Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
angegeben waren. Schauen Sie, schauen Sie …«
Cabourne dreht das Handy um und scrollt durch die Liste. Namen huschen vorbei.
»Paul K«, deutet er. »Das steht für ›Kehle‹. Er sagte, er ließe sich gerne den Hals zudrücken. Und da, sehen Sie. Vampir. Er sagte, er stehe auf Beißen. Das sind nur Erinnerungsstützen, wer wer ist …«
»Und Pfau?«
»Ich glaube, er hatte Tattoos.« Cabourne bricht ab, als die Erinnerung zurückkehrt. »Er hat mir eine Mail geschickt«, sagt er mit großen Augen. »Es stand eine Gedichtzeile darunter. Etwas, das ihm gefiel. Von Pfauen und Lilien.«
McAvoy legt die Stirn in die Hände. Er hat mehr Fragen als Antworten.
Plötzlich blickt er auf. »Er hat eine Mail geschickt? Keine SMS?«
»Definitiv.«
McAvoy beginnt, in seinen Papieren zu blättern. Er versucht, irgendwo eine Erwähnung zu finden, dass Simon einen Computer besaß.
»Ich bin ein Idiot …«, murmelt er.
»Wie bitte?«
»Kamen die E-Mails von einem Smartphone?«
»Tut mir leid, ich weiß nicht. Ich glaube nicht …«
McAvoy hält inne. Ihm ist klar, dass der Mann vor ihm sich der Untreue schuldig gemacht hat. Der Irreführung. Der Schwäche und Wollust. Aber er ist kein Krimineller.
»Halten Sie sich einfach bedeckt, Stadtrat Cabourne«, sagt er, gleitet aus der Nische und nimmt Lilahs Kindersitz. »Ed Cocker ist nicht hinter Ihnen her. Sondern hinter einem viel dickeren Fisch.«
Cabourne sieht zu ihm hoch und weiß nicht so recht, ob er sich dem magischen Gefühl der Erleichterung hingeben soll, das ihn zu überwältigen droht.
»Ich werde mein altes E-Mail-Konto überprüfen«, beginnt er. »Ich tue alles, um Ihnen zu helfen.«
McAvoy nickt. »Ja. Werden Sie.«
Kapitel 21
11 : 47 Uhr. Kurz vor Mittag.
Ein blauer, zwölf Jahre alter Vauxhall Frontera im Leerlauf, die Scheiben beschlagen, steht auf der doppelten durchgezogenen Linie, die die ruhige Seitenstraße neben der alten Hessle Road säumt.
Darin vier Cops – feucht, dampfend, zappelig vor überschüssigem Adrenalin.
Links von ihnen befindet sich ein hell erleuchtetes Take-away-Restaurant. Viel Glas und weiße Farbe, Zeichentrickfiguren und grelle Schriftzüge. Der unaufhörliche Regen glänzt wie Juwelen auf den großen, schmutzigen Fenstern und verwandelt die hagere, gut fünfzigjährige Frau hinter der Theke in eine zersplitterte Karikatur ihrer selbst: Mechanisch und freudlos schüttet sie Salz und Essig über Papiertüten voller Pommes frites.
Rechts liegt ein Friseursalon. Schwarze Hochglanzfarbe – en gros gekauft und zu dick aufgetragen, sammelt sich in Rinnsalen in den Spalten zwischen den Ziegelsteinen.
Die Gitter sind runtergelassen. Wie an den meisten Tagen.
Helen Tremberg sitzt hinten in dem Zivilfahrzeug. Ein Sergeant vom Drogendezernat starrt neben ihr zum Fenster hinaus und sieht den Regentropfen zu, die in unvorhersehbaren Bahnen am Glas herunterlaufen. Er hat keinen Ton gesagt, seitdem er sie beim Einsteigen mit einem Grunzen begrüßte, während sie sich den Regen mit der warmen Handfläche aus dem Gesicht wischte. Er riecht schwach nach schalem Bier und nassem Hund.
DCI Ray sitzt vorne auf der Beifahrerseite und lutscht die Schokolade von einem Twix ab.
Am Steuer ist Detective Superintendent Adrian Russell. Seine Körpersprache signalisiert schlechte Laune. Er schiebt einen Kaugummi im Mund hin und her, aber seine Miene passt eher zu einem Mann, der eine verdorbene Auster auf der Zunge zu ignorieren versucht.
Es herrscht Stille im Wagen, abgesehen vom Trommeln des Regens auf dem Dach und dem gelegentlichen Zischen von nassen Reifen, wenn ein Auto vorbeirollt.
Tremberg fühlt sich unbehaglich. Fehl am Platz. Unerwünscht. Sie hat nie mit Russell oder seinen Lakaien gearbeitet, und zu ihrem DCI hat sie keinen richtigen Draht. Sie ist hier, weil es sich so ergeben hat. Weil sie eine ehrgeizige Polizistin ist, die dabei sein will, wenn eine wichtige Razzia abläuft. Shaz Archer war nicht aufzutreiben, Pharaoh ist aus dem Rennen, und McAvoy steckt in Schwierigkeiten, deshalb ist sie hier und fühlt sich ausgeschlossen. Es hat keine Fanfarenklänge gegeben, um ihre Rückkehr zum Dienst zu feiern. Keine Umarmungen oder Tränen. Sie war einfach wieder da, nachdem sie ihr Leben dabei riskiert hatte, einen Killer zu fassen – und schon in ihrer ersten Schicht wäre sie beinahe in Flammen aufgegangen.
»Wir hätten beim Rayner’s parken sollen«, sagt Ray redselig, kehlig, während er mit dem Daumen über die
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