Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
Vom Netzwerk:
Fingern auf den Tisch. Sie starrt auf den angerichteten Schaden, beugt den Oberkörper vor, zieht die Knie an die Brust und stößt ein lang gezogenes Schluchzen aus.
    Als Profi weiß ich, dass ich jeden körperlichen Kontakt
vermeiden muss, aber mein väterlicher Impuls ist stärker. Ich nehme sie in die Arme und ziehe ihren Kopf an meine Brust.
    »Sie waren da«, flüstert sie.
    »Ja.«
    »Es war kein Selbstmord. Sie würde mich nie allein lassen.«
    »Es tut mir leid.«
    »Bitte helfen Sie mir.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann, Darcy.«
    »Bitte.«
    Ich wünschte, ich könnte ihr den Schmerz nehmen. Ich wünschte, ich könnte ihr sagen, dass es nicht für immer so wehtun und sie eines Tages vergessen wird, wie es sich angefühlt hat. Ich habe Pädagogen davon sprechen hören, wie schnell Kinder vergeben und vergessen. Das ist Quatsch! Kinder erinnern sich. Kinder bewahren ihren Groll. Kinder hüten Geheimnisse. Kinder wirken manchmal stark, weil ihr Abwehrmechanismus noch nie von einer Tragödie durchbrochen oder untergraben wurde, aber er ist so zart und zerbrechlich wie Glasgespinst.
    Emma ist aufgewacht und ruft nach mir. Ich gehe nach oben, hocke mich halb auf ihr Bettchen und nehme sie in den Arm. Ihr feines dunkles Haar ist vom Schlaf zerzaust.
    Ich höre unten die Toilettenspülung rauschen. Darcy hat sich das Gesicht gewaschen, das Haar gebürstet und es zu einem Knoten im Nacken gebunden, sodass ihr Hals unglaublich lang wirkt.
    »Das ist Emma«, sage ich, als wir in die Küche zurückkommen.
    »Hallo, Süße«, sagt Darcy und schafft es zu lächeln.
    Emma gibt sich kokett und wendet das Gesicht ab. Dann entdeckt sie die Kekse und streckt die Hand danach aus. Ich setze sie ab, und sie marschiert überraschend direkt auf Darcy zu und klettert auf ihren Schoß.
    »Sie mag dich offensichtlich«, sage ich.
    Emma spielt mit den Knöpfen von Darcys Jacke.

    »Ich muss dir ein paar Fragen stellen.«
    Darcy nickt.
    »War deine Mutter wegen irgendwas aufgewühlt? Oder deprimiert?«
    »Nein.«
    »Hatte sie Schlafprobleme?«
    »Sie hatte Tabletten.«
    »Hat sie regelmäßig gegessen?«
    »Klar.«
    »Was hat deine Mutter gemacht?«
    »Sie war Hochzeitsplanerin. Sie hatte ihre eigene Firma - Blissful. Sie hat sie zusammen mit ihrer Freundin Sylvia gegründet. Die beiden haben die Hochzeit für Alexandra Phillips ausgerichtet.«
    »Wer ist das?«
    »Ein Promi. Kennen Sie nicht die Fernsehsendung über die Tierärztin, die sich in Afrika um Tiere kümmert?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Jedenfalls, die hat geheiratet, und Mum hat das Ganze organisiert. Es war in allen Zeitschriften.«
    Noch hat Darcy von ihrer Mutter nicht in der Vergangenheitsform gesprochen. Das ist nicht ungewöhnlich und hat noch nichts mit Leugnung zu tun. Zwei Tage reichen nicht, dass die Realität sich setzen und ihre Gedanken durchdringen kann.
    Ich verstehe immer noch nicht, was sie hier will. Ich konnte ihre Mutter nicht retten, und ich kann ihr auch nicht mehr sagen als die Polizei. Christine Wheelers letzte Worte waren zwar an mich gerichtet, aber sie hat mir keinen Hinweis gegeben.
    »Was soll ich tun?«, frage ich.
    »Kommen Sie mit mir zu unserem Haus. Dann werden Sie sehen.«
    »Was werde ich sehen?«
    »Dass sie sich nicht umgebracht hat.«
    »Ich habe sie springen sehen, Darcy.«

    »Dann muss irgendwas sie dazu gebracht haben.« Sie küsst Emma auf den Kopf. »So würde sie es nie machen. Sie würde mich nicht allein lassen.«

7
    Über der Tür des kleinen Landhauses aus dem 18. Jahrhundert winden sich knorrige Glyzinien bis zum Dachvorsprung. Die angebaute Garage war früher einmal ein Stall und ist jetzt Teil des Haupthauses.
    Darcy schließt die Haustür auf, tritt in den düsteren Flur, zögert.
    »Irgendwas nicht in Ordnung?«
    Sie schüttelt wenig überzeugend den Kopf.
    »Du kannst draußen bleiben und auf Emma aufpassen.«
    Sie nickt.
    Emma wirbelt mit den Füßen welkes Laub auf dem Pfad auf.
    Ich gehe durch die mit Schiefer ausgelegte Halle, streife einen leeren Mantelhaken und bemerke den Schirm, der darunter an der Wand lehnt. Zur Rechten geht es in die Küche. Durchs Fenster kann ich in den Garten blicken und den Holzzaun sehen, der die sorgfältig beschnittenen Rosenbüsche von den angrenzenden Gärten trennt. Auf dem Abtropfgestell stehen eine Tasse und eine Müslischale. Das Waschbecken ist trocken und sauber gewischt. Im Mülleimer befinden sich Gemüseabfälle, die Spirale einer Orangenschale und alte Teebeutel

Weitere Kostenlose Bücher