus, durchschoss es Neals Gedankengänge.
Endlich! Zum einen war er erleichtert und zum anderen noch
immer angespannt. Eine bedrückende Stille stellte sich ein.
Dann verzog Stephanie das Gesicht.
„Was? Wie bitte?“
Sie erhob sich vom Tisch, worauf ihr Mann sie an der
Hand festhielt. Er blieb wie immer sehr gefasst.
„Steph, er hat uns gebeten, die Fassung zu bewahren.“
Neal nickte, und Stephanie setzte sich wieder.
„Wir helfen ihr am wenigsten, wenn wir sie verunsichern
oder ihr Vorwürfe machen.“
Er atmete angestrengt. Dann erzählte er, wie lange die
Schwangerschaft schon bestand, und dass sich Francis
ziemlich sicher war, das Kind behalten zu wollen. Seine
Mutter wurde daraufhin ziemlich blass.
„Sie ist doch selbst noch ein Kind“, stellte sie fest. „Wie
konnte das denn passieren? Wer hat ihr das angetan? Wer?“
Neal schluckte. Ihm schoss das Blut zurück in das
Gesicht.
Verkrampft hob er die Schultern an. „Ich weiß es nicht.“
Unsicher sah er zu Boden. Zu seinem Glück fragten sie
nicht mehr nach, sondern standen eher unter Schock.
Stephanie hatte sich als Erste wieder im Griff.
„Ich geh zu ihr“, sagte sie. Sie stand wieder auf.
„Mach ihr keine Vorwürfe“, bat Neal erneut. Sie nickte.
Endlich war eine Situation geschaffen, in der sie ihrem
Sohn nicht widersprach.
Doch kaum war sie in Francis’ Zimmer verschwunden,
regte sich Peter. Er sah sichtlich unzufrieden aus. Er faltete
die Hände auf seinem Schoß, sah auf seinen Teller, den
ganzen Tisch, der reichhaltig gedeckt war, und schließlich
sah er zu seinem Sohn, der den Kopf verzweifelt gesenkt
hatte.
„Wenn es stimmt, was ich vermute ...“, begann er mit
einer äußerst ernsten Stimmlage. Angestrengt atmete er aus,
denn sein Sohn machte keine Anstalten, gegenan zu gehen.
„Ich würde dich grün und blau schlagen, wärst du mein
richtiger Sohn.“
Er sagte dies mit einer Gefühlskälte, die Neal selten
erlebt hatte. Und wie immer, wenn es Probleme gab, zog sich
Peter in seine Bibliothek zurück, um dort an der kleinen Bar
einen „Wehmutstropfen“ einzunehmen.
Neal folgte ihm fast geräuschlos. Am liebsten wäre er
gestorben, um nicht weiter miterleben zu müssen, welchen
Kummer er seinem Vater zufügte.
„Ich kann verstehen, dass du mich jetzt hasst.“
Peter schüttelte vehement den Kopf. „So ein Unsinn!“,
fauchte er. „Ich hasse dich nicht.“
Er nahm einen großen Schluck des Cognacs, den er
sich in das Glas gegossen hatte, dann schenkte er auch
seinem Sohn etwas ein und reichte es ihm, ohne ihm direkt in
die Augen zu sehen.
Neals Hände zitterten, als er das Glas zum Mund führte
und den Alkohol durch seine Kehle fließen ließ. Feurig
brannte er in seinem Mund, aber das elende Gefühl in ihm
wurde nicht wirklich besser.
„Ich dachte, nach deinem Geständnis ...“ Peter nahm
das Gespräch wieder auf und konnte kaum ruhig dabei
bleiben. „Ich bin davon ausgegangen, dass ihr das Ganze
beendet habt!“
Neal schüttelte nur wortlos den Kopf. Man sah ihm an,
wie die Last auf ihm lag. Bedrückender hätte die Sachlage
kaum werden können.
„Wir sind dabei, es zu beenden. – Es klappt nicht so
ganz. Und schwanger ist sie schon ganz am Anfang
geworden. Wir haben nicht aufgepasst.“
„Ihr habt nicht ...!?“ Peter biss sich auf die Zunge. So
eine dämliche Aussage hatte er lange nicht mehr gehört. Und
jetzt hörte er so etwas von seinem Sohn? „Bist du noch zu
retten? Junge, was ist denn bloß in dich gefahren?“
Peter schüttelte fassungslos den Kopf, und dann
bemerkte er etwas, was er bei Neal schon lange nicht mehr
gesehen hatte. Sein Sohn weinte. Er hatte den Kopf gesenkt,
sein Körper zuckte unkontrolliert. Als er seinem Vater wieder
in die Augen sah, benetzten die Tränen seine schmalen
Wangen.
„Ich wollte das nicht, Dad“, sagte Neal. Er fuhr sich über
die Augen. „Du glaubst gar nicht, wie ich mich dafür schäme.“
Er drehte sich um und verbarg seine Verzweiflung. „Ich halte
das langsam nicht mehr aus.“ Neal nahm den letzten Schluck
aus seinem Glas, dann wandte er sich wieder um. „Und ich
werde dafür geradestehen.“ Es klang verbissen. Sein
Gesichtsausdruck war gefasst. „Ich werde Francis
unterstützen, wo ich nur kann.“
Peter rannen kalte und heiße Schauer über den Rücken.
Es rührte ihn, und irgendwie spürte er auch Verständnis für
das, was vorgefallen war. Trotzdem wusste er, dass es so
nicht weitergehen konnte.
Er nahm auf dem großen Sessel hinter dem Schreibtisch
Platz
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