DEIN LETZTER TANZ
fortsetze.“
„Und warum sind sie das nicht?“
„Sie wollen eben, dass ich es mal besser habe als sie.“ Donna zuckte die Schultern. „Ich hab keine Ahnung, wie das kommt. Früher haben sie anders gedacht. Ich schätze, es liegt daran, dass es mit dem Zirkus nicht mehr so gut läuft. Meine Eltern reden zwar nie in meiner Gegenwart darüber, aber was ich so mitgekriegt habe, hört sich nicht gerade gut an.“
„Das tut mir leid.“
Donna winkte ab. „Ach, erst mal abwarten. Vielleicht finden wir ja nachher die neuen Topstars der Zirkuswelt, und dann sind die mageren Zeiten endgültig vorbei.“
„Ach, du meinst bei den Castings?“ Keisha lachte. „Das ist ja ganz schön abgefahren. Von einem Casting für eine Zirkuskarriere habe ich bisher jedenfalls noch nie gehört.“
„Tja, früher gab es so was auch nicht. Da kam man nur über Beziehungen an einen Job im Zirkus.“ Sie zuckte die Achseln. „Aber die Zeiten ändern sich eben. Heute müssen sich meine Eltern richtig was einfallen lassen, um an neue Leute zu kommen.“
„Wie soll das denn nachher genau ablaufen?“, wollte Keisha wissen.
„Eigentlich wie bei jedem anderen Casting auch. Es werden ein paar Leute kommen, die ihre Kunststücke vorführen, und die besten wählt mein Dad dann aus.“
„Glaubt ihr denn überhaupt, dass genug Bewerber kommen werden? Ich meine, das hier ist ja nur eine Kleinstadt.“
Donna nickte. „Sicher, aber du darfst nicht vergessen, dass wir schon seit ein paar Monaten hier durch die Umgebung touren. In den Nachbarstädten hängen seit einer ganzen Weile Plakate aus, und überall liegen Flyer herum. Deshalb glaube ich schon, dass ein paar Leute kommen werden. Es waren ja gestern bereits einige da.“
„Ach, es standen zwei Termine an?“
„Eigentlich nicht, aber mein Dad hat sich spontan entschlossen, das zu splitten. Davon habe ich aber auch erst erfahren, als die Sache gelaufen war. Von den Darbietungen gestern habe ich also gar nichts mitbekommen, nicht mal gesehen hab ich die Bewerber. Soll aber niemand dabei gewesen sein.“
„Was sucht ihr noch mal?“, erkundigte Keisha sich.
„Einen Clown, einen Zauberer und einen Jongleur. Aber es geht eben nicht nur darum, ob die Typen was können, sondern auch, ob sie bereit sind, eine Weile mit uns durch die Weltgeschichte zu reisen.“
„Für mich wäre das nichts.“ Keisha winkte ab. „Ich bin so was von froh, dass ich hier meinen Traumjob gefunden hab, mich kriegt hier so schnell keiner mehr weg!“ Sie seufzte. „Schade eigentlich. Ich hätte schon gern mal ein bisschen hinter die Kulissen von einem Zirkus geschaut.“
„Hm, wenn du willst, kann ich dir gern mal alles zeigen. Wir sind ja noch mehr als einen ganzen Monat hier. Da bleibt genügend Zeit. Was machst du überhaupt jobmäßig?“
„Ich bin Tierarzthelferin. Na ja, eigentlich bin ich noch in der Ausbildung. Aber es macht mir echt einen Riesenspaß.“
„Dann magst du Tiere?“
„Und wie! Genau deshalb bin ich ja so froh, dass ich die Ausbildung angefangen habe.“
„Wenn du willst, kannst du dich ja nach Feierabend mal ein bisschen um unsere Zirkustiere kümmern. Wir haben Affen, Löwen und noch einiges mehr. Natürlich haben wir auch jemanden für unsere Tiere, aber der ist über jede Hilfe froh. Und als Dank kannst du gern mal bei ein paar Proben zugucken. Wäre das was für dich?“
„Da fragst du noch?“ Keisha strahlte. „Klar wäre das was für mich! Außerdem habe ich ab nächster Woche sowieso Urlaub. Zeit hätte ich also genug.“
„Alles klar, dann schau doch einfach mal bei uns vorbei. Dann kann ich dir alles zeigen, und danach guckst du dir die Show an.“ Donna blickte auf ihre Uhr. „So, ich muss jetzt aber wirklich los.“
Die zwei Mädchen verabschiedeten sich, und Donna verließ den Diner. Während sie sich auf den Weg zum Zirkusplatz am Rande der Stadt machte, dachte sie über ihre neue Bekannte nach. Keisha war wirklich nett. Gleichzeitig wusste Donna aber auch, dass sich zwischen ihnen nie eine richtige Freundschaft entwickeln konnte. In sechs Wochen zog der Zirkus weiter, und sie würde Keisha wahrscheinlich nie wieder sehen.
Das war der Nachteil, wenn man als Kind in einer Zirkusfamilie aufwuchs. Donna hatte früher große Probleme mit dem Herumreisen gehabt. Immer neue Freunde, neue Umgebungen, und das mit der Schule war auch so eine Sache gewesen. Meistens gab es mobile Lehrer, die zu den Schülern in den jeweiligen Zirkus kamen und dort
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