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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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und warte, bis sie mich ansieht.
    »Ich möchte ganz genau wissen, wie du zu mir gefunden hast.«
    Die Geschichte sprudelt heraus. Die Polizei hatte sie Samstagnachmittag befragt. Sie wurde von einer Sozialarbeiterin betreut und dann zurück nach Hampton House, einer privaten Mädchenschule in Cardiff, gebracht. Samstagabend wartete sie, bis das Licht gelöscht war, schraubte die Holzbarrieren vor dem Fenster ihres Schlafhauses ab und öffnete sie weit genug, um hinauszuschlüpfen. Sie drückte sich um den Wachmann herum, ging zu Fuß bis Cardiff Central und wartete auf den ersten Zug. Sie nahm den Zug um 8.04 nach Bath Spa und einen Bus nach Norton St. Phillips. Die letzten drei Meilen bis Wellow ist sie gelaufen. Die Reise hat fast den ganzen Vormittag gedauert.
    Ich sehe die Grashalme in ihren Haaren und den Schlamm an ihren Schuhen. »Wo hast du gestern Nacht geschlafen?«
    »In einem Park.«
    Mein Gott, sie hätte erfrieren können. Darcy führt den Teebecher an die Lippen und hält ihn fest in beiden Händen. Ich betrachte ihre klaren braunen Augen, den nackten Hals, ihre dünne Jacke und den dunklen BH, der sich unter ihrem T-Shirt abzeichnet. Sie ist auf linkische Teenager-Art hübsch-hässlich, aber dazu auserkoren, in ein paar Jahren ungewöhnlich schön zu sein und grenzenloses Leid über eine große Zahl von Männern zu bringen.
    »Was ist mit deinem Vater?«
    Sie zuckt die Achseln.

    »Wo ist er?«
    »Keine Ahnung. Er hat Mum verlassen, bevor ich geboren wurde. Danach haben wir nichts mehr von ihm gehört.«
    »Überhaupt nichts mehr?«
    »Nie.«
    »Ich muss deine Schule anrufen.«
    »Dorthin gehe ich nicht zurück.« Die unvermittelt stählerne Entschlossenheit in ihrer Stimme überrascht mich.
    »Wir müssen Bescheid sagen, wo du bist.«
    »Warum? Denen ist es egal. Ich bin sechzehn. Ich kann machen, was ich will.«
    Ihr Trotz klingt nach einer im Internat verbrachten Kindheit. Das hat sie stark gemacht. Unabhängig. Wütend. Warum ist sie hier? Was erwartet sie von mir?
    »Es war kein Selbstmord«, sagt sie noch einmal. »Mum hatte Angst vor großen Höhen. Ich meine, wirklich Angst.«
    »Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
    »Am Freitagmorgen.«
    »Wie klang sie?«
    »Normal. Glücklich.«
    Sie starrt in ihren Becher, als wollte sie seinen Inhalt lesen. »Wir haben uns gestritten.«
    »Worüber?«
    »Das ist nicht wichtig.«
    »Erzähl es mir trotzdem.«
    Sie zögert und schüttelt den Kopf. Die Traurigkeit in ihren Augen erzählt die halbe Geschichte. Ihre letzten Worte an ihre Mutter waren voller Wut. Sie möchte sie zurücknehmen und von Neuem sagen können.
    Um das Thema zu wechseln, öffnet sie die Kühlschranktür und schnuppert an den diversen Tupperware-Dosen und Gläsern. »Haben Sie was zu essen?«
    »Ich kann dir ein Butterbrot machen.«
    »Und gibt es Cola?«
    »Wir haben keine kohlensäurehaltigen Getränke im Haus.«

    »Echt?«
    »Echt.«
    Sie hat in der Speisekammer eine Packung Kekse gefunden und reißt die Plastikverpackung mit den Fingernägeln auf.
    »Mum sollte Freitagnachmittag in der Schule anrufen. Ich wollte übers Wochenende nach Hause kommen, aber dafür brauchte ich ihre Erlaubnis. Ich hab sie den ganzen Tag angerufen - auf ihrem Handy und zu Hause. Ich habe ihr Dutzende SMS geschrieben. Aber ich konnte sie nicht erreichen.
    Ich habe der zuständigen Lehrerin gesagt, dass irgendwas passiert sein müsste, aber sie meinte, Mum wäre wahrscheinlich bloß sehr beschäftigt, und ich solle mir keine Sorgen machen, aber ich habe mir Sorgen gemacht. Den ganzen Freitagabend und Samstagmorgen. Die zuständige Lehrerin meinte, Mum wäre wahrscheinlich übers Wochenende weggefahren und hätte vergessen, es mir zu erzählen, aber ich wusste, dass das nicht stimmt.
    Ich habe um eine Heimfahrerlaubnis gebeten, aber ich durfte nicht. Deshalb bin ich Samstagnachmittag abgehauen und einfach so nach Hause gefahren. Mum war nicht da. Ihr Wagen war weg. Alles sah nach einem überstürzten Aufbruch aus. Da habe ich die Polizei angerufen.«
    Sie verharrt vollkommen regungslos.
    »Die Polizisten haben mir ein Foto gezeigt. Ich habe ihnen erklärt, dass es jemand anderer sein müsse. Mum wollte nicht mal das Londoner Riesenrad, das London Eye, besteigen. Und als wir im letzten Sommer in Paris waren und auf den Eiffelturm gefahren sind, ist sie in Panik geraten. Sie hat Höhen gehasst.«
    Darcy erstarrt. Die Kekspackung ist in ihren Händen aufgeplatzt, und Krümel rieseln zwischen ihren

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