Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
aufgebrummt. Die 18 Pence hätte ich ja sofort ausgeglichen, aber mit dem Brief war ich 15 Pfund in den roten Zahlen, und dann noch die Strafgebühr …«
Sie hält inne. Es ist das vierte Mal, dass sie versucht, der Kassiererin klarzumachen, dass sie unfair behandelt wird. Sie spürt Hitze und ein Prickeln im Nacken. Es ist so ungerecht, dass ihr die Worte in der Kehle stecken bleiben. Das Elend liegt ihr wie ein Schneeball im Magen.
»Es ist mein Geld«, sagt der Mann in der Lederjacke, und er ist lauter geworden. »Sie dürfen es für mich aufbewahren, sonst nichts. Das ist Ihr Job.«
Die Kassiererin am Nachbarschalter ist ebenso unerbittlich. »Ohne Pass oder Führerschein können wir Ihnen maximal fünftausend Pfund auszahlen.«
»Aber es ist mein Geld!«, schreit er.
Beide Debatten sind jetzt schon eine ganze Weile im Gang, und die länger werdenden Schlangen in der Bank beobachten die Auseinandersetzungen mit einer Mischung aus Ungeduld und Neugier.
Suzie schüttelt stumm den Kopf und sucht nach einer anderen Mixtur von Worten, damit die Kassiererin ihre Meinung ändert. Sie fürchtet, dass ihre Augen kurz davor stehen, sich mit Tränen zu füllen.
»Es geht dabei nur um Ihre Sicherheit«, meint die Kassiererin nebenan.
»Die Gebühren werden auf unserer Website ausführlich erläutert«, erklärt Suzies Peinigerin. Der Mann in der Lederjacke sieht sich um, als suche er nach einem Verbündeten, der ihm hilft zu verstehen, wie diese irre und fremdartige Welt funktioniert. Sein Blick fällt auf Suzie. Sie sehen sich an. Er ist ein recht gutaussehender Mann um die vierzig, leger und doch elegant gekleidet. Sein Ausdruck wird etwas weicher, als er ihr rotes Gesicht, die patschnassen Haare und feuchten Augen bemerkt.
»Ist das zu glauben?«
Suzie schüttelt den Kopf. Wendet sich wieder zu ihrer Kassiererin.
»Ich mache eine schlimme Zeit durch«, sagt sie leise. »Es waren doch nur achtzehn Pence. Und jetzt sind es an die hundert Pfund. Nur wegen der Gebühren. Kann ich Ihnen einfach die achtzehn Pence geben? Oder irgendwas, um meinen guten Willen zu zeigen. Bis zum Zahltag kann ich das Konto sonst nicht ausgleichen …«
»Die Gebühren finden Sie alle auf unserer Website erläutert.«
Die Tränen lassen sich nicht mehr zurückhalten. Suzie merkt, dass ihr die Augen übergeflossen sind. Salzwasser rinnt ihr die gepuderten Wangen hinab, und ihre Schultern beginnen zu zittern.
»Tut mir leid«, sagt die Frau hinter der Scheibe mit demselben Ausdruck, den sie aufgesetzt hat, seit Suzie das vordere Ende der Schlange erreichte und um ein bisschen Kulanz bat.
»Es ist meine Lunchpause«, schluchzt Suzie, als ob das etwas ändern würde. »Normalerweise sitze ich da in einem kleinen Garten …«
Sie weint in die vorgehaltene Hand. Sie schämt sich, einen so jämmerlichen Anblick zu bieten. Sie hasst diese Machtlosigkeit. Will sich umdrehen und weglaufen, bis irgendwelche Freunde sie finden und ihr versprechen, dass bald alles besser wird.
Sie hat immer noch nicht den Mut gefunden, ihr Telefon einzuschalten. Weiß nichts Neues von dem Mann, den sie zum Sterben zurückgelassen hat.
»So oder so, Sie sind unser Eigentum«, sagt der Mann in der Lederjacke und richtet das Augenmerk von seiner Kassiererin auf die von Suzie. »Das der Steuerzahler. Sie gehören uns.«
Er mustert die Schlange hinter sich, als wollte er Unterstützer für eine Revolution zusammentrommeln. Seufzt dann beim Anblick von durchweichten Einkaufsbummlern und Büroangestellten, die in ihren nassen Kleidern herumschlottern und darauf warten, dass auch sie endlich die Gelegenheit bekommen, sich von den Bankangestellten zur Schnecke machen zu lassen.
»Die Regularien stehen auf der Website.«
Suzie versteift sich, als der Mann näher tritt. Er bückt sich, um sein Gesicht in ihre Blickrichtung zu bringen. Er sieht ihr in die Augen. Es ist ein mitfühlender Blick, frei von Arglist. Er will sehen, ob mit ihr alles in Ordnung ist.
»Die hören einem einfach nicht zu«, sagt er leise. »Überziehungsgebühren, ja?«
Suzie versucht zu lächeln. Sie fühlt sich erbärmlich.
»Wie viel brauchen Sie, um wieder flüssig zu sein?«, fragt er und beugt sich dabei so nahe zu ihr, dass seine Worte sie am nassen Ohrläppchen und Hals kitzeln.
»Fast neunzig Pfund.«
Der Mann nickt. Er greift in die Tasche und holt eine Rolle Banknoten hervor. »Nehmen Sie«, sagt er und drückt ihr fünf 20-Pfund-Scheine in die Hand.
»Was?
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