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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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nicht überraschen sollen, nicht nach dem, was ich in Athenes Gefängnis erfahren und auf der Flucht mit den anderen erlebt hatte.
    »Meinen Sohn kennst du wohl schon.«

Elf
    »Sebastian ist Ihr Sohn.« Es war eigentlich keine Frage, sondern eine Feststellung. Dass die beiden Vater und Sohn waren, ließ sich nicht leugnen. Sie sahen fast aus wie Zwillinge. Die gleichen schwarzen Haare, die gleichen grauen Augen, die gleichen Gesichtszüge, obwohl Sebastians Lippen ein wenig voller und dunkler waren. Vielleicht hatte ich es nur einmal aussprechen müssen, um es endlich zu begreifen.
    »Michel Lamarliere.« Er hielt mir die Hand hin und in seinen Augen erkannte ich nur Wärme und Zielstrebigkeit. Und eine unendliche Weisheit. Ich schüttelte sie nur kurz, weil sein Blick mich verwirrte und ich gerade damit beschäftigt war, mir über einiges klar zu werden. Seine große Hand ließ meine ganz klein und unbedeutend wirken. Schwächer. Jünger. Was alles stimmte, aber das hieß noch lange nicht, dass mir dieses Gefühl auch gefallen musste.
    »Würden Sie mir bitte erklären, wie ich in den Garden District komme?«, fragte ich, wobei mir nicht entging, wie unbeholfen das klang.
    Michel ließ meine Hand los und kniff die Augen zusammen, während er mir über die Schulter sah, um sich zu orientieren.
    »Da lang.«
    Ich atmete langsam aus und folgte ihm. Wir gingen eine Straße hinunter, die auf beiden Seiten von kleinen, schmalen Häusern gesäumt wurde.
    »Wie geht es meinem Sohn?«
    Ich kannte Sebastian doch kaum. Du kennst ihn gut genug, um mit ihm zu knutschen. Was für ein dämlicher Gedanke. Ich räusperte mich, schob die Gurte meines Rucksacks ein Stück von Schultern und Achselhöhlen weg und konzentrierte mich auf den rissigen Asphalt. »Gut, glaube ich. Eigentlich kenne ich ihn ja gar nicht so gut. Er hilft mir bei etwas. Seine Großmutter auch. Sie wird uns helfen – ich meine, mir.«
    »Josephine?«
    »Ja. Ist Josephine Ihre Mutter?« Kaum hatte ich das gefragt, fiel mir wieder ein, dass Sebastian gesagt hatte, Josephine sei seine Großmutter mütterlicherseits.
    »Bei den Göttern, dieser Fluch ist mir zum Glück erspart geblieben. Nein. Josephine ist die Mutter meiner Frau. Wobei hilft sie dir denn?«
    »Bei einem Fluch«, sagte ich. Ich beschloss, ihm zu vertrauen. »Meinem Fluch.«
    Er nickte nachdenklich und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, während wir über die menschenleere Straße gingen. Alte Häuser, Bäume, Autos, alles war in Schatten gehüllt. Und der schwache orangefarbene Lichtschein, der durch die schmutzigen Fensterscheiben drang, ließ die Finsternis nur noch dunkler wirken.
    Mein Körper hatte sich inzwischen von unserem Marathonlauf erholt und meine Haut fühlte sich feucht und kalt an. In meinem Nacken spürte ich einen leichten Schauer, der aber nicht von der Kälte kam. »Warum waren Sie…« Ich zögerte, weil ich nicht wusste, wie ich ihn danach fragen sollte.
    »Mein einziges Verbrechen gegen Athene waren meine Ahnen und die Tatsache, dass ich gegen ihren Irrsinn aufbegehrte. Wie heißt du, mein Kind?«
    »Ari.« Ich erinnerte mich an das, was Sebastian gesagt hatte. Die Aufteilung der neun Familien. Die Lamarlieres waren Hexen. Die Zauberkräfte wurden über die weibliche Linie weitervererbt. »Ich dachte, nur die Frauen könnten…«
    »Zaubern?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Gab es ein anderes Wort für das, was er da gerade getan hatte?
    »Manchmal werden die Zauberkräfte auch vom Vater an den Sohn weitergegeben«, erklärte er.
    »Und daher ist Sebastian…«
    »Zur Hälfte Hexenmeister, zur Hälfte Vampir. Und etwas ganz Besonderes.«
    Das hatte Sebastian mir so nicht gesagt. »Ich habe meinen Sohn seit fast zehn Jahren nicht mehr gesehen«, sagte Michel bedauernd. »Er glaubt sicher, dass ich ihn einfach im Stich gelassen habe. Und ich bin mir sicher, dass Josephine in meiner Abwesenheit ganze Arbeit geleistet hat. Ich fürchte, ihr Einfluss hat ihn verändert.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie sich deshalb Sorgen machen müssen. Sebastian macht sich seine eigenen Regeln.«
    Michel grinste, während ihm Tränen in die Augen schossen. »Das ist gut.«
    Ich nickte und beschloss, fürs Erste nicht mehr über Sebastian zu reden. Zehn Jahre waren eine lange Zeit, um von seinem Sohn getrennt zu sein, und ich konnte mir vorstellen, dass Michel gerade eine Menge durch den Kopf ging. »Warum hat sich die Harpyie nicht wieder in ihre menschliche Form zurückverwandelt, so

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