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Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Dein göttliches Herz versteinert (German Edition)

Titel: Dein göttliches Herz versteinert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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gestaunt.
    Schniefend drängte ich meine zornigen Tränen zurück und wischte mir mit dem Ärmel meines Hoodies über die Nase.
    Schließlich waren sie doch zurückgekommen: Dub, Crank, Henri und Sebastian. Sie hatten mich akzeptiert, obwohl sie wussten, was – immer noch – in mir lauerte. Doch das war nichts gegen Violets völlige, bedingungslose Akzeptanz gewesen.
    Violet war auf Athenes Rücken gesprungen und hatte der Göttin des Krieges ihren Dolch ins Herz gestoßen. Und dann waren die beiden verschwunden, Violet immer noch an Athene geklammert.
    Das seltsame kleine Mädchen hatte versucht, mich zu beschützen, und jetzt würde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um sie zurückzuholen.
    Alles.
    Was mich zurück zu meiner Aufgabe brachte. Ich kletterte auf einen großen Schutthaufen aus Marmorbrocken, Knochen, Gebeinkisten und Urnen, wobei ich genau darauf achtete, wo ich mit meinen Stiefeln hintrat. Oben angekommen, balancierte ich mich aus, dann suchte ich das hintere Ende des Friedhofs ab.
    Am Südende wuchsen Zypressen. Dort hatte sich das Gelände gesetzt, sodass das stehende Wasser mitten im GD einen kleinen Sumpf gebildet hatte.
    Aus dem seichten schwarzen Wasser ragten Grabmale und die knorrigen Füße der Zypressen heraus, von deren Zweigen spanisches Moos in langen, filigranen Ranken herabhing.
    Plötzlich sah ich etwas Weißes aufblitzen, aber es war nur ein Kranich, der seine Federn ausschüttelte.
    Ich rutschte den Schutthaufen hinunter und ging zum Rand des Sumpfes. Bei jedem Schritt sanken meine Stiefel tiefer in die aufgeweichte Erde.
    Irgendwo in dem dunklen Sumpf hielt sich Violets weißer Alligator auf, jedenfalls hoffte ich das. Auf dem Friedhof hatten wir ihn beide zum letzten Mal gesehen.
    Obwohl ich mir ziemlich dumm dabei vorkam, rief ich seinen Namen. Erschrocken ergriff der Kranich die Flucht. In den Zweigen bewegte sich etwas, das Wasser kräuselte sich.
    Ich wartete. Und dann … nichts.
    Ich musste Pascal finden, ich musste etwas für Violet tun, bis ich einen Weg fand, sie zu retten. Und ich betete dafür, dass er nicht einfach das Weite gesucht hatte.
    Die Sonne war fast untergegangen und es wurde schnell dunkler. Daher lief ich zwischen den Grabmalen hindurch an der Ostseite des Friedhofs entlang, zurück zum Tor. Die Enttäuschung lag bleischwer auf meinen Schultern, als ich die dunkle Straße überquerte und auf das zerfallende Herrenhaus zuging, das jetzt mein Zuhause war.

Vier
    A ls ich die vier Häuserblocks von der Coliseum Street bis zur First Street ging, verschwand auch der letzte Rest Tageslicht. Keine Straßenlaternen. Kein Verkehr. Nur die bewohnten Herrenhäuser waren mit Kerzen beleuchtet, die hinter dreckverschmierten Fensterscheiben flackerten. Es ließ sie warm und lebendig wirken, wie Augen, die einen aus der Dunkelheit heraus beobachteten. Nachts im GD herumzulaufen, war nichts für Zartbesaitete.
    Mein Blick ging nach oben, wie immer, wenn ich vor meinem neuen Zuhause stand. Das zweistöckige Herrenhaus im italienischen Stil mit seinen über beide Etagen laufenden, gusseisernen Balkonen dominierte die Straßenecke. Der mauvefarbene Anstrich war verwittert und blätterte überall ab. Hohe schwarz gestrichene Holzläden umrahmten immer noch die Fenster, wobei einige von ihnen schief in den Angeln hingen und kurz vorm Abfallen waren.
    Ein Gefühl der Zufriedenheit durchströmte mich, als ich den Bürgersteig vor dem Haus betrat.
    Der Rasen war völlig verwildert, der Zaun darum unter den Bergen vor wilden Schlingpflanzen kaum noch zu erkennen, doch das Anwesen hatte Charakter – sofern man eine Schwäche für malerischen Verfall hatte. Hier wohnte ich, zusammen mit Crank, Henri, Dub, Violet und Sebastian. Es gab Leute, die uns Hausbesetzer und Außenseiter nannten und uns als Jugendliche am Rand der Novem-Gesellschaft betrachteten. Es stimmte alles.
    Der Geruch von scharfen Gewürzen wehte mir entgegen. Ich öffnete die Haustür und betrat die große Eingangshalle mit der breiten, geschwungenen Treppe und dem eisernen Kronleuchter, der von der Decke herabhing. »Die Gruft«, das düstere, mit schweren burgunderroten Vorhängen verzierte Esszimmer, lag zu meiner Rechten, das Wohnzimmer zu meiner Linken.
    Das Holz im Haus faulte in dem schwülen, feuchten Klima und die teuren Tapeten hatten sich fast überall von der Wand gelöst. Der Stuck an der Decke war brüchig und jedes Mal, wenn einer von uns eine Tür zuknallte, rieselten kleine weiße

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