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gleich sich wieder von schlechten Launen, Streit und Strafzettel vertreiben. Der Kollege kann sagen: Jetzt bin ich glücklich, mit der Frau, den Kindern, den Eltern, der Familie, den Freunden, wovon, mit wem, wo und wie er lebt, egal, was sonst in der Welt ist. Jetzt bin ich glücklich. Daà ich es morgen oder nächsten Monat oder spätestens im nächsten Jahr nicht mehr sein werde, macht den Zustand noch erfüllter. Nein, das BewuÃtsein verhindert nicht das Glück. Den Trockner und die neue Waschmaschine, die morgen geliefert werden sollen, hält es locker aus wie überhaupt die Baustelle, die sie pünktlich zur Geburt in ihre Wohnung verpflanzt haben, Vormittage in Sanitärgeschäften, ungelogen drei Kollisionen mit dem Fahrrad in fünf Tagen, alle auf dem Weg vom oder zum Perinatalzentrum (nicht nur das Paradies, sondern auch der StraÃenverkehr bedarf des BewuÃtseins), Schlachten mit der Software, Debatten nachts um halb drei mit der vierundzwanzigstündigen Hotline des Internetproviders zu zwölf Cent die Minute oder daà er an einem einzigen Vormittag mit dem Fahrrad zweimal zur Kraftfahrzeug-Zulassungsbehörde fahren muÃte, die an genau diesem hochsommerlichen Montag nach Poll gezogen war. Am Wochenende war es ihm in etwa sieben Stunden nicht gelungen, den Kraftfahrzeugbrief zu finden, den er gebraucht hätte, um den Peugeot für einen Tageslohn an den libanesischen Autoexporteur zu verkaufen, der ihn am Freitag um Viertel nach sechs aus dem Schlaf geklingelt, weshalb der Kollege den Peugeot zuerst mit eidesstattlicher Versicherung, den Fahrzeugbrief verloren zu haben, persönlich stillegen muÃte, wie er Montag früh in Erfahrung brachte, während die Ãltere frühstückte. Die Ãltere an der Schule abgesetzt, radelte er weiter zur ehemaligen Zulassungsbehörde an der Inneren KanalstraÃe, um sich über die Beamtin zu ärgern, die am Telefon nichts von dem Umzug gesagt, und weiter über den ÃuÃeren Kanal hinaus nach Poll, wo eine andere Beamtin ihm zwischen Umzugskartons erklärte, daà sie natürlich auch die Nummernschilder benötige (dafür war sie wirklich freundlich, da er ihr kurz zuvor, als sie noch nichts voneinander wuÃten, auf dem Flur galant die Tür aufgehalten, und verhandelte über die benötigten Unterlagen für den Export des Peugeots nach Schwarzafrika sogar selbst mit dem libanesischen Autoexporteur, der auf dem Handy zugeschaltet war), alles kein Problem, alles mit dem Glück vereinbar, zu Hause das naÃgeschwitzte T- Shirt gewechselt, Nummernschild abmontiert, ein zweites Mal nach Poll geradelt, Hauptsache, die Frühgeborene gesund, und sogar Sport getrieben inmitten der Hektik, laut Routenplaner eine Fahrradtour von 33,6 Kilometer durchs sonnige Köln. So gehen die Tage vorbei â schon der 26. April heute, 12:58 Uhr auf dem Telefon â, an denen er froh ist, nichts schreiben zu können, weil er nichts anderes schreiben würde als diesen Unfug, der vielleicht gar nichts anderes ist als jenes Licht, das einzufangen er sich von Anfang an erhofft. Jetzt muà er schon wieder los, nach einem neuen Auto schauen, nach neuen Joggingschuhen und nach der Frühgeborenen, die keine Schläuche mehr im Gesicht hat.
Einmal, als seine Mutter in tiefer Verzweiflung klagte, habe der Musiker ihr gesagt, fast befohlen, den anderen Mut zu machen, ihre Angst zu nehmen. Sie, habe er gesagt (und auch sich gemeint, der die Enge selbst schon erlebt), nur sie in der Todesnähe dürfe, sei verpflichtet, es zu tun: zum Leben anzustiften. â Ist es ein Kriegsgebiet? fragt der Freund aus Köln. â Nein, eher eine Passage, antwortet der Musiker aus eigener Anschauung. Das letzte, was man spüre, sei die Ãberraschung, daà es weitergeht.
Unendlichkeit bedeutet zum Beispiel zum Krankenhaus zu radeln, von der Polizei angehalten zu werden, weil Sie am Streifenwagen vorbei, der in der ersten Reihe stand, bei Rot über die Ampel gefahren sind, von der Polizistin ohne Strafzettel und mit einem »Herzlichen Glückwunsch« verabschiedet zu werden, weil Sie in glaubhafter Weltfremdheit stammeln, auf dem Weg zur frühgeborenen Tochter zu sein, oder nein, dieser Teil ist nicht unendlich, sondern lediglich eine von vielen ähnlichen Anekdoten dieser Tage, die allenfalls in ihrer Frequenz soziologisch, psychologisch und theologisch zu untersuchen wären (auf Geburten
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