Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
los.«
»Eine Mutter steigt mit ihrem Baby in einen Bus, und der Fahrer sagt: ›Das ist ja das hässlichste Baby, das ich je gesehen habe.‹ Die Frau ist echt wütend, aber sie bezahlt und setzt sich. Ein anderer Passagier sagt: ›Das dürfen Sie ihm nicht durchgehen lassen. Gehen Sie zurück und sagen Sie ihm die Meinung. Ich halt so lange den Affen für Sie.‹«
Charlie bricht in dreckiges Lachen aus. Ich stimme mit ein.
»Bis gleich.«
»Bin schon unterwegs.«
55
Es beginnt mit einer Nummer: zehn Ziffern, drei Mal die Sechs. (Was für manche Unglück verheißt.) Dann folgt das Klingeln …
»Hallo?«
»Spreche ich mit Mrs. O’Loughlin?«
»Ja.«
»Der Frau von Professor O’Loughlin?«
»Ja, wer ist denn da?«
»Ich fürchte, Ihre Tochter Charlie hatte einen kleinen Unfall. Sie ist vom Fahrrad gefallen. Ich glaube, sie hat in einer Kurve die Kontrolle verloren. Sie fährt manchmal ganz schön tollkühn. Ich möchte, dass Sie wissen, dass sie absolut unversehrt und in guten Händen ist. In meinen.«
»Wer sind Sie?«
»Das sagte ich doch gerade. Ich bin die Person, die auf Charlie aufpasst.«
Ihre Stimme zittert leicht, ein unbestimmtes Rumoren drohender Gefahr, etwas Großes, Schwarzes und Verhängnisvolles am Horizont, das auf sie zurast.
»Sie ist ein so hübsches kleines Ding, Ihre Charlie. Sie sagt, sie heißt eigentlich Charlotte. Sie sieht aus wie eine Charlotte, aber Sie erlauben, dass sie sich kleidet wie ein Junge.«
»Wo ist sie? Was haben Sie mit ihr gemacht?«
»Sie liegt gleich neben mir. Nicht wahr, Schneeflöckchen? Hübsch wie ein Pfirsich, ein süßer, süßer Pfirsich …«
Innerlich schreit sie. Angst hat jede feuchte warme Höhle ihrer Brust ausgefüllt.
»Ich möchte mit Charlie sprechen. Rühren Sie sie nicht an. Bitte. Lassen Sie mich mit ihr sprechen.«
»Das geht nicht. Sie ist mit einem Socken geknebelt.«
In diesem Moment beginnt es, der erste Sprung in ihrem Kopf tut sich auf, ein winziger Riss, der die weichen ungeschützten Teile ihrer Seele freilegt. Ich höre, wie die Hysterie durch ihren Körper vibriert. Sie ruft Charlies Namen. Sie fleht. Sie schmeichelt. Sie weint.
Und dann höre ich eine andere Stimme. Der Professor nimmt ihr das Telefon ab.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie?«
»Wollen? Brauchen? Ich will, dass Sie Ihre Frau wieder ans Telefon holen.«
Eine Pause entsteht. Ich habe nie verstanden, was die Leute meinten, wenn sie sagen, eine Pause sei bedeutungsschwanger. Bis jetzt. Diese Pause ist bedeutungsschwanger, trächtig mit tausend Möglichkeiten.
Julianne schluchzt. Der Professor legt seine Hand auf die Sprechmuschel. Ich höre nicht, was er sagt, aber ich nehme an, er erklärt ihr, was sie tun soll.
»Holen Sie Ihre Frau wieder ans Telefon, sonst muss ich Charlie bestrafen.«
»Wer sind Sie?« »Sie wissen, wer ich bin, Joe.«
Es entsteht eine weitere Pause.
»Gideon?«
»Oh, gut, duzen wir uns. Hol deine Frau zurück ans Telefon.«
»Nein.«
»Du glaubst, ich hätte Charlie nicht. Du glaubst, ich bluffe. Du hast der Polizei gesagt, ich wäre ein Feigling. Ich sag dir, was ich mache. Ich lege auf, ficke dein kleines Mädchen, und dann rufe ich zurück. Ich schlage vor, in der Zwischenzeit versuchst du, sie zu finden. Los, lauf. Versuch’s auf der Norton Lane, da habe ich sie gefunden.«
»Nein! Nein! Leg nicht auf!«
»Hol Julianne zurück ans Telefon.«
»Sie ist zu aufgewühlt.«
»Hol sie ans Telefon, oder du siehst Charlie nie wieder.«
»Hör mir zu, Gideon. Ich weiß, warum du das tust.«
»Gib mir deine Frau.«
»Sie ist nicht in der Lage …«
»ES IST MIR SCHEISSEGAL, WOZU SIE IN DER LAGE IST.«
»Okay, okay. Einen Moment.«
Er hält den Hörer wieder zu. Er sagt seiner Frau, dass sie auf der Festnetzleitung die Polizei anrufen soll. Ich nehme ein zweites Handy und tippe die Nummer ein. Das Telefon klingelt. Julianne nimmt ab.
»Hallo, Mrs. O’Loughlin.«
Ein abgerissenes Schluchzen bleibt ihr im Hals stecken.
»Wenn Sie sich dieses Telefon von Ihrem Mann abnehmen lassen, stirbt Ihre Tochter.«
Das Schluchzen wird lauter.
»Bleiben Sie dran, Mrs. O’Loughlin.«
»Was wollen Sie?«
»Ich will dich.«
Sie antwortet nicht.
»Darf ich dich Julianne nennen?«
»Ja.«
»Ich möchte dir etwas sagen, Julianne. Wenn dein Mann dir noch mal den Hörer aus der Hand nimmt, werde ich deine Tochter erst ein bisschen vergewaltigen. Dann schneide ich Stücke von ihrem Körper ab und schlage mit einem Hammer
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