Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
E-Mail-Konto an und öffnet den Bericht von der Technik.
»Interessant?«, fragt Roisin. Sie hat sich ein Trinkjoghurt aufgemacht und sitzt an den Kühlschrank gelehnt auf dem Boden.
»Schon möglich«, sagt McAvoy, während er die zwei kurzen Absätze liest. »Zwei vollständige Nummern waren im Speicher. Dan hat vom Provider die dazugehörigen Daten angefordert, das könnte allerdings dauern. Hat die Zahlen aber auch durch eine Suchmaschine laufen lassen und sie in einem Bericht vom Beschaffungsausschuss entdeckt. Hull City Council. Der Stadtrat.«
»Na toll«, sagt Roisin.
McAvoy fährt sich mit der Zunge durch den Mund.
»Der Council«, meint er nachdenklich.
Die Nummer gehört zu einer Reihe von Telefonen, die vom Beschaffungsamt für Beamte und gewählte Volksvertreter angeschafft wurde. McAvoy weiß nicht recht, was er von dieser Entwicklung halten soll. Es könnte absolut gar nichts zu bedeuten haben. Eine Nummer aus der Kontaktliste im Telefon eines toten Mannes? Ist das wichtig? Er überlegt sich, wie viele hundert Leute seine eigene Telefonnummer gespeichert haben. Wie würde er sich fühlen, wenn ihm deswegen jemand dumme Fragen stellte?
Laut Vorschrift dürfte er gar nicht im Besitz des Berichts von der Technik sein. Dans Einsatz wird aus Pharaohs Budget bezahlt werden müssen. McAvoy führt keine offizielle Morduntersuchung durch, und kein ranghöherer Beamter außer Pharaoh hat überhaupt eine Ahnung, was er da treibt. Aber um die erste Notlüge zu rechtfertigen, muss er die Regeln noch einmal großzügig auslegen. Er spürt, wie diese Erkenntnis langsam einsickert. Speichel beginnt zu fließen, das Vorspiel der Übelkeit. Seine Haut prickelt, als würde er gegen den Strich gebürstet. Er akzeptiert es als Opfer und Strafe zugleich.
McAvoy ruft die Nummer des Hull City Council auf. Google fördert eine Seite voll negativer Schlagzeilen zutage. Die Behörden stehen auf so gut wie jeder Sympathietabelle ganz unten, seit McAvoy in der Gegend wohnt.
Er wählt die Nummer und landet bei einem Automaten.
Für Nachfragen zur Müllabfuhr drücken Sie die Drei. Um eine Steuerrückzahlung zu beantragen, drücken Sie die Vier …
»Wenn Sie herausfinden wollen, warum eine Telefonnummer im Handy eines toten Jungen gespeichert war, drücken Sie die Sechs«, flüstert McAvoy Roisin zu. Sie gibt keine Antwort. Sie hat die Augen geschlossen, und das Joghurt sickert ihr über die Beine.
»Hull City Council«, ertönt eine weibliche Stimme, als er die Option »andere Anfragen« wählt.
»Das Beschaffungsamt bitte«, sagt er.
Einen Moment später ist er in der Warteschleife und lauscht monotoner klassischer Musik. Er summt mit, stellt fest, dass ihm die Augen zufallen, und reißt sie sperrangelweit auf.
»Jacquie Carrington«, meldet sich eine hohe, muntere Stimme.
»Hi«, sagt McAvoy, plötzlich unsicher geworden. »Mein Name ist Detective Sergeant Aector McAvoy. Ich bin bei der Polizei von Humberside …«
»Ja?« Sie klingt weder desinteressiert noch irgendwie besorgt.
»Ich versuche herauszufinden, welchem Stadtratsmitglied eine bestimmte Telefonnummer zugeteilt wurde.«
»Die Mobilnummern aller Stadträte sind online«, beginnt sie.
»Ja, aber ich habe die Nummer angerufen, und sie ist stillgelegt. Ich bin jedoch der Überzeugung, dass sie zu einem Satz Telefone gehörte, der im Juli letzten Jahres bestellt wurde.«
Nach kurzem Schweigen antwortet sie.
»Ich denke, da muss ich meinen Vorgesetzten fragen«, sagt sie, als würde sie einen vorformulierten Text vom Blatt lesen.
»Natürlich können wir diese Information auch auf dem Dienstweg anfordern«, wirft McAvoy rasch ein. »Ich dachte nur, Sie könnten uns vielleicht ein wenig Zeit ersparen. Miss Carrington, sagten Sie?«
Die Dame wiederholt sich. Teilt McAvoy mit, dass sie mit ihrem Vorgesetzten sprechen und zurückrufen wird. Notiert sich seinen Namen und seine Nummer und bedankt sich für seine Geduld. Verspricht, dass es nicht lange dauern wird.
McAvoy legt auf und bläst die Backen auf. Er dreht sich um und betrachtet Roisin. Er spürt, wie ihm das Herz aufgeht, als er sie so anbetungswürdig leise schnarchend auf dem Boden liegen sieht, obwohl das feuchte Nachthemd an ihr klebt und sie eine Gänsehaut hat. In sich hineinlächelnd geht er zu ihr und hebt sie mit derselben Leichtigkeit auf wie die Kinder.
Er trägt sie ins Wohnzimmer und setzt sie aufs Sofa. Sie ist schlaff wie eine Stoffpuppe und protestiert nicht, als er ihr das
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