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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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einschalteten. Der Auftrag selbst ging an eine türkische Firma, die wiederum eine afghanisch-amerikanische Firma als Subunternehmer engagierte. Jede dieser Firmen strich eine üppige Provision ein. Allein vier Millionen Dollar kostete die Unterkunft der ausländischen Angestellten und die Einfuhr der technischen Geräte. Für den Bau selbst blieb dann nicht mehr viel Geld übrig. Dabei fielen die Löhne für die afghanischen Bauarbeiter kaum ins Gewicht, bei neunzig Dollar monatlich für zehn reguläre Arbeitsstunden am Tag, siebenmal die Woche, ohne Urlaub oder Krankenversicherung. Als der Arbeiter Mohammad Nassim sich bei einem Unfall auf der Baustelle tödlich verletzte, blieb es seinen Kollegen überlassen, für die Familie, die ihren Versorger verloren hatte, etwas Geld und Nahrungsmittel zu sammeln. Aber das hätte in Afghanistan kaum jemanden erregt. Verblüfft waren die Afghanen, als sie die neue Autobahn erstmals befuhren. Bereits bei ihrer feierlichen Eröffnung hatte der Straßenbelag so viele Löcher und Risse, daß er mehr aus Schotter als aus Asphalt bestand. Überall sieht man Autos, die mit einer Reifenpanne oder einer zerbrochenen Windschutzscheibe den Verkehr blockieren. Weil aus Geldmangel zwei Meter eingespart werden mußten, fehlt der Autobahn der Standstreifen. Auch an Nothaltebuchten hat keiner der ausländischen Konstrukteure gedacht. Die vielen Fahrradfahrer, die vorher auf dem Seitenstreifen fuhren, müssen nun entweder zu Hause bleiben oder sich zwischen die Autos zwängen. Tröstlich ist für sie, daß die Autos auf der Autobahn kaum schneller fahren als auf der alten Staubpiste. Bei Beschwerden verweist die Provinzregierung die Verkehrsteilnehmer nach Washington. Sie selbst hatte keinerlei Mitsprache bei dem Bau und fühlt sich nicht verantwortlich für dessen Instandsetzung. Aber Achtung, es wird noch absurder: Einige Zeit nach der »Fertigstellung« gruben einige Anwohner einen Graben mitten durch die Straße. Rechtzeitig vor der Regenzeit versuchten sie so, einen Abflußkanal zu schaffen. Wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums wurden sie verhaftet. Der Dorfälteste verteidigte die Festgenommenen. Die Dorfbewohner hätten sich über die neue Straße gefreut, sagt er, aber nicht darüber, daß ihre Häuser im Winter überflutet würden. Er verlangte den Bau eines Abflußrohrs. Die Baufirma verwies auf einen obskuren und kaum je angewendeten Paragraphen im afghanischen Verkehrsgesetz, wonach kein Gebäude näher als dreißig Meter an einer Autobahn stehen dürfe. Aber die Häuser waren doch vor der Straße schon da, wandten die Dörfler ein. Als sie merkten, daß Logik nicht hilft, gruben sie zwei Monate später einen neuen Graben mitten durch die Straße.
    Als der Photograph bei der Fahrt rund um Bagram zum ersten Mal aussteigen darf, um in Anwesenheit von vier Presseoffizieren Photos von der Wüste zu machen, in der sich das Schicksal der Weltsicherheit im einundzwanzigsten Jahrhundert entscheiden wird, löst er eine Alarmsirene aus. Wie Gott aus dem Himmel weist eine Stimme den Fahrer an, den Motor auszuschalten, und wie ein Engel erscheint, steht urplötzlich ein Wachmann, der zwei Maschinengewehre trägt, vor dem Panzerwagen, als bestünde Fluchtgefahr. Er ist Bassist, teilt der Wachmann dem Berichterstatter freundlich mit, mehr Jazz als Klassik, und froh, daß nach der Rückkehr sein Musikstudium beginnt. Anders als die amerikanische Presseoffizierin hat er auch schon von Alexander dem Großen gehört. Daß der Eroberer sein Hauptquartier genau hier hatte, wo heute Bagram liegt, erstaunt ihn allerdings sehr: Alexander der Große war in Afghanistan? Ja, sagt der Photograph, schon Alexander war in Bagram und wurde vernichtend geschlagen, wie übrigens alle Eroberer nach ihm. – Keine Ahnung, bescheidet der Wachmann die Presseoffizierin, die wissen möchte, warum der Photograph die Alarmsirene ausgelöst hat, man dürfe sich doch wohl noch die Landschaft anschauen. Eine halbe Stunde später fährt ein weiterer Panzerwagen vor. Der schwarze Offizier, der aussteigt, führt einen halben Cookie mit sich, kein Maschinengewehr. Andere rauchten Zigaretten, er esse Cookies, erklärt er, als er den dritten Cookie zu knabbern beginnt. Nein, den Grund für den Alarm kenne er auch nicht, empfehle aber jedem, die Finger von Zigaretten zu

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