Deine Juliet
Umständen! London stand noch! Es war noch da. Elizabeth und ich umarmten uns und walzten die Straße entlang. Das war einer der Momente, an die ich nicht denken konnte, während ich in Neuengamme war.
Ihr Freund
John Booker
Dawsey Adams an Juliet
16. Mai 1946
Liebe Juliet,
nun können wir bis zu Ihrer Ankunft nichts mehr tun als warten. Isola hat Elizabeths Gardinen gewaschen, gestärkt und geplättet, den Rauchfang nach Fledermäusen abgesucht, die Fenster gewienert, die Betten gemacht und alle Zimmer gelüftet.
Eli hat ein Geschenk für Sie geschnitzt, Eben hat Ihren Holzschuppen aufgefüllt und Clovis Ihre Wiese mit der Sense gemäht – die Wildblumenbüschel hat er stehen lassen, damit Sie sich daran erfreuen können. Amelia plant ein großes Essen für Ihren ersten Abend.
Meine einzige Aufgabe besteht darin, Isola am Leben zu erhalten, bis Sie eintreffen. Sie hat Höhenangst, und trotzdem ist sie auf das Dach von Elizabeths Cottage gestiegen und wollte darauf herumstampfen, um lose Ziegel ausfindig zu machen. Zum Glück hat Kit sie gesehen, bevor sie die Dachkante erreichte, und ist schnell zu mir gelaufen, damit ich ihr zurede herunterzukommen.
Ich wünschte, ich könnte mehr für Ihre Ankunft tun – hoffentlich lässt sie nicht mehr lange auf sich warten. Ich freue mich, dass Sie kommen.
Ihr sehr ergebener
Dawsey
Juliet an Dawsey Adams
19. Mai 1946
Lieber Dawsey,
ich werde übermorgen da sein! Ich bin viel zu feige, um zu fliegen, selbst Gin hilft da nichts, darum komme ich mit dem Postschiff am Abend.
Würden Sie Isola etwas von mir ausrichten? Bitte sagen Sie ihr, dass ich keinen Hut mit Schleier besitze und auch keine Lilien in der Hand halten kann – davon muss ich immer niesen –, aber ich habe ein rotes Wollcape, und das werde ich auf dem Schiff tragen.
Dawsey, es gibt nichts, was Sie noch tun könnten, um mir das Gefühl zu geben, auf Guernsey willkommen zu sein, das Sie nicht schon getan hätten. Ich kann kaum glauben, dass ich Sie alle endlich kennenlerne.
Ihre sehr ergebene
Juliet
Mark an Juliet
20. Mai 1946
Liebe Juliet,
Du hast mich gebeten, Dir Zeit zu lassen, und das habe ich getan. Du hast mich gebeten, nicht von Heirat zu sprechen, und ich habe mich daran gehalten. Doch nun höre ich von Dir, dass Du fortfährst, auf dieses vermaledeite Guernsey, für – wie lange? Eine Woche? Einen Monat? Auf ewig? Glaubst Du, ich lehne mich einfach zurück und lasse Dich ziehen?
Das ist schlicht lächerlich, Juliet. Jeder Dummkopf erkennt doch, dass Du versuchst davonzulaufen, nur versteht niemand warum. Wir passen so gut zusammen – Du machst mich glücklich, Du langweilst mich nie, Du interessierst Dich für die gleichen Dinge wie ich, und ich hoffe, ich täusche mich nicht, wenn ich sage, dass dies alles umgekehrt auch für Dich gilt. Wir gehören zusammen. Ich weiß, Du findest es abscheulich, wenn ich Dir sage, was das Beste für Dich ist, aber in diesem Fall tue ich es.
Um Himmels willen, schlag Dir diese unselige Insel aus dem Kopf und heirate mich. Ich fahre mit Dir in den Flitterwochen hin – wenn es sein muss.
In Liebe,
Mark
Juliet an Mark
20. Mai 1946
Lieber Mark,
vermutlich hast Du recht, aber trotzdem fahre ich morgen nach Guernsey,
und Du wirst mich nicht aufhalten.
Es tut mir leid, dass ich Dir nicht die Antwort geben kann, die Du hören möchtest. Ich wäre gern dazu imstande.
Alles Liebe,
Juliet
PS: Danke für die Rosen.
Mark an Juliet
Ach, in Gottes Namen. Soll ich Dich nach Weymouth fahren?
Mark
Juliet an Mark
Versprichst Du, mir keine Vorträge zu halten?
Juliet
Mark an Juliet
Keine Vorträge. Allerdings werden alle anderen Formen der Überredungskunst zum Einsatz kommen.
Mark
Juliet an Mark
Schreckt mich nicht. Was kannst Du beim Fahren schon anstellen?
Juliet
Mark an Juliet
Du wirst Dich wundern. Bis morgen.
M.
Zweiter Teil
Juliet an Sidney
22. Mai 1946
Lieber Sidney,
ich habe Dir so viel zu erzählen. Erst zwanzig Stunden bin ich auf Guernsey, doch jede einzelne war so voll von neuen Gesichtern und Gedanken, dass ich Bände schreiben könnte. Siehst Du, wie förderlich das Inselleben dem Schreiben ist? Denk an Victor Hugo – wenn ich eine Zeit lang hierbleibe, wird es aus meiner Feder nur so sprudeln.
Die Überfahrt von Weymouth war scheußlich, das Postschiff ächzte und knarzte zum Gotterbarmen und drohte bei jeder Welle auseinanderzubrechen. Fast hätte ich
Weitere Kostenlose Bücher