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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Brennnesseln hüfthoch. Am Rand des Asphalts erkenne ich Reifenspuren. Ein Fahrzeug muss am Straßenrand gehalten haben, um ein anderes vorbeizulassen.
    Dann sehe ich, halb verborgen von Unkraut, das Fahrrad. Ich wollte Charlie ein Rad mit Aluminiumrahmen kaufen, aber sie hat sich für ein Modell aus mattschwarzem Stahl mit Blitzen auf der Stange und stoßgefederter Vordergabel entschieden.
    Ich stapfe durch Nesseln und Dornen, um das Rad aus dem Gebüsch zu zerren. Das Vorderrad ist von einem Aufprall verbogen und eingedrückt. Ich schreie ihren Namen. Aus den Bäumen steigt flatternd ein Schwarm Krähen auf.
    Mein Arm zittert. Mein Bein. Meine Brust. Ich mache einen Schritt und breche beinahe zusammen. Ich mache einen weiteren und stürze. Ich versuche aufzustehen. Es geht nicht. Ich schlucke hart, lasse das Fahrrad fallen und erklimme die Böschung zur Straße. Dann renne ich los wie ein Verrückter. Die Schrecken von zu später Einsicht und Bedauern haben mir die Luft abgeschnürt, sodass ich Charlies Namen nicht mehr über die Lippen bringe.
    Beim Anstieg auf den Mill Hill blockiert plötzlich mein
linkes Bein in der Vorwärtsbewegung, und ich falle der Länge nach hin. Schmerz spüre ich keinen. Ich rappele mich wieder auf die Füße und renne in einem sonderbar stolpernden Stechschritt weiter.
    Zwei Mädchen auf Pferden trappeln in meine Richtung. Eine erkenne ich wieder, eine Freundin von Charlie. Ich winke und rudere mit den Armen. Eines der Pferde scheut. Ich rufe ihnen zu, sie sollen Charlie suchen, und werde wütend, als sie nicht sofort gehorchen.
    Ich kann nicht bleiben. Ich muss nach Hause. Ich habe versucht, Julianne anzurufen. Die Nummer ist besetzt. Gideon redet mit ihr.
    Hinter der High Street blicke ich suchend auf die Fußwege. Vielleicht hat irgendjemand Charlie nach einem Sturz gefunden. Nicht Gideon; jemand anderer - ein guter Samariter.
    Als ich zum Haus komme, sehe ich Julianne nackt und mit von Lippenstift verschmiertem Mund vor dem Schlafzimmerfenster stehen. Ich nehme zwei Stufen auf einmal, reiße die Tür auf, zerre sie vom Fenster weg, breite die Überdecke über ihre Schultern und nehme ihr das Telefon aus der Hand. Gideon ist noch am Apparat.
    »Hallo, Joe, hast du Charlie gefunden? Denkst du immer noch, dass ich bluffe? Nichts für ungut, aber ich hab es dir ja gesagt.«
    »Wo ist sie?«
    »Bei mir natürlich, ich würde dich nie anlügen.«
    »Beweise es.«
    »Wie bitte?«
    »Du sollst beweisen, dass du sie hast.«
    »Welchen Körperteil soll ich dir schicken?«
    »Hol sie ans Telefon.«
    »Hol du Julianne wieder ans Telefon.«
    »Nein. Ich will etwas von Charlie hören.«
    »Ich glaube nicht, dass du in der Position bist, irgendwelche Forderungen zu stellen, Joe.«

    »Ich werde keine Spielchen mit dir spielen, Gideon. Beweise mir, dass du Charlie hast, dann können wir reden. Ansonsten habe ich kein Interesse.«
    Ich drücke auf den roten Knopf des Mobiltelefons und beende das Gespräch.
    Julianne stürzt sich schreiend auf mich und versucht, mir das Telefon aus der Hand zu reißen.
    »Vertrau mir. Ich weiß, was ich tue.«
    »Leg nicht auf! Leg nicht auf!«
    »Setz dich. Bitte. Vertrau mir.«
    Das Telefon klingelt. Ich gehe ran. »Hol meine Tochter ans Telefon!«
    Gideon explodiert. »MACH DAS VERDAMMT NOCH MAL JA NIE WIEDER MIT MIR!«
    Ich lege auf.
    Julianne schluchzt. »Er wird sie umbringen. Er wird sie umbringen.«
    Das Telefon klingelt.
    »ICH SCHWÖRE, WENN DU DAS NOCH MAL MACHST, WERDE ICH -«
    Ich drücke auf den Knopf und würge ihn ab.
    Er ruft wieder an.
    »WILLST DU, DASS SIE STIRBT? WILLST DU, DASS ICH SIE UMBRINGE? ICH MACH ES SOFORT!«
    Ich lege auf.
    Julianne kämpft mit mir um das Handy und trommelt mit beiden Fäusten gegen meine Brust. Ich muss das Telefon außerhalb ihrer Reichweite halten.
    »Lass mich mit ihm reden. Lass mich reden«, schreit sie.
    »Ich weiß, was ich tue.«
    »Leg nicht auf.«
    »Zieh dir einfach was an und geh nach unten. Die Polizei kommt gleich. Du musst sie reinlassen.«
    Ich versuche, selbstbewusst zu klingen, aber tief drinnen habe ich solche Angst, dass ich kaum richtig funktioniere. Ich
weiß nur, dass Gideon bis jetzt die Fäden gezogen hat wie ein Marionettenspieler, der alles unter Kontrolle hat. Ich muss dieses Muster durchbrechen, ich muss ihn bremsen.
    Die erste Regel bei jeder Geiselverhandlung ist das Beharren auf einem Lebensbeweis. Gideon will nicht verhandeln. Noch nicht. Ich muss dafür sorgen, dass er seine Pläne

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