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»Ãkonomische und soziale Veränderungen und Beeinträchtigungen, zum Teil verursacht durch die wachsende politische, ökonomische und kulturelle Macht westlicher Nationen, speziell RuÃlands und GroÃbritanniens, trafen auf keine auch nur annähernd adäquate Regierungspolitik und führten zum Anwachsen von Feindseligkeit gegenüber der Regierung und den Ausländern, die die Regierung mehr und mehr beeinfluÃten und kontrollierten« (Nikki Keddie, Qajar Iran and The Rise of Reza Khan, 1796â1925 ). Aber die westliche Moderne begegnete den Menschen nicht nur arrogant und gewalttätig, sie raubte nicht nur ihr Ãl und bestimmte ihre Führer. Sie stand auch für eine Offenheit, die für die Menschen ungewohnt war, ohne deswegen zwingend ihren Werten und Ãberzeugungen zu widersprechen. Mehr noch: So fest Doktor Jordan im christlichen Glauben stand, hielt er sich zugleich für einen wahren Muslim. Er meinte es wohl im wörtlichen Sinne, nimmt GroÃvater an, im Sinne Goethes also, denkt der Enkel, daà wir alle im Islam leben und sterben, wenn Islam Gott ergeben heiÃt. Deshalb las Doktor Jordan nicht nur täglich aus Bibel vor, sondern zitierte ebenso den Koran und die Klassiker der persischen Dichtung, in beinahe jeder Abiturrede etwa die Mahnung Rumis: »Wenn jemand von einem anderen Gutes sagt, so wendet sich dieses Gute wieder zu ihm. Er ist gleich einem, der um sein Haus Blumen und duftende Kräuter sät. Jedesmal wenn er hinausblickt, sieht er duftende Blumen und Duftkräuter und ist immer im Paradies. Wenn er die Gewohnheit hat, Gutes von anderen Menschen zu sagen, sprechen auch sie Gutes von ihm. Nun, da du Tag und Nacht Blumen und einen Blütengarten und die Wiesen von Eram sehen kannst â warum gehst du inmitten von Schlangen umher? Liebe jeden Menschen, auf daà du immer unter Blumen und in einem Garten weilest. Wenn du jedermanns Feind bist, dann erscheint das Bild deines Feindes so vor dir, als gingst du Tag und Nacht inmitten von Dornen und Schlangen umher. Aus diesem Grund lieben die Heiligen alle Menschen und denken gut von allen.« Mit dem Respekt vor Andersgläubigen, dem Ideal der Bildung, dem Ruf nach Freiheit war GroÃvater bereits bei seinem Vater in Berührung gekommen, der sich mit den Babis solidarisierte, obwohl er deren Glauben ablehnte, bei Mullah Mirza Mohammad, der auf den Despoten Zell-e Soltan schimpfte, obwohl die Tür offen war, und bei den Intellektuellen, die mit der Gründung der Aliye-Schule die Säkularisierung des Wissens in Isfahan vorantrieben. An der Amerikanischen Schule schien vieles verwirklicht zu sein, wonach sein Vater und die Aufgeklärten unter seinen Lehrern strebten. Die Moderne brachte auch Doktor Jordan ins Land und seine klavierspielende Frau. Sie traten nicht als Kolonialherren auf und buchstabierten ihre Mission nicht als Auftrag zur Bekehrung. Wichtiger war es ihnen, ihre Schüler zum selbständigen Denken, zur Wahrhaftigkeit und zur Mildtätigkeit anzuleiten.
Die Lebensdokumente, die der Herausgeber zwischen die Dichtungen Hölderlins gestreut hat, entlarven gründlich das Bild des sanftmütigen, asexuellen, nur dem Geistigen zugewandten Sensibelchens. Hölderlin scheint, wenn schon kein Lebemann, ein wirklicher Beau gewesen zu sein, hochgewachsen und muskulös, der die Frauen nicht nur mit schönen Versen ins Kornfeld gelockt haben dürfte und sie nicht nur wegen seiner poetischen Bestimmung sitzenlieÃ. Noch im Stift löst er die Verlobung mit Louise Nast unter dem fadenscheinigen Vorwand, zuerst einen Stand erlangen zu wollen, der einer so wunderbaren Dame angemessen sei, aber sie möge sich um Gottes willen keinesfalls gebunden fühlen, mit der Karriere könne es ja auch schiefgehen: »Lebe wohl, teures einziggeliebtes Mädchen.« Wenig später brüstet Hölderlin sich vor Freunden, gegenüber der sechzehnjährigen Elise Lebret »seelenvergnügt« den Kaltblütigen gespielt zu haben, um ihr Herz zu entflammen. Zwar geht die Taktik auf, doch die neuerlichen »Gedanken an dauernde Bindung« hindern ihn nicht daran, kurz darauf von einer anderen »holden Gestalt« zu schwärmen, die nicht einmal der Herausgeber identifizieren kann. Leider ist sie ihm nicht bestimmt, klagt Hölderlin, »aber ists nicht thörigt und undankbar, ewige Freude zu wollen, wenn man glücklich genug war, sich ein wenig freuen
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