Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
Vom Netzwerk:
war immer noch zu groß für mein Gesicht, wie eh und je. Ich fragte mich, ob ich wohl jemals hübsch sein würde, und bat Miss McKenna um ihre Meinung.
    Als ich meiner Mutter die gleiche Frage stellte, sagte sie, für solchen Unsinn habe sie weder Zeit noch Geduld und Schönheit sei etwas ganz Oberflächliches. Nicht so Miss McKenna. Sie betrachtete mich nachdenklich, und dann sagte sie: «Warte noch ein Weilchen, Sally, dann stichst du alle aus. Schau schön weiter in den Spiegel, du wirst schon sehen. Auf die Proportionen kommt es an, und deine sind wunderbar. Mit der eleganten Nase da wird aus dir glatt eine zweite Nofretete. Du solltest schon mal üben, möglichst herrisch zu gucken.»
    Als Mrs.   Maugery mich im Krankenhaus besuchen kam, fragte ich sie, wer Nofretete war und ob sie tot sei. Es klang mir irgendwie danach. Mrs.   Maugery sagte, einerseits sei sie tot, ja, andererseits aber auch unsterblich. Später trieb sie ein Bildvon Nofretete auf und zeigte es mir. Ich wusste nicht recht, was «herrisch» bedeutete, darum versuchte ich, so zu blicken wie sie. Meine Nase ist mir immer noch zu groß, aber es wird schon werden, da bin ich mir sicher – schließlich hat Miss McKenna es gesagt.
    Eine andere traurige Geschichte aus der Besatzungszeit handelt von meiner Tante Letty. Sie hatte früher ein großes, düsteres altes Haus ganz nahe an den Klippen bei La Fontenelle. Die Deutschen sagten, es läge in der Schusslinie ihrer Kanonen und behindere sie bei ihren Schießübungen. Deshalb haben sie es gesprengt. Seitdem wohnt Tante Letty bei uns.
     
    Ihre sehr ergebene
    Sally Ann Frobisher

Micah Daniels an Juliet
    15.   Mai 1946
    Liebe Miss Ashton,
    Isola hat mir Ihre Adresse gegeben, weil sie meint, Sie würden für Ihr Buch sicher gern meine Liste sehen.
    Wenn Sie mich heute nach Paris bringen und mich in ein feines französisches Restaurant setzen würden – so eins mit Tischdecken aus weißer Spitze, Kerzen an den Wänden und versilberten Tellern   –, na, ich sage Ihnen, das wäre nichts, rein gar nichts im Vergleich zu meinem
Vega -
Karton.
    Falls Sie es nicht wissen, die
Vega
war ein Schiff vom Roten Kreuz, das zum ersten Mal am 27.   Dezember 1944 nach Guernsey kam und uns Lebensmittel brachte. Es kam danach noch drei Mal – und es hielt uns bis zum Kriegsende am Leben.
    Ja, ich sage es Ihnen – es hielt uns am Leben! Wir hattenschon einige Jahre lang nicht mehr viel zu essen gehabt. Abgesehen von den Teufeln vom Schwarzmarkt hatte niemand auf der Insel auch nur einen Löffel Zucker. Um den ersten Dezember 44 herum ging auch das Mehl zum Brotbacken aus. Die deutschen Soldaten waren genauso hungrig wie wir, sie hatten aufgeblähte Bäuche und froren, weil sie nichts Warmes zu essen hatten.
    Na, mir war jedenfalls schon ganz elend von den ewigen Kartoffeln und Steckrüben, und ich hätte mir wahrscheinlich bald das Gras von unten angeguckt, wenn nicht die
Vega
in unseren Hafen eingelaufen wäre.
    Mr.   Churchill, der wollte vorher ja nicht, dass die Schiffe vom Roten Kreuz uns Lebensmittel bringen, weil er meinte, die Deutschen würden sie sich einfach nehmen und selbst alles aufessen. Für Sie klingt das vielleicht nach einem schlauen Plan – hungert die Schweinehunde aus! Aber für mich klang’s eher, als wär’s ihm ganz egal, ob wir dabei mit draufgingen.
    Na ja, durch irgendwas ist er dann wohl weich geworden, denn er hat beschlossen, dass wir doch was zu essen haben sollten. Und so sagte er dem Roten Kreuz im Dezember – also schön, zieht los und bringt ihnen Futter.
    Miss Ashton, es gab ZWEI KARTONS mit Essen für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind auf Guernsey – alle aufeinandergestapelt im Frachtraum der
Vega
. Es waren auch noch andere Sachen dabei: Nägel, Saatgut, Kerzen, Öl zum Braten, Streichhölzer zum Feuermachen, Kleidung und Schuhe. Sogar ein paar Babyausstattungen, falls es irgendwo Neugeborene gäbe.
    Es gab Mehl und Tabak   – Moses kann so viel über Manna reden, wie er will, aber so was hat er im Leben nicht gesehen! Ich zähle Ihnen auf, was in meinem Karton war, ich hab’s nämlich genau aufgeschrieben und in mein Erinnerungsbuch geklebt.
     
    150   g Schokolade
    100   g Tee
    150   g Zucker
    50   ml Dosenmilch
    400   g Marmelade
    150   g Sardinen
    200   g Dörrpflaumen
    30   g Salz
    500   g Kekse
    500   g Butter
    350   g Schinken
    200   g Rosinen
    300   g Lachs
    100   g Käse
    30   g Pfeffer
    1   Stück Seife
     
    Meine Dörrpflaumen habe

Weitere Kostenlose Bücher