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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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von meiner Zelle bis zur Treppe beleuchtet, doch ich drehte mich vom Licht weg und starrte in den dunklen Gang. Jede Faser meines Körpers drängte mich dazu wegzulaufen, doch ich blieb mit klopfendem Herzen stehen und sagte so laut, dass die anderen es hören konnten: »Ich bin draußen.«
    In den Zellen erschien wieder das schwache Leuchten. Es war gerade so hell, dass ich den Gang erkennen konnte. Ich ging zu der Zelle direkt gegenüber, doch sie war leer.
    In der Zelle daneben fand ich den Mann, der mit mir geredet hatte. Er stand dicht an den Gitterstäben und wartete. Seine grauen Augen glänzten vor Erwartung.
    Als ich sein Gesicht sah, verschlug es mir den Atem. »Oh mein Gott.«
    Er runzelte die Stirn. »Was ist?«
    »Nichts«, erwiderte ich, während ich mich mit zitternden Händen daranmachte, das Schloss zu öffnen. »Sie erinnern mich nur an jemanden.«
    Die Tür öffnete sich und der Mann trat heraus. Er war groß, so wie Sebastian, und starrte mich mit seinen grauen Augen durchdringend an. Ein struppiger schwarzer Bart verdeckte sein Gesicht fast vollständig und seine langen Haare waren völlig verfilzt, doch ich hatte keinen Zweifel. Es war, als sähe ich Sebastian an, nur um dreißig Jahre gealtert. Der Mann drängte mich den Gang hinunter.
    Ich öffnete eine Zelle nach der anderen, wobei ich die Insassen nicht so genau musterte. Irgendwie sahen sie alle gleich aus. Schmutzig, mit wirren, verfilzten Haaren und zerrissener Kleidung. Doch ihre Augen brannten. Vor Angst. Angst, in die sich ein Funken Hoffnung mischte, doch noch waren sie viel zu verängstigt, um an die Freiheit glauben zu können.
    Als ich die nächste Zelle erreichte, wich ich entsetzt zurück.
    »Beeil dich!«, zischte die Vogelstimme.
    Ich schluckte und stellte mich vor das Schloss. Meine Hände zitterten noch stärker als bisher. Das Wesen hatte seine Klauen um die Gitterstäbe gekrallt und der spitze, geschwungene Schnabel war nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, während ich mit dem Schlüssel hantierte. Das Schloss öffnete sich. Ich hob den Kopf und blickte in runde schwarze Augen mit einem gelben Ring, in denen ich noch etwas anderes erkennen konnte. Menschlichkeit. Und Traurigkeit. Die Kreatur blinzelte. »Gemacht«, flüsterte sie fast beschämt.
    Ich zog die Tür auf und trat zur Seite, als die fast zwei Meter große Harpyie herauskam. Ich kannte kein anderes Wort, mit dem ich dieses Geschöpf beschreiben konnte. Menschenähnlich, aber auch ein Vogel und zum Fürchten.
    Zwei Zellen waren noch übrig.
    Ich öffnete eine davon, die vollkommen im Dunkeln lag. Eine Frau, die von der Taille abwärts den Körper einer schwarzen Spinne hatte, huschte heraus. Ich wurde blass. »Danke«, sagte die Kreatur und nickte mir zu. Ihr Blick sprach für sich.
    Ach du Scheiße.
    Noch eine Zelle. Ich machte weiter. Ich musste einfach. Es war das Einzige, was mich davor bewahrte, hysterisch zu werden. Mach weiter. Denk später darüber nach. Meine Hände zitterten jetzt so heftig, dass ich um ein Haar den Schlüssel fallen gelassen hätte. Plötzlich legte der Doppelgänger von Sebastian seine große Hand auf meine. »Nein. Er bleibt hier.«
    Ich starrte ihn ungläubig an. »Was?« Der Insasse der Zelle war nicht zur Tür gekommen. An seiner Silhouette konnte ich erkennen, dass er an die Wand gelehnt dasaß, ein Bein an sich gezogen. »Wir können ihn doch nicht einfach hierlassen.«
    »Er ist ein τέρας -Jäger. Genau wie der, den du gerade getötet hast. Er hat einige von uns hier reingebracht. Er geht nicht.«
    In meinem Bauch breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. Als mein Blick von der Gestalt in der Zelle zu dem bärtigen Mann ging, überfiel mich eine unerklärliche Angst, in die sich etwas mischte, das wohl Trauer war. Er war ein τέρας -Jäger. Einer von Athenes Schergen. Ich wusste nicht, was er getan hatte, um sich ihren Unmut zuzuziehen, doch ich hielt es für falsch, ihn hierzulassen. Falsch, falsch, falsch. Ich schüttelte den Kopf.
    »Beeilt euch!«, drang die Stimme der Harpyie von der Treppe zu uns herunter.
    Die ältere Version von Sebastian entriss mir den Schlüssel und lief davon. Meine Füße schienen Wurzeln zu schlagen. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich starrte die schattenhafte Gestalt in der Zelle an und hatte das Gefühl, mein Herz würde schrumpfen. »Ich…«
    »Geh einfach«, drang seine barsche Stimme aus der Zelle. Es war die Stimme, die der Harpyie vorhin befohlen hatte, »den Schnabel

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