DEIN LETZTER TANZ
dann müssen wir wohl davon ausgehen.“
„Und was ist mit Max?“
„Was soll mit ihm sein?“
„Na ja, er könnte immerhin genauso gut mit da drinhängen“, gab Keisha zu bedenken. „Sollten wir nicht mal schauen, was wir über ihn herausfinden können?“
„Klar“, erwiderte Donna ohne großen Enthusiasmus. „Später, okay?“ In Wahrheit war ihr natürlich völlig klar, dass Max mit der Sache ganz bestimmt nichts zu tun hatte. Ausgerechnet Max! Er war schließlich in der letzten Zeit immer für sie da gewesen, mehr als Gavin und Clive zusammen.
Gemeinsam schauten sich die zwei Mädchen jetzt die Fotos der letzten drei Jahrgangsstufen an, die ihren Abschluss auf der Jefferson High gemacht hatten. Bei der letzten Sammlung wurden sie schließlich fündig.
„Da!“, rief Keisha aufgeregt. „Das ist doch Clive, oder?“
Ja, das war tatsächlich Clive. Und wo er war, da konnte auch Gavin nicht weit sein. Immerhin waren die beiden in dieselbe Klasse gegangen.
„Ist er das nicht?“, fragte Keisha ein paar Minuten später und deutete auf den Jungen, den sie meinte. „Schau doch mal genau hin. Die Haare sind etwas kürzer, aber sonst …“
Donna schüttelte den Kopf. „Nein, das kann er nicht sein. Obwohl …“ Sie stutzte. Der Junge auf dem Foto hieß ebenfalls Gavin, und die Ähnlichkeit war wirklich verblüffend. Nur lautete sein Nachname nicht Grey, sondern …
„Freeman! Verdammt, das kann doch nicht wahr sein!“
Fragend schaute ihre Freundin sie an. „Ich verstehe jetzt ehrlich gesagt gar nichts mehr.“
„Ich kann es nicht glauben.“ Donna holte tief Atem. „Gavin hat uns die ganze Zeit angelogen. Er heißt überhaupt nicht Grey, er heißt Freeman.“
„Freeman, Freeman … Sag mal, heißt so nicht auch der Typ, der …“
„Der meinem Dad unbedingt den Zirkus abkaufen will, du hast es erfasst. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass Gavin diesen Kerl viel besser kennt, als er uns gegenüber zugegeben hat.“
Auf gut Glück rief Donna das örtliche Zeitungsarchiv von Marley auf. Direkt auf der Titelseite einer der ersten Ausgaben, die sie öffnete – sie war ungefähr ein halbes Jahr alt –, prangte ein Foto von dem unsympathischen Mr. Freeman und einem Jungen, den sie gut kannte. Oder gut zu kennen geglaubt hatte.
„George Freeman, Inhaber der Textilfabrik Freeman, und sein Sohn Gavin auf dem Weg zum Friedhof“, las Keisha den Untertitel des Bildes laut vor. „Noch immer gibt der Tod von Jasmin Freeman – Ehefrau und Mutter – der Polizei Rätsel auf. War es ein Unfall, oder steckt mehr dahinter?“ Sie schaute Donna fragend an. „Weißt du, was das zu bedeuten hat?“
„Wenn du mich fragst, ist zumindest eines schon mal klar: Gavin und der freundliche Mr. Freeman sind Vater und Sohn.“ Sie schüttelte den Kopf. „Mir gegenüber hat Gavin behauptet, er würde den Mann überhaupt nicht kennen.“
„Sag mal, in dem Artikel stand doch, dass diesem Freeman eine Textilfabrik gehört. Warum sollte er dann daran interessiert sein, euren Zirkus zu kaufen?“
„Frag mich was Leichteres“, erwiderte Donna. Sie war noch immer nicht darüber hinweg, dass Gavin sie belogen hatte. Zuerst Bruno, und jetzt auch noch Gavin. Hatte sie was verpasst, und Lügen war zum neuen Volkssport erklärt worden? Entschlossen ballte sie die Hände zu Fäusten. „Aber wir werden es herausfinden! Sag mal, kannst du dir vielleicht den Wagen deiner Eltern für ein paar Stunden ausleihen?“
„Theoretisch wäre das bestimmt kein Problem – bloß habe ich keinen Führerschein.“
„Mist!“, stieß Donna frustriert aus. „Ich habe zwar ’ne Lizenz, aber ich will meine Eltern nicht um ihr Auto bitten. Die beiden sind sowieso schon total durch den Wind. Sie würden jede Menge Fragen stellen, und darauf kann ich im Moment echt verzichten.“
„Okay, ich könnte Corbin fragen, aber soweit ich weiß, ist sein Wagen in der Werkstatt.“ Keisha runzelte nachdenklich die Stirn. „Wen kennen wir denn noch, der einen fahrbaren Untersatz hat und den wir um einen Gefallen bitten können?“
„Max!“
Keisha hob eine Braue. „Du meinst doch nicht etwa diese klapprige Rostlaube, mit der er zu eurem Vorstellungstermin gekommen ist, oder?“
„Willst du lieber bis nach Marley laufen?“
„Okay, du hast mich überredet. Ich zieh mir nur schnell was über, dann können wir los.“ Sie zögerte. „Aber sag mal, was versprichst du dir eigentlich davon, nach Marley
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