DEIN LETZTER TANZ
alles heißen soll?“, fragte Max stirnrunzelnd, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. „Ich versteh überhaupt nichts mehr.“
In diesem Moment tauchten die ersten Häuser von Marley vor ihnen auf. „Später“, sagte Donna. „Wir erklären dir später alles, okay? Jetzt lasst uns erst einmal das erledigen, weswegen wir hergekommen sind.“
Marley war eine typische Kleinstadt an der amerikanischen Westküste mit einer langen Hauptstraße, an der die meisten Geschäfte und Restaurants angesiedelt waren, und mehreren Nebenstraßen. Im Westen der Stadt befand sich ein kleines Gewerbegebiet mit einem Einkaufszentrum, auf das ein Schild direkt am Ortseingang hinwies.
Im Grunde unterschied sich der Ort nicht sehr von Dedmon’s Landing, außer dass alles etwas größer und vielfältiger war. Es gab sogar ein Kino, und für alle über einundzwanzig öffnete der Nachtclub am Stadtrand abends um neun seine Pforten.
„Und jetzt?“, fragte Max. „Wohin genau wollt ihr?“
Das war eine verdammt gute Frage, wie Donna fand. Und zudem eine, auf die sie keine eindeutige Antwort wusste. Keisha und sie waren mehr aus einem spontanen Gefühl heraus nach Marley aufgebrochen, nicht weil sie einen speziellen Plan verfolgten.
„Ich schlage vor, wir gehen erst mal in den nächsten Diner“, sagte Donna schließlich.
Max und Keisha schauten sie verblüfft an. „Hast du Hunger?“
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Nicht dass ich nicht eine Kleinigkeit zu essen vertragen könnte, aber darum geht es nicht. Überlegt doch mal: Wo bekommt man am meisten Klatsch und Tratsch in einer amerikanischen Kleinstadt zu hören – na logisch, im Diner.“
„Okay.“ Max nickte. „Dann also los.“
Das Lokal von Marley erinnerte Donna stark an das Burger Shack in Deadman’s. Die Bänke waren mit knallrotem Kunstleder bezogen, die Tische bestanden aus Sperrholz, Chrom und Resopal. An den Wänden hingen Spiegel mit Werbeslogans verschiedener Softdrinkhersteller, und über der Theke war eine Leuchtreklame angebracht, die in grellem Neonpink den Namen des Lokals verkündete: Gabrielle’s .
„Und?“, fragte Keisha, nachdem sie sich an einen Fensterplatz gesetzt und dann bei der Kellnerin bestellt hatten. „Was machen wir jetzt?“
„Nun, ich würde mal sagen, wir warten ab“, erwiderte Donna. „Im Moment ist hier ja nicht gerade die Hölle los.“
„Das wird sich in spätestens einer halben Stunde ändern.“ Die blonde Kellnerin, die ihre Bestellungen an den Tisch brachte, hatte Donnas Worte offenbar mitbekommen. Sie lächelte. „Um Punkt zwölf machen die meisten Arbeiter hier in der Gegend Mittagspause, und dann platzt der Laden aus allen Nähten.“
„Gilt das auch für die Leute, die in der Textilfabrik arbeiten?“
Das Lächeln der jungen Frau verblasste. „Was habt ihr mit der Textilfabrik zu schaffen? Seid ihr Reporter oder so was?“
Donna schüttelte den Kopf. „Nein, keine Angst. Meine Freunde und ich sind bloß auf der Suche nach einem Bekannten, den wir schon lange nicht mehr gesehen haben. Das Letzte, was wir von ihm wissen, ist, dass er in dieser Textilfabrik hier in der Stadt gejobbt hat. Ob er da immer noch arbeitet, wissen wir nicht.“
Die Blondine seufzte. „Im Moment arbeitet da überhaupt niemand. Die Produktion ist stillgelegt – aufgrund finanzieller Probleme, wie es heißt.“
„Die Firma ist pleite?“
„Zumindest sieht es wohl nicht besonders rosig aus. Allerdings gibt es Gerüchte, die besagen, dass der Besitzer schon bald wieder flüssig sein könnte. Genaueres weiß ich nicht, aber wenn ihr mich fragt: Ich traue diesem Typen zu, dass er so ziemlich alles tun würde, um seine Firma und seine Existenz zu retten.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber was rede ich da, das interessiert euch sicher alles überhaupt nicht. Esst lieber, bevor alles kalt wird.“
„Das war ja echt aufschlussreich“, flüsterte Donna, ehe sie eine Gabel von ihrem Salat nahm.
„Ach ja?“ Keisha hob eine Braue. „Und welchen Teil davon meinst du jetzt?“
„Na, du hast es doch selbst gehört. Freeman steckt in finanziellen Schwierigkeiten; seiner Firma droht die Pleite.“
„Und inwiefern bringt uns das weiter?“
„Interessant finde ich vor allem die Gerüchte über eine Geldquelle, die sich ihm schon bald auftun soll“, fuhr Donna fort. „Fällt da bei dir nicht der Groschen?“
„Zumindest ich verstehe immer noch nur Bahnhof“, meldete sich Max zu Wort. „Und irgendwie werde ich das
Weitere Kostenlose Bücher