Deine Juliet
sich für die Busse fertig zu machen, die sie zu den Schiffen bringen sollten. Das Parlament wünschte nicht, dass die Eltern mit in die Schule kamen – es gäbe zu großes Gedränge und wäre zu traurig. Besser, sich draußen zu verabschieden. Ein weinendes Kind könnte bewirken, dass alle losheulten.
Deswegen haben Fremde ihnen die Schuhsenkel geschnürt, die Nasen geputzt, jedem Kind ein Namensschild umgehängt. Wir haben Knöpfe zugemacht und mit den Kindern gespielt, bis die Busse kamen.
Ich ließ eine Gruppe versuchen, mit der Zunge die Nase zu berühren, und Elizabeth ließ eine andere Gruppe das Spiel spielen, bei dem man lernen soll, mit Unschuldsmiene zu lügen – ich habe vergessen, wie es heißt –, als Adelaide Addison mit ihrer miesepetrigen Visage hereinkam, voll Frömmelei und ohne Verstand.
Sie versammelte einen Kreis von Kindern um sich und fing über ihren Köpfen an zu beten: «Für die, die auf See in Gefahr.» Aber nein, «Schutz vor Stürmen» WAR IHR NICHT GENUG. Gott musste die Kleinen auch davor bewahren, über Bord zu gehen. Dann wies sie die armen Dinger an, jeden Abend für ihre Eltern zu beten – wer weiß, was die deutschen Soldaten ihnen antun würden? Dann sagte sie, sie müssten besonders artige kleine Buben und Mädchen sein, damit Mama und Papa – wenn sie tot seien – vom Himmel auf sie herunterschauen und STOLZ AUF SIE SEIN könnten.
Ich sage Ihnen, Juliet, sie brachte die Kinder zum Weinen und Schluchzen – es war zum Gotterbarmen. Ich war zu bestürzt, um mich zu rühren, nicht so Elizabeth. So geschwind wie die Zunge einer Viper packte sie Adelaide am Arm und sagte ihr, sie solle die KLAPPE HALTEN.
Adelaide rief: «Lass mich los! Ich verkünde das Wort Gottes!»
Elizabeth bedachte sie mit einem Blick, der den Teufel hätte versteinern lassen, und dann schlug sie Adelaide ins Gesicht – richtig fest, sodass ihr Kopf auf den Schultern wackelte, bugsierte sie zur Tür hinaus und schloss ab. Die olle Adelaide hämmerte in einem fort an die Tür, doch niemand achtete auf sie. Nein, das ist gelogen – die dumme Daphne Post versuchte, die Tür aufzuschließen, aber ich fasste sie um den Hals, und da hat sie es gelassen.
Ich bin überzeugt, dass der Schreck über den Anblick eines handfesten Streits die Angst der Kleinen vertrieben hat. Sie hörten auf zu weinen, die Busse kamen, und wir luden die Kinder ein. Elizabeth und ich gingen nicht nach Hause, wir standen auf der Straße und winkten, bis die Busse außer Sicht waren.
Ich hoffe, so einen Tag muss ich nie wieder erleben, nicht einmal dann, wenn ich nochmal sehen dürfte, wie Adelaide geohrfeigt wurde. Die vielen kleinen Kinder, allein und verlassen – ich war froh, dass ich keine hatte.
Haben Sie Dank für Ihre Lebensgeschichte. Sie haben so viel Trauriges erlitten mit Ihren Eltern und mit Ihrem Heim am Fluss, und das tut mir von Herzen leid. Aber ich bin froh, dass Sie liebe Freunde haben, wie Sophie und ihre Mutter und Sidney. Was diesen Sidney anbelangt, er scheint ein sehr feiner Mensch zu sein, aber herrisch. Das ist bei Männern eine weitverbreitete Schwäche.
Clovis Fossey hat gefragt, ob Sie dem Club eine Abschrift Ihres preisgekrönten Aufsatzes über Hühner schicken könnten. Er meint, es wäre nett, ihn auf einer Versammlung vorzulesen.Dann könnten wir ihn in unser Archiv aufnehmen, falls wir jemals eins haben werden.
Ich möchte den Aufsatz auch lesen, weil Hühner der Grund dafür waren, dass ich vom Dach eines Hühnerstalls gefallen bin – schließlich hatten sie mich dahinauf gejagt. Wie sie alle auf mich losgingen, mit den messerscharfen Schnäbeln und den seitlich herausquellenden Augen! Die Leute wissen gar nicht, dass Hühner auf einen losgehen können wie rasend gewordene Hunde. Ich habe keine Hühner gehalten, bis der Krieg kam, da musste ich, aber mir ist nie wohl in ihrer Nähe. Lieber lasse ich mich von Ariels Hörnern ins Hinterteil stoßen, das ist offen und ehrlich und nicht wie bei einem hinterhältigen Huhn, das sich anschleicht, um einen zu piken.
Ich würde mich freuen, wenn Sie uns besuchen kämen. Ebenso Eben, Amelia und Dawsey – und auch Eli. Bei Kit bin ich mir nicht so sicher, aber das braucht Sie nicht zu kümmern. Sie wird sich schon besinnen. Ihr Zeitungsartikel wird bald gedruckt sein, dann können Sie herkommen und sich ausruhen. Es wäre ja möglich, dass Sie hier auf eine Geschichte stoßen, die Sie gerne erzählen möchten.
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