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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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wie Satellitenfernseher, Klimaanlage, Panzerwagen, Stromaggregat, die einem westlichen Ingenieur geboten werden müssen, damit er nach Afghanistan geht. Allein die Privatfirma, die mit der Ausbildung von Polizisten beauftragt ist, verfügt in Afghanistan über eine Flotte von dreihundert gepanzerten Land-Cruisern, jeder im Wert von hundertfünfzigtausend Dollar. Ein ausländischer Berater kostet durchschnittlich fünfhunderttausend Dollar – Hundertfünfzigtausend Dollar Gehalt, das übrige Geld für seine Sicherheit, die Lebenshaltungskosten und den Überschuß, den sein Unternehmen erwirtschaftet. Das importierte Wasser, das er trinkt, kostet mehr, als ein afghanischer Arzt verdient, im Schnitt drei Dollar täglich. Nation-buildung hat sich ähnlich wie der Wiederaufbau nach Naturkatastrophen zu einem regelrechten Industriezweig entwickelt, einer Goldgrube mit der entsprechenden Goldgräbermentalität: Geh ins Land, mach deinen Profit, steuerfrei, versteht sich, und tschüs. Das Ergebnis sind vielerorts Krankenhäuser, an denen vom ersten Tag an nur die Fassade heil ist, Schulen, die beim ersten Schnee einstürzen, Autobahnen, auf denen wenige Wochen nach ihrer feierlichen Eröffnung kein Asphalt mehr liegt, eine industrialisierte Landwirtschaft, in der sich viele Bauern nicht zurechtfinden und für die sie nicht ausgebildet wurden, so daß sie am Ende noch verzweifelter dastehen. Das Ergebnis sind mehr oder weniger erfolgreiche Einzelprojekte, neben Profitmachern auch viele Afghanen und Ausländer, die sich täglich bis zur physischen Erschöpfung um den Wiederaufbau bemühen, aber schwere Mängel in der allgemeinen Infrastruktur. Das Ergebnis ist, daß es unter den Taliban Strom gab und unter den Amerikanern nicht. Schließlich findet der Berichterstatter die richtige Hausnummer, klopft an die Fensterscheibe – und tatsächlich, der Protokollant des afghanischen Parlaments öffnet die Tür seiner Wäscherei, eine Petroleumlampe in der Hand: »Wie nach dumpfer Nacht im Purpurscheine / Der Pilote seinen Ozean, / Wie die Seeligen Elysens Haine / Staun’ ich dich geliebtes Wunder! an.« Aus dem Nachbarladen holt der Protokollant Coca-Cola. Ein Tee wäre dem Berichterstatter lieber und viel billiger, aber ach ja, um einen Tee zu bereiten, braucht man Strom. – Wie machst du das mit der Wäsche bei drei Stunden Strom? fragt er den Protokollanten. – Na ja, der Laden ist den ganzen Tag geöffnet, sagt der Protokollant, aber ich muß mich beeilen, daß ich alles gewaschen bekomme in den drei Stunden. Manchmal nur fällt der Strom ganz aus, dann türmt sich die Wäsche. Der Berichterstatter fragt den Protokollanten nach seiner Arbeit im Parlament. Sie macht ihm Spaß. Politik hat er studiert, an der Universität Kabul, wo heute ebenfalls amerikanische Berater tätig sind. Das Studium war gut, sagt der Protokollant, sie hätten viel von den Beratern profitiert. – Und das Parlament? fragt der Berichterstatter: Wird dort ernsthaft debattiert, oder erweckt es nur den Anschein von Demokratie? Der Protokollant denkt nach. Nein, sagt er dann, es werde schon ernsthaft debattiert, das sei nicht nur Show. Und es gebe neben den korrupten auch viele Abgeordnete, die es ehrlich meinten und sich für Afghanistan aufzehren. – Das heißt, du bist insgesamt schon glücklich, daß die Taliban weg sind. Der Protokollant schaut den Berichterstatter an und hält die flache Hand unter die Brust. Der Berichterstatter versteht nicht. – So lang war mein Bart, lacht der Protokollant, so lang – kannst du dir das vorstellen? Der Berichterstatter schaut in die Runde, wo inzwischen andere Verwandte des Protokollanten versammelt sind, der Bruder, der Cousin, zwei andere Neffen. Wie auf ein Zeichen halten sich alle die Hand unter die Brust und kichern mit dem Protokollanten. Gewiß hatte der Berichterstatter von den Bärten gehört, die unter den Taliban jeder Mann brustlang tragen mußte, aber wenn man in eine Runde freundlicher, glattrasierter Herren blickt, wird einem erst klar, was das bedeutet. Im Schimmerlicht der Petroleumlampe sehen sie mit ihren Schals, Mänteln und Mützen, die man im Kabuler Herbst auch zu Hause trägt, beinah aus eine wie eine Gruppe von Bergsteigern, die sich nach anstrengendem Aufstieg nachts in der Almhütte versammeln. Dann zählt der Protokollant die Strafen auf,

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